Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)
denen war es ulkig
gewesen. Wenn er die mit einem Stein bearbeitet hatte, bis die Schalen ihrer
Häuser barsten und die inneren Organe freilagen, blieben sie trotzdem noch am
Leben ...
Schluss jetzt! Von dieser sadistischen Ader
durfte Marie nie etwas erfahren. Sonst war es aus zwischen ihnen, bevor es
überhaupt begonnen hatte.
Ach Marie … Wie verändert sie ihm jetzt vorkam.
Sie raubte ihm fast den Atem. Und dass sie einen Doktortitel hatte, sah man ihr
nun wirklich nicht an. Obwohl er nicht wusste, wie promovierte Zoologen sonst
aussahen. Schon im nächsten Augenblick beschimpfte er sich selbst: Du bist ja
nicht ganz dicht! Vor gar nicht so langer Zeit hast du sie noch Hundetante
genannt und wolltest ihr aus dem Weg gehen. Und jetzt, wo du erfahren hast,
dass sie einen Doktorgrad hat und aus einer jüdischen Familie stammt, willst du
auf einmal mit ihr zusammen sein? Weil du zum ersten Mal Tuchfühlung mit der
akademischen Oberschicht und fremden Bräuchen und Ritualen aufnimmst und weil
dir beides wahnsinnig interessant, ja fast exotisch vorkommt? Und wie du dir
immer den Kopf darüber zerbrichst, dass Marie nie was von früher erzählen will,
dass sie dir ständig ausweicht, wenn du sie nach ihrer Vergangenheit fragst. Du
geilst dich ja förmlich daran auf, dass sie ein Geheimnis umgibt. Findest du
das in Ordnung?
Verdammt! Jetzt hatte er aus Versehen ein paar
Bäume auf das Dach des Infozentrums geklebt statt vor den Eingang. Konzentrier
dich, Väterchen, dachte er, während er den Schaden behob. Dein Auftraggeber hat
heute um zwölf Uhr Abgabe. Wenn du nicht funktionierst, kann er seinen
Abschluss vergessen. Und du bekommst kein Geld.
Von da ab verbot er sich jeden weiteren
Gedanken an Marie, auch wenn es ihm schwerfiel.
Nachdem er das Modell fertiggestellt hatte,
schlug er es behutsam in einen Müllsack ein und stellte es im Flur ab. Und weil
er sich Besserung geschworen hatte, was die Ordnung in seinem Leben betraf,
räumte er danach noch seinen Schweinestall von Schlafzimmer auf. Komisch, im
Büro ging das immer wie von selbst. Da verstaute er seine Arbeitsmittel sofort,
damit er sie gleich parat liegen hatte, wenn er sie das nächste Mal brauchte.
Da räumte er auch seinen Müll weg. Das war wie Zähneputzen. Aber hier zu Hause
musste er sich erst dazu zwingen. An manchen Stücken hingen ja auch
Erinnerungen, und von denen trennte man sich nicht so leicht.
Gegen sieben Uhr verabschiedete er sich von
Frau Meyer und belud den Toyota mit dem Modell und drei weiteren Mülltüten, die
Nadine später entsorgen musste. Sie wollte den Wagen jetzt mit allen Rechten
und Pflichten übernehmen. Aber vorher sollte noch der Schaden am hinteren
Stoßfänger in Ordnung gebracht werden. Also würden Jonas und sie den Wagen
nachher in Bullis Werkstatt vorbeibringen.
Doch zunächst musste er in den Zeichensaal der
Uni fahren, um seinem Auftraggeber das Modell zu übergeben. Der war im
sogenannten Architower untergebracht, einem 12-stöckigen Gebäude, das traurige
Berühmtheit erlangt hatte, weil sich dort häufig lebensmüde Studenten vom Dach
stürzten. Meistens waren es Architekten und Physiker. Die wechselten sich, aus
was für Gründen auch immer, mit schöner Regelmäßigkeit ab.
Erwartungsgemäß war der Zeichensaal mit lauter
Zombies gefüllt. So war das immer in den letzten Tagen vor dem Abgabetermin. Da
schliefen die Absolventen nicht mehr und lebten nur noch von Koffeintabletten
und verbrauchter Luft. Auch Jonas’ Auftraggeber hatte Stielaugen und konnte
sich kaum noch daran erinnern, wer Jonas war und warum er zu dieser frühen
Morgenstunde hier antanzte, um ihm einen Müllsack zu überreichen. Aber dann
fiel es ihm wieder ein, und er nahm das Ding dankbar entgegen. Er hatte sogar
das Geld dabei. Anschließend bat er Jonas noch, seine Freundin ins Krankenhaus
zu fahren. Die sah fürchterlich aus, denn sie hatte gerade eine
Kreislaufattacke erlitten und war über ihrem Modell zusammengebrochen, sodass
es irreparabel beschädigt wurde.
Die Frau ließ sich widerstandslos abführen,
reiherte während der Fahrt allerdings den Ausschnitt ihres T-Shirts voll,
sodass Jonas zum Fensterleder greifen und es an ihren Busen pressen musste,
damit die Kotze nicht von da auf den Beifahrersitz tropfte. Daraufhin schubste
die Frau ihn mit einem Aufschrei zurück und bekam einen Weinkrampf, wie Jonas
ihn noch nie erlebt hatte. Er geriet fast in Panik. Was fiel seinem
Auftraggeber bloß ein, ihm diese suizidgefährdete
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