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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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Brille stets sofort wieder auf den Tisch legen, um sich in unscharfer Nahschau besser auf das Nötige, auf das für die Zukunft Erforderliche konzentrieren zu können. Auch was die geistige Spritzigkeit anging, würde er sich etwas einfallen lassen müssen. Nun, zur Erholung und Besinnung, wollte er sich eines der Kräuterplätzchen gönnen, diesein libanesischer Nachbar in kleinen Endverbrauchertüten an alle verkaufte, die ihm hierfür erwachsen genug erschienen und dazu den Namen des traditionellen Trockengebäcks halbwegs korrekt über die Theke sprechen konnten. Auf beides, auch auf das bestimmt fast immer unzulänglich artikulierte arabische Wort, legte der Händler, Spirthoffer hatte es beobachtet, offenbar gleich großen Wert.
    Bevor das Kraut zu wirken begann, blieb noch genug Zeit, um den Mars-Kerl zu modifizieren. Das Modul, das er brauchte, fand sich wie erhofft in einem Karton mit Militärelektronik-Schrott, den er im Herbst auf dem Markt Für Alles erworben hatte, an einem der vielen Container-Stände, von denen der Raum unter den Stelzen der wegen Einsturzgefahr gesperrten Stadtautobahn fast lückenlos ausgefüllt war. Ursprünglich war das Bauteil für intelligente Streubomben entwickelt worden, und eine genial vereinfachte Variante hatte sich, wenn ihn seine Erinnerung nicht trog, bald darauf in den ersten verlässlich, also kollisionsfrei kooperierenden Bürst- und Saugrobotern der untergegangenen städtischen Straßenreinigung bewährt.
    Leider erwies sich das fast streichholzschachtelgroße Klötzchen als zu breit, um es in die Brust des Monsters zu implantieren. Spirthoffer hatte schon den Lötkolben in der Hand, um die gewölbte Plastikschale ein wenig aufzuschmelzen, besann sich dann aber eines Besseren. Gestern Mittag, die Figuren standen gerade eine Stunde im Schaufenster, hatte ihm ein Laufkunde immerhin hundert Eurorubel für just dieses Exemplar geboten. Gewiss war noch mehr für die schöne Figur herauszuholen, falls sie originalgetreu blieb. Also entschied er sich für eine externe Lösung. Mit einem Klacks Dauerplastilin klebte er das Raumkontroll-Modul auf den Rückenpanzer und fädelte je zwei der vier unumgänglichen Drähtchen durch die Ritzen unter dem hintersten Beinpaar. So sah das Kästchen wie ein kleinerRucksack aus, und auch die Farben, das militärisch matte Grau und das verblichene Mars-Rot, passten prima zusammen.
    Gerade als der aufgerüstete Vielbeiner eine erste Runde über Spirthoffers Arbeitstisch drehte, Tassen und Kanne umkreiste, stets brav an den Tischkanten stoppte und nach kurzem elektronischen Besinnen ruckelig in den Rückwärtsgang fiel, ging die Glocke der Ladentür. Spirthoffer warf einen Blick auf den Überwachungsmonitor und erkannte den Monsterliebhaber von gestern an dessen rotblonden Haaren. Er drückte den Türöffner und spürte aufstehend, wie ihm wohlige Wärme aus dem Bauch in die Oberschenkel strömte. Die Kräuterwirkstoffe waren deutlich früher als sonst in seinem Blut angekommen. Trotz der mentalen Erschöpfung schien der Unterricht seinen Stoffwechsel stimuliert zu haben. Vorne, im Ladenraum, stand der Rotschopf über die Auslage gebeugt, gewiss vermisste er das Objekt seiner Sammlerbegierde, und Spirthoffer entschied sich, ihm vorzuschwindeln, er habe das prächtige Stück einem anderen Interessenten, gegen Hinterlegung von stolzen fünfhundert Eurorubeln Kaution, zur technischen Prüfung nach Hause mitgegeben.
    Der kleine Trick klappte nur halb. Zunächst erhöhte der Sammler, sichtlich erschrocken, sein ursprüngliches Angebot auf das Doppelte. Aber als Spirthoffer einwandte, der Marsianer sei in diesem Erhaltungszustand eine echte Rarität, und er wolle deshalb noch weitere Offerten abwarten, stieg dem Kerl das Dunkel des Cholerikers ins sommersprossige Gesicht. Mit beiden Händen griff er in die Auslage, packte zwei der dort reglos verharrenden Figuren und begann mit ihnen herumzufuchteln. Er behauptete, Don Dorokin persönlich zu kennen, und drohte Spirthoffer damit, sich in der Dreifaltigkeitskirche über dessen Geschäftsgebaren zu beschweren.
    Dies war nichts weiter als leeres Geschwätz. Spirthoffer stand auf gutem Fuße mit dem Don. Im Frühling hatte Dorokin ihm sogar, nachdem er in einer verzwickten technologischen Angelegenheit mit Rat und Tat zu Diensten gewesen war, die jährliche Dankabgabe auf die niedrigste Stufe herabgesetzt. Er bezahlte nun bloß noch jenes symbolische Anstandsminimum, das selbst die ärmsten

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