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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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Maschinenhilfe atmen konnte. Ihre Mütter, die Männer und auch ihre ältesten Geschwister waren oben. Die Sauerstoffgeräte auf dem Rücken, die Finger von besonderen Handschuhen, die Gesichter von Helmen geschützt, versuchten sie das, was in den kargen Sätzen des Großen Palavers, unbeschrieben und unerklärt, nur das Sonnengespiegel genannt wird, in Teile zu zerlegen und Stück für Stück vor dem herankriechenden Lavastrom in Sicherheit zu bringen.
    Wie gerne hätte ich Alide mit meinen besten, mit allen eifrig angelesenen Wörtern erzählt, was dann oben und unten geschehen ist. Das Sonnengespiegel zerblitzte in einer Woge aus aufflammendem Gas, und alles, was es zuvor gewesen war, seine uns rätselhafte dingliche Nützlichkeit, rollte in einer Walze aus Hitze und Licht über die Gebäude derSiedlung. Unten, in der Kaverne der Kinder, riss durch die Wucht der Explosion der Boden auf. Wie durch ein Wunder stürzte keiner in den Spalt, aus dem sogleich die beste Tiefenluft aufstieg, so süß und frisch, dass sich die Kleinen gar nicht satt daran schnaufen konnten und, alle Angst vergessend, juchzend und jubelnd durcheinander tollen, übereinander purzeln mussten.
    Auf ihre Art, mit Augen, Fingerspitzen und vergleichendem Verstand, prüft Twitwi, was Alide zum Weinen gebracht hat, was ich weit heftiger als dieses kleine Mädchen beweinen sollte: Das Buch ist ausgehöhlt. Mit einer Klinge derart scharf, dass sie die Fasern des Papiers so glatt wie feuchten Braunstein schnitt, ist allen Seiten die beschriebene Mitte entnommen worden, um Platz, um Stauraum für etwas anderes zu schaffen. Am rechten und linken Rand der ersten Seite sind fingergliedlange Reste der verlorenen Erzählung zu erkennen. Die Schrift scheint mir noch winziger als in jenem Buch, das Smosmo das bislang letzte nannte und das wir, weil wir uns streng an die nur ihm bekannte Reihenfolge hielten, erst nach allen anderen durchstudierten.
    Ich höre, wie Spispi und Hoho unsere Alide zu trösten suchen. Sie sagen ihr, im Sonnenhaus gebe es viele derartige Bücher und alle seien gleichermaßen heilig und unversehrt. Zu meiner Überraschung kennen die dickschädligen Brüder sogar deren Zahl. Hoho hält beide Fäuste vor Alides Gesicht, lässt seine kurzen Finger fünfmal auseinander schnellen und zeigt zuletzt, um wie viel die Anzahl unserer Bücher das halbe Hundert übersteigt. Aber Alide holt mit der Rechten aus und schlägt mit Schwung die Finger, die sie beruhigen sollen, zur Seite weg. Sie schreit die beiden an, sie seien blöd. Wir alle würden nicht begreifen, warum sie weine, weil wir, weil auch Twitwi und ich, den sie den doofen Porrporr nennt, nicht wüssten, dass gestern– oder vielleicht schon vorgestern? – zu Hause in Germania, in ihrer und Elussas Küche Weihnachten gewesen sei. Bestimmt wüssten wir nicht einmal, was Weihnachten bedeutet.
    Alide tut mir unrecht. Ich weiß es ungefähr. Zumindest kenne ich das Wort und einige andere besondere Wörter, die in den Heiligen Büchern mit ihm in Sätzen beieinander stehen. Ich weiß sogar, dass Weihnachten mit einer altehrwürdigen Geschichte zu tun hat, in der ein nacktes neugeborenes Kind eine rätselhaft segensreiche Rolle spielt. Wahrscheinlich hat Alide gehofft, diese Geschichte wäre in das eingetroffene Buch erneut hineingeschrieben und damit jederzeit, auch jetzt für uns, mit allen Einzelheiten aus ihm herauszulesen.
    Inzwischen hat sich der zweite Mond zu seinem kleineren Vorgänger gesellt; aber schmierig fette Wolken schlucken das meiste Licht. Twitwi, die mit keinem Wort und keiner Geste auf Alides Klagen eingegangen ist, zieht ihren Beutel unter der Plane hervor und greift nach der Zündpechfackel, die aus dessen Schnürung ragt. Weil Twitwi mehr Licht braucht, darf ich zum ersten Mal mitansehen, wie eine solche Fackel fachgerecht entflammt wird. Aus einem Döschen schmiert Twitwi reichlich braunes Steinschmalz auf den Docht, in den die Fackelspitze mündet. Hoho schlägt Stück und Gegenstück eines Feuerspenders, den hellen und den dunkelgrauen Glanzsteinbrocken, so lange aneinander, bis ein großer Funke fliegt. Twitwi wartet, bis der Docht brutzelnd brennt. Erst dann schwenkt sie die Fackel mit gesenkter Spitze vorsichtig über die Warmsteinplatte. Aufprasselnd fängt das Zündpech Feuer, erhellt Twitwis Hand, dann ihren Arm und schließlich ihr Gesicht mit wunderbar rotem Schein.
    Die dritte Geschichte vom Gerechten Untergang berichtet, wie das gerettete Kind in der

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