Die Zukunft des Mars (German Edition)
von außen sprengen. Und wenn Toctoc dann gleich den anderen gerettet worden ist, will er Porrporr mit dem, was es gleich herauszufinden gilt, eine angemessene Gegenfreude machen.
Denn Freund Porrporr ist neugierig, gewiss nicht weniger neugierig als die kleine Twitwi, deren spitzes Näschen nach unsichtbaren Kräften schnuppert. Aber anders als Twitwi, die ein Ratsbeschluss an die Spitze eines Neubastlertrupps gestellt hat, muss Porrporr sein Wissenwollen vor jedem anderen verborgen halten. Obschon er vorsichtig ist, hat die Barmherzige Schwester ein misstrauisches Auge auf ihn geworfen. Nachdem er mit Porrporr draußen bei den Glasmachern gewesen war, mussten sie beide getrennt Bericht erstatten, und Toctoc merkte sehr wohl, dass sich die scheinbar zufällige Folge ihrer Fragen wie eine Schlinge um Porrporr, um Porrporrs Verhalten an der Fundstelle legte. Auch die Barmherzige Schwester gehört zu denen, die ungebührlich viel in Erfahrung bringen wollen. Womöglich hat er sich inzwischen selber mit Neugier angesteckt, und nun ist diese verspätet ausgebrochen, so wie der harte Staubhusten und das eitrige Augenfieber oft ganz langsam von einem daran Leidenden auf einen Gesunden hinüberkriechen und ihn verzögert gleichfalls erkranken lassen.
Toctoc bleibt stehen, nimmt die Fackel in die linke Hand, weil ihm der rechte Arm unter ihrem Gewicht erlahmt. Er horcht zurück. Noch ist es still. Aber irgendwann, spätestens wenn dort hinten am Eingang die Stummel der Zündpechfackeln verglimmen, wird Lärm losbrechen. Wahrscheinlich wird man die Namen derjenigen rufen, die draußen sind. Aber dieses Geschrei muss, so laut es auch anschwellen mag, ohne Antwort bleiben, denn es kann dauern, bis sich einer der Obengebliebenen hinunter an die Tür der Höhle wagt. Den Kindern ist verboten, über die Schwelle des Ratsgebäudes zu treten. Und den wenigen Alten wird daseinstige, das wohlweislich losgelassene Wissen nur sehr langsam und angstzäh in die Gedanken zurückströmen. Allein auf Porrporr lässt sich hoffen. Nur Porrporrs geheime Neugier kann ihn und die anderen Eingeschlossenen vor dem Verdursten retten. Denn obwohl die Höhle, weil es das Große Palaver so will, das Wort Wasser in ihrem Namen führt, ist in keinem ihrer Gelasse ein Tropfen aufleckbarer Feuchtigkeit zu finden.
Das letzte Paar brennender Fackeln ist erreicht. Toctoc erkennt die Stelle wieder. Der Gang verengt sich. Die seltsamen Zapfen, die im vorderen Bereich der Höhle nur in weiten Abständen aus Decke und Boden ragen, nehmen an Zahl und an Länge zu. Just so weit, genau bis hierher war er in seiner ersten Doppelmondnacht vorgedrungen. Und plötzlich ist er sich sicher: Alle gelangen, wenn sie zum ersten Mal hier unten sind, bis an diese Stelle, bis an die Scheingrenze des Höhlenlichts. Toctoc hebt die Zündpechfackel und drückt ihre kalte Spitze gegen den glimmenden Stummel zu seiner Linken. Wenn es Neugier ist, die jeden in seiner ersten Mondgleiche hierher führt, was macht die Anfänger dann umkehren? Mit lautem Brutzeln, mit einem jähen Aufleuchten, fast mit einem roten Blitz, fängt seine Fackel Feuer. Er hält sie tief, um beim Weitergehen nicht über eines der spitzen Bodengewächse zu stolpern.
Es kann nicht mehr weit sein. Der Ort, den er gleich erreichen wird und von dem er Porrporr, ihrem zukünftigen Retter, erzählen will, ist stets nah bei dem gewesen, was in den vorderen Kammern und Nischen der Wassersteinhöhle geschah. Fast kommt es ihm nun so vor, als diente das Zueinanderschlüpfen der Körper insgeheim dazu, nicht weiter, nicht bis in diesen letzten Winkel vorzudringen. Er bemerkt, wie zögerlich sein Schritt geworden ist. Der Eingang der allerletzten Kammer, an den das rötliche Licht jetzt rührt, unterscheidet sich, rund und niedrig, kaum von denDurchgängen in die vorderen Gelasse. Allerdings zwingt ihn eine Reihe sehr spitzer Deckenzapfen, den Rücken zu krümmen, sich in den Raum, der zweifellos der letzte Ausläufer der Höhle ist, hineinzuducken. Er weiß, dort drinnen wird der Boden nicht von den dicken, nach Steinsalz duftenden Mockmockfaser-Matten bedeckt sein, die in den vorderen Kammern ausnahmslos jeden Eingetretenen dazu verführen, auf die Knie zu sinken.
Drinnen hebt er die Fackel. Ihr Schein reicht aus, um den letzten Raum der Wassersteinhöhle, obwohl er recht groß ist, hinreichend zu erhellen: die schlanken, erstaunlich regelmäßigen Kegel, von denen die Decke lückenlos bedeckt ist, den glatten, fast
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