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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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Tiefe eintrifft. Jetztheißt es Feuermädchen, denn seine Haare sind hinweggeschmort, Gesicht und Hände grau von Asche. Aber das Weiß seiner Augen blitzt, und sein Brummen und Knurren lässt die eben noch im Rausch der guten Luft herumtobenden kleineren Kinder sogleich verstummen, ja erstarren. Die Hitze hat den Hals des Feuermädchens so ausgedörrt, dass es nun dunkler und tiefer redet als je eine Männerstimme, tiefer und dunkler, als es die erschrocken lauschenden Knaben eines kommenden Tages können werden, wenn ihre Stimmen in den verwirrten Jahren eine neue Tonlage gefunden haben. Das Feuermädchen befiehlt, Freund Mockmock zu beobachten, Freund Mockmock zu ehren, Freund Mockmock ausschließlich, wenn er ruht, zu ernten. Nur falls Freund Mockmock bei seinem Aufstieg, auf seinem Weg durch die Kamine und Kavernen, derart beachtet und geachtet werde, würde die Erde eines Tages Hilfe schicken.
    Twitwi hockt vor dem Buch und hält die Fackel über seine Höhlung. Wir rutschen auf den Knien dicht heran. Alide wischt sich mit beiden Händen die letzten Tränen von den Backen und sagt, was wir da sehen könnten, sei ein Geschenk, so wie es in Sibirien und in Germania die Kinder von ihrer Mama, von ihrem Onkel oder von ihrem Opa an Weihnachten bekommen. Ich strecke meine Hand aus, um tastend zu prüfen, was ich kaum glauben mag. Auch das hier scheint, obwohl nicht weiß, Papier zu sein. Schräg ist es in den frei geschnittenen Raum gepresst, um von links oben hinunter in die rechte Ecke die größtmögliche innere Länge zu nutzen.
    Alide erklärt uns, dass es ein Weihnachtsgeschenk sein müsse, denn diese Sternlein, die einen Zackenbogen hinter sich herschleppten wie Bär und Hund den Schwanz, gehörten zum Weihnachtsabend. Über dem Dach des Stalls, in dem der kleine nackte Jesus liege, sei stets ein solcher Stern am Himmel festgeklebt. Schon haben ihre Hände zugegriffen.Mit einem Knistern, so fein, als spräche es in einer eigenen Sprache, löste sich das dunkel schimmernde Papier aus der Tiefe des Buchs, und jetzt, wo unsere Alide das Herausgenommene wie ein Kind in beiden Armen wiegt, glaube ich zu verstehen, dass dieses ungeheuer schöne Sternenpapier dazu dient, eine weitere, womöglich noch schönere und wichtigere Gabe umhüllend zu verbergen.
    Da hängt etwas. Ich sehe etwas baumeln. Mit den Fingerspitzen drücke ich Twitwis Hand nach unten, um den Kern des Zündpechlichts ganz auf Alide und auf das zu lenken, was sie gegen ihre Brust presst. Ein kleines Rechteck aus einem dünnen, steifen Material ist mit einem Schnürchen an das Sternenpapier geknüpft. Ich fasse es, wende es unwillkürlich um, als ahnten meine Fingerspitzen, dass es sich lohnt, auf seine Rückseite zu schauen. Mit jenen Buchstaben, die ich dank Smosmo auch die meinen nenne, ist etwas aufgeschrieben. Ich spüre Twitwis Blick im Nacken, aber ich kann nicht mehr verhindern, dass meine Lippen flüsternd lesen. Schon haben die anderen das Wort, das Namenwort gehört. Ich habe mich verraten. Und unsere Alide schaut aus großen Augen den an, der ihr soeben offenbart hat, dass dieses Geschenk für eine, die Alide heißt, bestimmt ist.
     
    Es kann nicht mehr sehr weit sein. Mirmirs und Toctocs Schritte werden schneller, die Nähe des Ziels spornt beide offenbar noch einmal an. Ihr selber hat das Marschieren von Beginn an gut getan. Seltsam erleichtert schwingen die Arme durch die Atmosphäre dieses wüsten Landstrichs. Die Knie scheinen sich höher als gewohnt zu heben, die merkwürdigen Gummischuhe schmiegen sich an ihre nackten Füße, deren Zehen und Fersen sich die ganze Adventszeit lang mit der starren Härte ihrer neuen Winterstiefel quälen mussten. Wenn sie nur wüsste, dass auch Alide freivon Angst und Beschwernis unterwegs ist, hier irgendwo unter demselben Mond, dem irgendeine Wolkenbesonderheit, irgendein Wettertrick ein komisch kleines Spiegelbild hinzufügt. Wäre ihr Töchterchen in Sicherheit, könnte Elussa sogar daran denken, Spirthoffer zu verzeihen, so christlich großmütig, wie sie es bislang, ohne selber auf die Probe gestellt zu werden, den Kindern in der Gemeindeschule gepredigt hat.
    Inzwischen vermutet Elussa, dass der Greis mit den Kleinköpfen unter einer Decke steckt. Schon bald nachdem sie in Germania eingetroffen waren, gleich in den ersten Gesprächen mit den neuen Nachbarn, war ihr das Gerücht zu Ohren gekommen, die Dialogische Bruderschaft entführe Kinder, um sie in ihren Siedlungen im Süden gemäß den

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