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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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Gewerbetreibenden, die hausierenden Invaliden der Dorokinschen Machtergreifung, zu entrichten hatten. Falls der Rotschopf wirklich in der Dreifaltigkeitskirche, wo der Don jeden Dienstagnachmittag für Bittsteller aller Art Hof hielt, vorsprechen sollte, würde er sich jenen Stiefeltritt ins untere Leibesdrittel einhandeln, mit dem man dort dreistes Auftreten umgehend zu quittieren pflegte. Spirthoffer hätte es also bei einem gleichmütigen Abwinken bewenden lassen können. Aber die beiden Figuren, die der Aufgebrachte schwenkte, begannen jämmerlich zu fiepen, und er fürchtete ernstlich um ihre sensiblen Gravitätssensoren, die zentrifugale Beschleunigung nur schlecht vertrugen und von denen er kein einziges Exemplar mehr vorrätig hatte.
    Zum Glück ging die Türglocke, und der jüngste, der fünfte Sohn des Libanesen brachte das Mittagessen. Der Knabe erfasste die heikle Schwebe der Situation und fiel lauthals in den von arabischen Einsprengseln verzierten Singsang, mit dem sein Vater und seine älteren Brüder über den Außenlautsprecher des Geschäfts das jeweilige Tagesgericht anpriesen. Der Rotschopf stutzte mit offenem Mund, und Spirthoffer gelang es, ihm die beiden Marsianer aus den Fingern zu ziehen. Er bat den von seinem lautstarken Aufbrausen sichtlich Erschöpften, erst einmal am Kundentischchen in der Ecke Platz zu nehmen. Er dürfe auch gerne von seinem Großen Beirut-Teller, von den kalten wie von den warmen Vorspeisen, kosten. Inzwischen wolle er von hinten frischen Tee holen. Die Leidenschaft eines wahrenSammlers, dessen ungestümes Begehren, aber noch mehr dessen geduldige Beharrlichkeit, wisse er durchaus zu würdigen. Just hierfür – für den jedem Zeitgenossen geschuldeten Respekt! – sei sein Elektronisches Hospital seit langem bekannt.

Im Advent: Zwei
    E lussa schwor sich, auf der Hut zu sein. Spirthoffer hatte den Unterricht eine Woche im Voraus bezahlt, und so erfreulich ihr dies zunächst erschienen war, es erneuerte, kaum dass sie sich von seinem Laden auf den Weg zur Gemeindeschule gemacht hatte, um dort den Kurs «Amerikanisch für Auswanderer» zu halten, ihren fraulichen Argwohn. Wenn sie ihn tüchtig in die grammatische Zange nahm, würde sich schon zeigen, wie ernst es ihm mit der Auffrischung seiner Russisch-Kenntnisse war. Bevor sie sich verabschiedet hatte, war sie von ihrem Schüler noch gebeten worden, sich zu Hause eine Handvoll Zeitschriften und Broschüren durchzusehen. Der Alte gab vor, Verständnisschwierigkeiten, mit denen er sich beim Studium dieser Druckwerke herumgeschlagen hätte, wären letztlich der Grund gewesen, nach qualifiziertem Beistand Ausschau zu halten. Als sie die Hefte nach dem Abendbrot auf dem Küchentisch ausgebreitet hatte, war Alide, die schon im Schlafanzug steckte, noch einmal auf ihren Schoß geschlüpft. Die Kleine entdeckte ein Titelbild, das ihr gefiel, und gemeinsam begannen sie zu blättern und schließlich laut zu lesen.
    Es handelte sich um eine uralte, ehrwürdig vergilbte Kochbroschüre. Wohl ein Jahrhundert musste es her sein, dass sie einem besonderen Schnellkochtopf zusätzlich zu dessen Gebrauchsanleitung beigelegen hatte. Elussa kannte das antike Ungetüm nicht mehr aus eigener Erfahrung, aberder bauchige Deckel und vor allem dessen keck raketenartig aufragendes Ventil kamen ihr dennoch seltsam vertraut vor. Vielleicht hatte sie ein ähnliches Küchenutensil als kleines Mädchen bei ihrer Großmutter oder einer alten Nachbarin noch in Gebrauch gesehen. Das Heft bestand im Wesentlichen aus Rezepten und aus Anweisungen, wie die jeweiligen Zutaten in den verschiedenen Siebeinsätzen rasant schnell und angeblich unter Erhalt aller wertvollen Bestandteile und Aromen gar gedämpft werden könnten. Alide freute sich an der Vielzahl der Nahrungsmittel und ließ sich die deutschen Namen der Korn- und Gemüsearten samt Artikel vorsagen. Elussa vergegenwärtigte sich still die syntaktischen Strukturen und schrieb schließlich, ihre eingenickte Tochter im Arm, eine ganze Seite voll mit unterschiedlich schwierigen Beispielsätzen, an denen sich die Verwendung wichtiger russischer Verben aufzeigen ließ.
    Als hätte er etwas von Elussas Unterrichtsvorbereitung geahnt, empfing Spirthoffer sie am nächsten Vormittag mit einem frischen Kuchen. Das Backwerk steckte, noch dampfend vor Hitze, in der unteren Hälfte eines großen, eiförmigen Edelstahlbehälters, und der Alte erklärte ihr, glaubwürdig begeistert, er habe das plumpe Ding tags

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