Die Zukunft des Mars (German Edition)
Scheiben hetzende Schleier am Firmament stehen sehen und ihre jeweilige Position mit vergangenen Stellungen vergleichen.
Als Kind fühlte ich vielleicht inniger als heute, was in den Tagen der Mondgleiche geschieht. Auf seltsam vermittelte Weise, als eine Art Stimmung, kam es auch in Smosmos Mondunterricht vor, obwohl er über den fraglichen Ort sicherlich nie ein Wort verlor. Die Wassersteinhöhle liegt unter dem Ratsgebäude. Und während ich dies für Euch hinschreibe, wird mir zum ersten Mal klar, dass die flache Kuppel des Bauwerks wohl absichtlich über der Höhle errichtet worden ist. Sie muss schon den Siedlern bekannt gewesen sein. Es wäre unsinnig, es wäre fast eine Art Frevel, wenn man den Zugang zu ihr erst später, bei einem nachträglichen Aufgraben des bereits überdachten Bodens entdeckt hätte. Zur Zeit jener Mondgleiche arbeitete meine Mutter an einer Altmaterialfundstelle, die mitten in der großen Bittersalzmulde lag. Auch Twitwis Mutter war mit anderen Allesmachern dorthin beordert worden. Und so machten wir uns nach dem Unterrichtsende gemeinsam auf den Weg, um unseren Müttern den Rest des Tages als Gehilfen zur Hand zu gehen.
Damals waren in unserer Jahrgangsgruppe die ersten in die verwirrten Jahre eingetreten. Erst am Vortag hat ein Junge zu unserer Verblüffung den unterrichtenden alten Steinbrecher ohne erkennbaren Anlass angeschrien und musste von dem immer noch kräftigen Mann mit einer prächtig präzisen Ohrfeige beruhigt werden. Von den Mädchen unserer Gruppe waren zuvor schon zwei auf andere, aber vergleichbar überraschende Weise auffällig geworden. Beide brachen seit einiger Zeit, einzeln aber auch gemeinsam, in heftiges Weinen aus und gaben solch offensichtlichen Unsinn, wieihre Hände und die Griffe der Werkzeuge würden nicht mehr zusammenpassen, als Grund für ihre tränenreiche Verzweiflung an.
Als ich mit Twitwi zur Bittersalzmulde hinaus marschierte, musste ich ausgerechnet am Vortag einer Mondgleiche gewahr werden, dass sie als drittes Mädchen unserer Gruppe die Alltagsgewissheit der vorausgegangenen Kugelhausjahre verloren hatte. Heute, nach gründlichem Studium der Heiligen Bücher, vermute ich, dass mir die Veränderung von Twitwis Gang längst hätte auffallen können. Damals, als sie neben mir die mit feinem, splittrigen Kies bedeckte Rinne, die zu den Bittersalzmulden führt, entlangstapfte, bemerkte ich, sobald ich mich zwei Schritte zurückfallen ließ, wie weit ihre Hüften zur Seite schwangen, wie sie die Schultern nach hinten zog und den oberen Rücken derart anspannte, dass sich darunter ein Hohlkreuz bildete, welches das Hervortreten ihres kleinen Gesäßes komisch betonte. Während ich nachdenklich auf ihre im Kies einsinkenden Galoschen starrte, begann sie, mich mit immer spitzer werdenden Bemerkungen zu necken.
Schon als Kind war ich selten um ein Wort verlegen. Dass mich meine Mutter lange für einen zukünftigen Mockmock-Beobachter hielt, rührte vor allem daher, dass mir zu allem und jedem etwas in den Sinn kam und ich meine Einfälle unbefangen kundtat. Auch auf dem Weg zur Fundstelle fiel mir zu jeder von Twitwis kleinen Sticheleien sogleich eine Antwort ein. In aussprechbaren Sätzen formten sich diese Erwiderungen in meinem Kopf, erklangen dort auch in einem angemessenen Ton, aber ich ließ es Twitwi gegenüber bei wenigen matten Worten bewenden. Sie hingegen bohrte weiter, und allmählich zog sich ihr Reden um die dickschädligen Brüder zusammen. Keiner in unserer Jahrgangsgruppe begreife, wie viel wir von den beiden lernen könnten. Bei allen seien die Ohren wie verstopft, sobald dieBrüder etwas sagten, was sonst keinem von uns über die Lippen komme. Von mir habe sie immer mehr erwartet. Leider vergeblich. Aber eigentlich finde sie weiterhin, dass ich Hellhörigkeit beweisen könnte, ja müsste. Ich verstand nicht recht, was sie damit meinte. Natürlich war mir aufgefallen, dass aus den dickköpfigen Kerlen gelegentlich seltsame Kommentare herausbrachen. Allerdings schien in der Regel nicht einmal Smosmo zu verstehen, worauf sie mit ihrem Gebrabbel hinauswollten. Und dass ausgerechnet ich dazu berufen sein sollte, die Einwürfe der tumben Burschen richtig zu deuten, wollte mir nicht einleuchten.
Als wir an der Bittersalzmulde eintrafen, nahmen die dort Beschäftigten gerade ihr Nachmittagsessen ein. Allesmacher, Altfinder und ein paar starknackige Steinbrecher saßen in kleinen Gruppen am Rand des weiten Lochs. Mit dem ersten Blick in
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