Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
Vom Netzwerk:
Schulterkreuz auf ihrem, kaum hatte sie ihn an den Handgelenken auf die Zehenspitzen gezogen, da begannen ihre Knie zu zittern, sie wankte, und ich schaffte es eben noch, ihr den schwergewichtigen Kerl wieder abzunehmen, sonst wäre sie mit ihm umgestürzt.
    Ich weiß nicht, ob sie mir je verziehen hat, dass ich den Mann dann problemlos schulterte, vom Boden hob und es mit dem üblichen Ziehen und Rütteln schaffte, dass sich die Blockade in seinem Rücken löste. Auf dem Weg nach oben halfen Mirmir und ich, wie es sich gehört, beim Transport des gereinigten Eiswassers. Die mit dem Karrenbau betrauten Neubastler hatten eigens hierfür einen hohen offenen Bottich auf einem schmalen Fahrgestell befestigt. Mit Eiswasser gefüllt, war das Vehikel so schwer, dass es vier Mann an der Deichsel und zwei weitere an seinem Heck brauchte, um es über den harten und glatten, aber nicht ganz ebenen Boden des Stollens voranzubringen.
    Mirmir und ich schoben Schulter an Schulter. Und wenn der Tankwagen drohte, sich auf ihre Seite zu neigen, sprang ich schnell um sie herum, um ihn zu stützen. Ich habe noch im Ohr, wie sie vor Anstrengung, aber auch voll verhaltenem Zorn die Luft durch die Zähne stieß. Kaum dass ich ihr am Leib des Allesmachers an Kräften überlegengewesen war, musste sie erneut sehen und fühlen, um wie viel ich, der Gleichgroße und nur wenig Schwerere, doch stärker war. Sogar als längst in die Lautlosigkeit eines Bildes verkapselte Erinnerung macht mich Mirmirs wütendes Zischen noch einmal tief verlegen, und zugleich fühle ich, dass das Geschehene erst aufgeschrieben, erst in Gestalt Eurer Schrift, seinen ganzen zwiespältigen Zauber offenbart.
    Euch mag dergleichen seltsam vorkommen, erschrecken wird es Euch nicht. Ich hingegen habe mehr als nur staunend, ich habe immer wieder mit ahnungsreichem Entsetzen aus den Heiligen Büchern erfahren müssen, wie vielfältig bei Euch Männer und Frauen in mehr oder minder kühnen Berührungen aneinandergeraten können. Hintergründe und Absichten sind damit verbunden, die für Euch so selbstverständlich sind wie der Reichtum der Aromen, die Eure Lungen genießen. Mir aber machen die Einblicke in Euer Paartum beim bloßen Lesen den Atem stocken. Wenn einer von Euch die Reise zu uns überstünde, würde mir die Zunge im Mund brennen, vor Neugier, vor heikler Angst, noch mehr darüber zu erfahren.
    Smosmos Stimme wurde leiser und dünner, wenn wir bei unserem gemeinsamen Studium an eine einschlägige Stelle gerieten. Lange war ich so ehrfurchtsvoll befangen, dass ich dann nicht einmal wagte, auf seine Lippen zu sehen. Aber mit der Zeit, von Lesenacht zu Lesenacht, wurde mein verehrter Lehrer allmählich zu meinem Komplizen. Dass er bei Tag das Amt der Barmherzigen Schwester versah, verlor im Sog der Nächte an Gewicht. Und schließlich begann ich sogar, ihn selbst, sein schmales langnasiges Gesicht, seine großen und doch feingliedrigen Hände in die fraglichen Zusammenhänge hineinzuphantasieren.
    Zweimal habe ich als Knabe Smosmo mit meiner Mutter ein ungewöhnlich langes Weilchen reden sehen. Das erste Mal ist es an einem der Jahrestage der Ahnenschau geschehen.Dass meine Mutter die Finderin des Siedlerkörpers war, wurde, sobald der prächtige Behälter offenstand, in jäh aufgeflammter Scheu von niemandem mehr angesprochen. Unübersehbar begegneten ihr alle, die wir auf dem Weg ins Sonnenhaus trafen, mit stummem Respekt. Kleine Kinder, die noch nicht den Unterricht besuchen, dürfen den zur Feier des Jahrestags frisch mit weißer Salbe bestrichenen Körper gemeinsam mit ihrer Mutter betrachten. Wer hingegen schon mit seiner Altersgruppe lernt, wer sich jeden Morgen alleine in den Kugelturm aufmacht, geht auch zu unserem Urahn unbegleitet. Am fraglichen Tag war meine Mutter vor mir unten gewesen, und als ich hinabstieg, rief sie mir noch hinterher, sie wolle oben am Eingang des Sonnenhauses auf mich warten.
    Ich kann mich noch an die besondere Höhe erinnern, die jede einzelne der Stufen an diesem Tag besaß, zudem an eine eigentümliche Vorsicht, und daran, wie meine Rechte, die in alter Gewohnheit die Fingerspitzen meiner Mutter suchte, neben mir ins Leere griff. Ich schließe daraus, dass es im ersten oder im zweiten Unterrichtsjahr gewesen sein muss. Unten wachte nicht bloß einer der damaligen Nothelfer, sondern die Barmherzige Schwester, Smosmos Vorgängerin, am Kopfende des von seinem Deckel befreiten Behälters, und dies steigerte meine Aufregung,

Weitere Kostenlose Bücher