Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)
kassieren sind auch nicht so mein
Ding. Außerdem hab ich nicht so viele Möglichkeiten wie du.“
„Dann denk dir was aus. Werd Redakteurin oder
Kursleiterin an der Volkshochschule oder sonst was. Kannst du nicht beim
Naturschutzverband arbeiten?“
„Keine Chance.“
„Was ist mit Bücher schreiben oder Lehrfilme
drehen? Die mendelschen Regeln für Fünfklässler oder so was. Vielleicht
solltest du gleich Lehrerin werden. Dann wirst du verbeamtet und bist fein
raus. Auf jeden Fall musst du was machen, das wenigstens am Rande mit Bio zu
tun hat. Sonst waren die zehn Jahre an der Uni für den Arsch.“
„Hör auf damit, Jonas. Dieses Feld ist
abgeerntet, zumindest für mich.“
„Ich werde es auf jeden Fall weiterprobieren.
Die Zukunft ist ein toller Job, und den will ich so gut wie möglich erledigen.
Alles ist möglich, alles ist drin. Aber nur, wenn man seinen Hintern
hochbekommt und was probiert, was wagt ...“
„Kann man auch Rahmporree statt Zwiebeln
nehmen?“, fragte Marie. Mit dieser Bemerkung schien sie Jonas etwas aus dem
Konzept zu bringen, denn er sah sie nur irritiert an. Deshalb gab sie sich die
Antwort selbst: „Das machen wir einfach so.“
Die Liste der Zutaten, die sie wider Erwarten
nicht im Haus hatte, war lang und wurde immer länger. So mussten die beiden
schließlich Rahmporree statt Zwiebeln nehmen, Curryketchup statt Tomatenmark
und Haferflocken statt Soßenbinder. Einmal bemerkte Marie, dass Jonas sie aus
den Augenwinkeln musterte. Prompt schwappte wieder diese warme Welle durch
ihren Körper. Das war ihr so peinlich, dass sie seinem Blick auswich und sich
stattdessen an seinem Amulett feststarrte. Ob ihm bewusst war, was die
Inschrift darauf bedeutete?
Irgendwann waren sie fertig, und von da ab
hatte Jonas noch Augen für den gallertartigen Pamps, den sie produziert hatten
und in dem sich die Spätzle wie Maden herumwälzten.
„Eigentlich hab ich gar keinen Hunger“, sagte
er.
„Tut mir leid, ich bin eine lausige Köchin“,
sagte Marie. „Wollen wir uns eine Pizza kommen lassen?“
„Nein, das geht nicht. Ich muss noch arbeiten.“
„Darf ich dir wenigstens einen Fruchtquark
anbieten?“
„Gerne“, sagte Jonas. Während er am
Küchentresen lehnte, den Becher auslöffelt und parallel dazu einen Tee trank,
klingelte sein Telefon. Er zog es aus der Hosentasche und sah mit gerunzelter
Stirn auf das Display.
„’tschuldigung, das ist Nadine“, sagte er und
ging in den Flur, um dort mit ihr zu sprechen. „Sie will morgen den Toyota in
die Werkstatt bringen“, sagte er, als er wieder hereinkam. „Aber sie hat den
Zettel mit Bullis Adresse verloren. Ich ruf sie nachher noch mal an.“ Dann nahm
er den Becher wieder zur Hand und redete weiter über seinen großen Traum,
Architekt zu werden.
„Viel Kohle wird mir das nicht einbringen“,
sagte er irgendwann. „Architekten sind die neuen Prolls unter den Akademikern,
zumindest vom Verdienst her. Übertroffen werden sie nur noch von den
Geisteswissenschaftlern. Aber da mir der Beruf zufällig Spaß macht, ist das
eben so.“
Sein Telefon klingelte erneut, sodass er zum
zweiten Mal in den Flur gehen musste, um mit Nadine zu reden. Diesmal dauerte
das Gespräch etwa fünf Minuten. „Sie will wissen, ob sie auch gleich einen
Ölwechsel machen lassen soll“, sagte er, als er hereinkam. „Ich hab ihr gesagt,
dass ich keine Ahnung, wann das zuletzt gemacht wurde. Das soll sie halten, wie
sie will.“
„Gegen dich scheint sich ja alles verschworen
zu haben“, sagte Marie, die ihn wieder auf sein Lieblingsthema bringen wollte
und keine Lust hatte, sich mit ihm über seine Ex und deren Wagen zu
unterhalten. Zumal sie selbst daran schuld war, dass er in die Werkstatt musste.
„Ich interessiere mich nun mal für Häuser und
die Art, wie sie wachsen und funktionieren“, sagte er. „Deshalb werde ich auch
nicht aufgeben. Ein Kumpel von mir sieht das anders. Der arbeitet jetzt als
Spieledesigner.“
„Und? Wäre das nichts für dich?“
„Nein, das ist mir zu abgedreht. Obwohl er fast
die gleichen Programme benutzt wie ich. Ich will trotzdem lieber durch ein
richtiges Haus gehen. Ich möchte sehen, was ich entworfen hab: Altbau oder
Neubau, Beton oder Holz, Teppich oder Parkett … Ich möchte, dass es mir
Geschichten erzählt: mit Struktur und Farbe oder mit dem Material, aus dem es
gebaut wurde. Selbst die Stuckleisten an der Decke sollen sich zu Wort melden.“
Marie sah ihn an. So hatte sie noch
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