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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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das Beieinander einiger Steinbrocken verheißungsvoll unnatürlich vorgekommen war. Die Findung von Altgut zehrt von solchen Hinweisen. Die dickköpfigen Brüder haben als kleine Buben, an den Händen ihrer Mutter zur Arbeit tapsend und ins Gelände glotzend, gleich dreimal schöne, nur handhoch mit Sand bedeckte Blechstücke in unmittelbarer Nähe der Kolonie entdeckt.
    Auch dem Blick meiner Mutter war dereinst, begünstigt vom flach einfallenden Licht unserer im Niedergang befangenen Sonne, das Muster des Sandes aufgefallen. Auf einem schmalen Streifen kräuselte er sich in feinen Wellenlinien. Und ohne groß zu überlegen, hatten sie und ihr Begleiter, der in ihrem Bericht stets namenlos blieb, die Schaufeln von den Schultern genommen und noch einmal zu graben begonnen. Bis heute liebe ich den Moment am meisten, an dem sich meine Mutter dem Rat ihres Kollegen widersetzt. Stets bat ich sie, wortwörtlich zu wiederholen, wie sie ihm damals sagte, sie sei entschlossen weiterzuwühlen, bis das letzte Steinschmalz in ihrer Lampe verbrutzelt sei. Noch heute, vielleicht für immer, verachte ich ihren Begleiter dafür, dass er auf der Geltung des Nachtgrabverbots beharrte, seine Lämpchen aufnahm und sie in halbem Licht alleine zurückließ.
    Mit ernsten Worten hat mich meine Mutter regelmäßig darauf hingewiesen, dass ihr damaliges Verhalten alles andere als nachahmenswert sei und ihr bloß die elende Lage der damaligen Altfinderei schlimmen Ärger erspart habe. Seit über einem Jahr war keine einzige Fundstätte mehr aufgetan worden. Der Panik-Rat erwog bereits, die Hälfte der Altfinder als schlichte Allesmacher in den Dienst der Mockmock-Beobachter zu stellen und damit unter Tage zu verbannen. Meine Mutter versicherte mir, sie, die freche Nachtgräberin, hätte als Erste den Weg ins Sonnenlose genommen, wenn ihre Schaufel nicht plötzlich auf einen verheißungsvollen Widerstand gestoßen wäre.
    Vorgestern, als Toctoc und ich, gestützt auf die Lenker unseres Doppelrollers, in die Grauen Gruben hinüberblickten, war hellichter Nachmittag. Toctoc hörte geduldig zu. Aber ich kann natürlich nicht wissen, ob meine Worte ihn hinreichend beflügelten, ob seine Vorstellung die unbotmäßig hartnäckige, die frevelhaft kühne Altfinderin so anrührend,wie ich es mir wünsche, auf die Knie sinken ließ. Mir hat sie stets erzählt, der bloße Klang, ein nie gehörtes, hohles Tönen, habe sie tief erschreckt und sie ihr Grabwerkzeug beiseitelegen lassen. Erst als der Lampendocht zischelnd mit dem Erlöschen kämpfte, wagte sie, mit ihren Fingerspitzen den Sand von der Rundung zu streichen, an die das Blech der Schaufel gepocht hatte. Die feinen Fasern, die sie dabei mehr spürte denn sah, wurden von ihr sogleich für Haare, für menschliches Haupthaar, gehalten. Mit ihrem Altfindermesser kappte sie eine Strähne und trug sie als Beweis durch die um sich greifende Nacht, durch den schwachen Schein, den der kleinere unserer beiden Monde durch die Wolken sandte, hinüber in die Kolonie.
    Noch vor Morgengrauen trat der Panik-Rat zusammen. Und während der ganzen ersten Grabungswoche war der Ratsvorsitzende, den wir den Bleiber nennen, bei den Arbeiten anwesend. Unsere Kolonie ist zu klein, um eine große Neuigkeit geheim zu halten. Bevor die Sonne ihren höchsten Stand erreichte, wusste fast jeder, der oberirdisch tätig war, Bescheid. Allein die Gegenwart des Bleibers, der in seinem von Kupferdraht durchwobenen Sitzungsgewand auf einen dicken Felsbrocken geklettert war, verhinderte, dass die Fundstätte von den Neugierigen gestürmt wurde. So weit das Große Palaver zurückreicht, niemals waren größere Überreste eines unserer Ahnen gefunden worden. Das Wenige, was man an Knochenähnlichem ausgegraben hatte, war stets so kleinteilig gewesen, dass es den gemeinsamen Ratschlag des erfahrensten Altfinders und der Barmherzigen Schwester brauchte, um die fragwürdigen Splitter in den Rang uranfänglicher Körperlichkeit zu erheben. Das Kistchen, das diese bescheidenen Stücke beherbergt, ist bis heute gerade mal drei Viertel voll. Seit der Entdeckung meiner Mutter ist nur die halbe Pfanne eines recht kleinen, wahrscheinlich jugendlichen Schultergelenks hinzugekommen.
    Dem damaligen Bleiber half in der großen Krise der ersten Tage, dass er gleich dreimal hintereinander in dieses Amt berufen worden war. Der Panik-Rat wird jedes Jahr frisch zusammengestellt. Neun der zehn Amtsinhaber beruft das Trommelorakel aus allen, die mindestens

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