Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)
das, was sie sich
erhofft hatte. Aber immerhin berührte er zum ersten Mal ein anderes Körperteil
als nur ihre rechte Hand. Das erzeugte ein angenehm euphorisches Gefühl in ihr,
das noch den ganzen Abend und die halbe Nacht lang anhielt.
Othello hatte noch nie so ein zärtliches
Frauchen erlebt. Während sie auf der Seite lag und ihn an die Brust zog wie ein
Kind seinen Teddy, erzählte sie ihm mit leiser Piepsstimme, dass sie tierisch
verliebt sei. Normalerweise mochte der Hund diese Tonlage, auch wenn er kein
einziges Wort verstand. Je leiser und höher Marie winselte, desto wohler fühlte
er sich. Glückliche Alphas bedeuteten eben glückliche Betas. Aber heute wurde
es ihm zu viel. Irgendwann zappelte er sich aus ihrer Umklammerung frei, robbte
ans Ende des Bettes und wollte sich dort zu einem fusseligen Fußwärmer
zusammenkringeln. Das war allerdings eine umständliche Operation, die einige
Zeit in Anspruch nahm. Erst musste er noch minutenlang am Laken herumkratzen
und sich etliche Male um sich selbst drehen, bevor er endlich die richtige
Stellung gefunden hatte und sich seufzend zusammenrollte.
„Geh nur, du treuloses Biest“, sagte Marie.
„Ich verknall mich sowieso lieber in Humanoide. Und du hast zwei Beine zu
viel.“
Es dauerte lange, bis sie einschlafen konnte,
und es klappte auch erst, nachdem sie ihre Nachttischlampe angemacht und sich
ganz fest in ihre Decke eingewickelt hatte.
Dass sie trotz ihres augenblicklichen
Hochgefühls nicht gerade vom Glück verfolgt wurde, zeigte sich am nächsten
Morgen. Sie wollte gerade das Haus verlassen, als das Telefon klingelte. Da war
eine Frau am Apparat, die sich als Beraterin ihrer Hausbank vorstellte.
„Nur eine Kleinigkeit, Frau Dr. Wagner“, sagte
sie ebenso munter wie freundlich. „Ich sehe hier eine Unregelmäßigkeit auf
Ihrem Girokonto. Das ist natürlich überhaupt kein Problem. Sicher haben Sie Wege und
Möglichkeiten, die Sache über kurz oder lang zu bereinigen.“
„Was meinen Sie damit?“
„Dass Sie sicher eine Lösung finden, wie Sie
den Überhang begleichen können“, sagte die Banktante. „Vielleicht könnten wir
Ihnen auch mit unserem neuen Vorteilskredit unter die Arme greifen.“
In den nächsten Minuten schilderte sie Marie in
allen Einzelheiten, was die Bank alles für sie zu tun gedachte, wenn sie das
Problem nicht von sich aus in den Griff bekam.
Während die Frau redete, rannten Maries
Gedanken wild durcheinander. Erst nach und nach drang die Nachricht vollständig
zu ihr durch: Ihr Girokonto war hoffnungslos überzogen, ihre Vorräte waren
verbraucht und ihr Portemonnaie war so gut wie leer. Im Moment hätte es nicht
mal mehr für eine Tüte Spaghettis gereicht. Selbst die eiserne Geldreserve, die
sie unter ihrer Matratze versteckt hatte, existierte nicht mehr.
So ist das also, dachte sie. So fühlt sich das
an. Jetzt bist du zahlungsunfähig und stehst vor dem Nichts. Was ist denn nun
mit deinem Anlauf in ein besseres, selbstbestimmtes Leben?
Dann wurde ihr plötzlich klar, dass sie
irgendwie Stellung zu diesem Sachverhalt nehmen musste.
„Ich werde mich darum kümmern“, sagte sie.
„Das ist wunderbar“, sagte die Frau in einem
unvergleichlich warmen und herzlichen Tonfall und fuhr fort, Marie diesen
verdammten Kredit ans Herz zu legen. Den Umstand, dass ihr Geldinstitut
30-jährige Arbeitslose mit einer zweifelhaften Zukunftsperspektive eigentlich
nicht leiden konnte, umsegelte sie mit Lässigkeit und Optimismus. Ja natürlich,
normalerweise hätte ihre Bank bei Existenzgründern Bedenken, räumte sie ein.
Aber in Maries Fall würden sie eine Ausnahme machen. Sie gehöre eben zu den
Kunden, wie man sie sich wünsche. Wenn sie den Kredit in Anspruch nehmen wolle,
solle sie in der Filiale vorbeischauen. Dort könne man alles Weitere
besprechen. Eine Unterschrift, und sie wäre aller Sorgen ledig.
Marie lehnte dankend ab, beendete das Gespräch
und überlegte, was sie jetzt tun sollte. Sie musste endlich schwarze Zahlen
schreiben, um jeden Preis! Aber wie?
Klar, dass du wieder einen auf den Deckel
bekommst, dachte sie. Auf jedes Hoch folgt unweigerlich ein Tief. Wäre ja auch
zu schön, wenn du einfach mal ein paar Tage im Stück glücklich sein dürftest.
Nachts lag sie im Bett und versuchte sich
locker zu machen. Sie wollte nicht an ihre Sorgen und Ängste denken. Zuerst
wurde sie auch müde und überließ sich dem schaukelnden Gefühl des Vergessens.
Aber bevor sie davontreiben konnte, entfernte es
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