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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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Sonnenhauses entwendet. Sogar mein Rührbesen verstößt gegen das Gesetz, denn ich habe ihn mir aus unterschlagenen Altmaterialresten gebastelt. Die Tinte war fertig, als ich verblüfft innehielt, und sie ist wahrlich gut geworden. Nachdem ich fast eine ganze Nacht mit der neuen Abmischung geschrieben habe, kann ich ohne Übertreibung behaupten, dass es meine bislang beste ist.
    Toctoc legte beide Hände auf den Tisch und glotzte mich fassungslos an. Mich hingegen ritt ein unwiderstehliches Verlangen. Einmal ertappt, wollte ich mich vollends offenbaren. Ich griff in den Halsausschnitt meines Kittels und holte mein Schreibutensil hervor. Toctoc hatte dergleichennie gesehen. Ich tauchte die gespaltene Spitze in die frische Tinte. Mit der freien Hand schob ich den rechten Ärmel seines Kittels nach oben. Er bekam Angst, aber ich zwinkerte ihm beruhigend zu. Und dann schrieb ich in Eurer Schrift, mit den drei verschiedenen Lautzeichen, die es hierzu braucht, dunkel und groß, beginnend unter dem Ellenbogen und fast bis an die Handwurzel hinab, Toctocs Namen auf Toctocs bleiche, von Sommersprossen übersäte Haut.

Sechste Schreibnacht
    I ch verstehe nicht, was Geld ist. Erneut habe ich darüber nachgegrübelt, aber ich begreife sein Wesen nicht, obwohl sich in den Heiligen Büchern reichlich Beispiele für seinen Gebrauch finden. Auch Smosmo konnte mir einst in dieser Frage nicht weiterhelfen. In unseren gemeinsamen Lesenächten, im selig verschwendeten Schein ungezählter Steinschmalzkerzen, habe ich meinem Lehrer hierzu und zu anderem, was mir in der märchenhaften Vielfalt Eurer Welt rätselhaft blieb, hundertundeine Frage gestellt. Jede hat er aus seinem Wissensschatz, also aus der eigenen Lektüre der 56   Bücher, beantwortet, so gut er es vermochte. Inzwischen habe ich, auf mich gestellt, Seite auf Seite wieder und wieder gelesen und manche Stelle lesend auswendig gelernt. Und falls kein weiteres Buch bei uns eintrifft, werde ich meinem Nachfolger, jenem Leser, den ich, so es unsere Sonne erlaubt, in Eure Schrift einführen darf, mit recht ähnlichen, ja oft genug mit genau den gleichen Antworten dienen müssen wie Smosmo mir.
    Allenfalls dämmert mir ein Verdacht. Geld ist offenbar in besonderer Weise beweglich, wie auf vielen emsigen Füßchen unaufhörlich vorwärtsstrebend. Obwohl Ihr Euch diese tippelige Zukunftsflucht auf mannigfaltige Weise zunutze macht, seid Ihr zugleich auf sorgend ängstliche Weise um den Bestand des Geldes, fast um seinen Stillstand bemüht.Auf widersprüchlich sinnige Weise scheint es Schwundgeld und Bleibgeld in einem zu sein. So versuche ich mir sein Wesen bildlich zu verdeutlichen, da ich es nicht in gute feste Begriffe fassen kann. Manchmal dachte ich sogar, Geld wäre ein Wort für eine Art von Zeit, die wir nicht kennen. Wenn Smosmo Ähnliches vermutete, hat er seine Ahnung bis zuletzt vor mir verborgen gehalten. Ihr dürft unser gemeinsames Lernen und Lesen nicht missverstehen. Wir sprachen dabei über Gott und die Welt, aber es waren Eure Götter und Eure Welten, so wie sie uns aus den Zeilen entgegentraten. Das bedeutete jedoch nicht, dass uns auch zu dem, was in der Kolonie geschehen ist und weiter geschieht, stets eine Rede und eine Gegenrede gelungen wäre. Das Nahe, das allzu Nahe ist, so soll es auch bei Euch bisweilen sein, am schwierigsten mit Worten zu ergreifen.
    Selbst in den schönsten Nächten meiner Knabenzeit, als das Gespräch mit meiner Mutter die Finsternis funkeln machte, wurde nicht alles, was Augen und Ohren, Nase und Fingerspitzen erfahren hatten, von Wörtern angerührt, von Sätzen umtastet. Das erste ungute Schweigen, dessen ich mich entsinne, griff Raum, als ich in die Dunkelheit unserer Mutterkind-Kammer hinein fragte, welcher der dickschädligen Brüder eigentlich der Ältere sei. Die beiden waren damals zusammen in unseren Jahrgang zurückgestuft worden. Smosmo ermahnte uns vor ihrem Eintreffen ernst, ihnen beim Lernen beizustehen. Vom ersten Tag an achtete er darauf, dass an den Arbeitstischen einer von uns zwischen den Brüdern zu sitzen kam, gewiss um deren genügsames Aufeinander-bezogen-Sein zu spalten.
    Twitwi, die sich den fraglichen Hocker auffällig oft schnappte, fand bald heraus, das die beiden gerade mal ein Jahr gemeinsam in den gleichen Unterricht gingen, erst seit jenem Tag, an dem der Ältere in die Gruppe des Jüngeren hinabversetzt worden war. Die kleine Twitwi blieb auch dieEinzige, der es mühlos gelang, die beiden jeweils mit

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