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Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)

Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)

Titel: Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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heute besonders schlechter Laune
zu sein, denn sie würdigte Marie keines Blickes. Erst als die sich neben sie
gesetzt hatte, brach es aus ihr heraus: „In letzter Zeit geht wieder alles
schief, jeder einzelne Versuch.“
    „Das ist doch normal“, sagte Marie. „Das kennen
wir doch alle. Aber mach dir nichts draus. Auch negative Ergebnisse sind
Ergebnisse. Alles ’ne Auslegungssache.“
    Da drehte Danny den Kopf herum, bekam wieder
ihren Vipernblick und sagte: „Was weißt du denn!?“
    „Bei mir war’s doch genauso“, sagte Marie. „Ich
hab auch gedacht, dass es ewig so weitergeht und dass ich hier nie wegkomme.
Außenstehende denken immer, dass man auf hohem Niveau jammert. Wenn man sagt,
dass man in der Forschung arbeitet, klingt das auch irgendwie elitär. Was sie
nicht sehen, ist, dass man von morgens bis abends arbeitet, so gut wie keine
Ergebnisse zustande bringt und am Ende nicht mehr als 1000 Euro zum Leben hat.
Wo ist denn da das Niveau, bitte schön? Ich kann weit und breit keins
entdecken.“
    Danny biss ein Stück von ihrer Rumkugel ab und
kaute mechanisch.
    „Und wenn sie tatsächlich sehen, was hier
abgeht, sagen sie nur: Zu so einer Situation gehören immer zwei“, fuhr Marie
fort. „Eine Partei, die ausbeutet, und eine, die sich ausbeuten lässt.“
    Danny kaute weiter vor sich hin.
    „Am Ende hab ich schon vom edlen Ritter in der
weißen Rüstung geträumt. Ich! Kannst du dir das vorstellen? Früher wollte ich
nie die Prinzessin spielen, immer nur den Recken auf dem Pferd.“
    „Ich hab wieder angefangen, Pillen zu nehmen“,
sagte Danny plötzlich. „Trotzdem geht’s mir beschissen. Am liebsten würde ich
mich in Luft auflösen oder abhauen. Meinst du, dass ich für ’ne Weile ins
Ausland gehen sollte? Ich kann zwar keine fünf Fremdsprachen, so wie du …“
    „Es sind bloß vier.“
    „… aber ich könnte in Amerika oder Kanada
überwintern. Mein Englisch ist ganz passabel.“
    „Nein, das machst du nicht, weder jetzt noch
als Postdoc. Du weißt doch, dass es im Hochschulbereich auf Dauer keine Stellen
gibt. Wenn du zu lange wartest, ist der Zug hier abgefahren, zumindest, was die
Jobs in der freien Wirtschaft angeht. Dann bist du zu alt.“
    „Aber noch bin ich jung. Ich könnte wieder von
vorn anfangen. Theoretisch.“
    „Sieh lieber zu, dass du fertig wirst.“
    „Ich könnte auch alles hinschmeißen und mich
arbeitslos melden.“
    „Nun mach mal halblang, Danny. Wenn du deinen
Superjob bei einer Saatgutfirma oder im Management eines Pharmazieunternehmens
ergattert hast, bist du fein aus.“
    „Ich könnte auch ein Kind bekommen oder sonst
was Abartiges machen.“
    „Nun ist es aber gut!“
    „Ich könnte mich umbringen. Dann kannst du mich
zerstückeln und an die Laborratten verfüttern.“
    „Jetzt reicht’s. Du musst mal raus an die frische
Luft. Die fegt dir den Kopf wieder frei. Los, zieh dich an. Wir gehen mit
Othello auf die Hundewiese. Da kommst du wieder auf andere Gedanken.“
    „Wir fahren wohl besser“, sagte Danny mit einem
entnervten Blick auf Maries Krücke.
    Während die beiden unterwegs waren, sah es so
aus, als würde Danny endlich zur Vernunft kommen. Aber als sie auf dem Platz
ankamen, war die Luft so nieselgeschwängert, dass sie wieder losätzte: über das
Wetter, das Leben, diesen Ausflug …
    „Hör auf zu heulen und komm endlich“, sagte
Marie, stieg aus dem Wagen und humpelte auf das Gelände. Dort sah es heute
ziemlich trübe aus. Die wenigen Gassigeher standen bewegungslos da und wirkten
völlig unbeteiligt. Ihre Hunde drückten sich wie Schafe aneinander und sahen
sie mit tragischen Augen an. Auch Marie hatte nicht viel für das Ambiente
übrig. Trotzdem war sie froh, Danny ihren Wirkungskreis zeigen zu können.
    „Hier verbringe ich also meine Tage“, sagte sie
und machte eine weitausholende Armbewegung. „Auf einer Wiese mit einem Zaun drum
herum.“
    „Es regnet, und hier gibt’s nicht mal einen
Unterstand“, sagte Danny und spannte ihren Taschenschirm auf. „Lass uns wieder
gehen. Mein Leben ist schon öde genug.“
    „Das denke ich auch manchmal“, sagte Marie.
„Obwohl ich eigentlich keinen Grund hab, mich zu beschweren. Ich hab eine
Zweizimmerwohnung, ich hab einen Hund, ich hab einen Job, der mir recht gut
gefällt … Aber geplant war das alles so nicht.“
    Sie brach ab, denn in diesem Moment betrat ein
Mann den Platz, den sie hier noch nie gesehen hatte. Seine Hündin war eine
äußerst imposante Erscheinung.

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