Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)
sich wieder und ließ sie in
einem unruhigen Dämmerzustand zurück.
Ihr Optimismus, was die Zukunft betraf, verflog
mehr und mehr.
Kapitel
9
Die Forsythienbüsche
vor Jonas’ Haustür sahen schon ganz zerrupft aus, denn jeden Morgen, wenn Marie
auf der Suche nach einem Parkplatz die Straße entlangfuhr, stand Herr Zota
schon davor und schnippelte an den Zweigen herum. Sobald er sie kommen sah,
legte er die Astschere beiseite, ging über den Fußweg und räumte den
Pop-up-Gartensack weg, den er wie zufällig in einer freien Lücke am Straßenrand
deponiert hatte.
„In Ihrer Lage muss man mit allen Tricks
arbeiten“, sagte er mit einem Lächeln, wenn Marie aus dem Wagen kletterte und sich
bei ihm bedankte. Das war nett von ihm. Aber sonst ging er ihr auf die Nerven.
Es war nämlich offensichtlich, dass er sie mit Jonas verkuppeln wollte. Wenn er
nicht gerade über Politiker, Wirtschaftsbosse und böse, die Löhne drückende
Zeitarbeitsfirmen herzog, redete er ohne Unterlass von ihm. Zuerst ging es
immer um dessen Praktikantenstellen. Er überschlug sich förmlich in dem
Bemühen, Marie zu erklären, dass Jonas mit seiner permanenten Selbstausbeutung
nicht nur sich schade, sondern auch allen anderen.
„Ich habe ihm schon x-mal erklärt, dass er sich
nicht unter Wert verkaufen soll“, sagte er am Freitagmorgen, als sie auf den
Parkplatz gebogen war, den er mit Eimern und Harken für sie frei gehalten
hatte. „Was die Arbeitgeber mit seiner und Ihrer Generation treiben, ist
Knechtschaft. Wo kommen wir denn hin, wenn wir das durchgehen lassen?“
„Die Lage ist eben schwierig“, sagte Marie.
„Wenn man zu laut nach Geld oder geregelten Arbeitszeiten schreit, gibt’s bald
überhaupt keine Praktikantenstellen mehr. Dann sitzt man erst recht auf der
Straße. Das kann doch niemand wollen.“
„Darauf spekulieren diese Brüder doch nur“,
sagte Herr Zota. „So haben sie das Problem vom Tisch: kaum Kosten, keine
Kündigungsfristen, immer neue Leute … So sind sie fein heraus.“ Dann ging
er unvermittelt zum persönlichen Teil des Gesprächs über: „Aber er sieht schon
nett aus, der Herr Frommberger, das muss man ihm lassen.“
„Kann sein“, sagte Marie betont beiläufig.
„Allerdings scheint er das nicht zu wissen. Und
selbst wenn er es wüsste, wäre er kein Typ, der Kapital daraus schlagen würde.
Er ist zu schüchtern, um damit zu prahlen.“
„Aha.“
„Bis auf seine Exfreundin hab ich noch nie ein
weibliches Wesen an seiner Seite gesehen.“
„Soso.“
„Sie wissen ja sicher, dass sich die beiden vor
einigen Monaten getrennt haben.“
„Interessant.“
„Seitdem hat er wohl nichts Festes mehr
gehabt.“
„Alles klar.“
„Der Mann ist in Ordnung, ein bisschen
stoffelig, aber in Ordnung.“
Marie verzichtete darauf, diese Tatsache zu
kommentieren, denn sie musste jetzt dringend nach oben. Also ließ sie sich von
Herrn Zota die Treppe hoch begleiten, holte den Hund aus der Wohnung und machte
sich dann schnell wieder vom Acker.
Schnitt aufs Wochenende.
Nachdem es den ganzen Samstag und den halben
Sonntag wie aus Eimern gekübelt hatte, begann Marie sich schrecklich leidzutun.
Hier saß sie nun allein in ihrer Wohnung, ohne Jonas und ohne Freunde,
Verwandte oder Bekannte, die sie hätte besuchen können. Und das bei diesem
lausigen Wetter.
Mittags hielt sie es nicht mehr aus und
beschloss, Danny einen Besuch in der Uni abzustatten. Also leinte sie Othello
an, nahm ihre Krücke und machte sich auf den Weg. Das war ziemlich mühsam, denn
sie konnte ihr linkes Knie immer noch nicht gut bewegen. Manchmal hatte sie
Angst, dass es unter ihr nachgeben würde, sobald sie es belastete. Oft genug
tat es das auch. Außerdem konnte sie das Bein immer noch nicht ausstrecken oder
in die Hocke gehen. Immerhin wusste sie inzwischen, dass ihr Meniskus nicht ab-
oder eingerissen war, denn wenn sich ein Knorpelstück im Gelenk verkeilt hätte,
wäre ihr Knie vollständig blockiert gewesen. Auch der Schmerz war erträglich
geworden: von Dröhnen und Kreischen zu Pochen und Stechen. Eine echte
Verbesserung also.
Als sie gefühlte drei Stunden später im Univiertel
ankam, fand sie Danny in einem der S2-Gewächshäuser vor. Die Freundin hatte
sich dort in eine Ecke verzogen und war dabei, ihre angeschlagenen Nerven mit
einer Rumkugel zu beruhigen. Essen war hier natürlich genauso verboten wie in
den Laboren. Aber was tat man nicht alles, wenn man kurz vor dem Burnout stand.
Danny schien
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