Die Zusammenkunft
jedoch für einen Augenblick geblendet – eine Mauer aus Gold stellte sich ihnen in den Weg, die Schilder der Feinde reflektierten die Sonne und strahlten so hell, wie es eigentlich nur die Sonne selbst konnte.
Dann ging alles sehr schnell, die beiden Fronten schoben sich aufeinander zu, Bögen wurden gespannt, sandten die tödlichen Pfeile in das gegnerische Lager. Schwerter wurden mit klirrendem Geräusch gezogen, Kampfgebrüll schwoll an und erfüllte die Luft. Wie oft er zuschlug, wie oft Blut in sein Gesicht spritzte, wie oft er sich die Lippen leckte, um es zu kosten, konnte er nicht sagen. Dann, mitten auf dem Schlachtfeld, wurde es plötzlich still, kein Geräusch, keine Bewegung mehr. Und plötzlich stand sie vor ihm, das lange Haar zu einem Zopf gebunden, die Augen durch eine Maske verdeckt. Das blaue, edelsteinbesetzte Wappen auf ihrer Brust leuchtete.
Es schien, als sähe sie ihm tief in die Augen, trotz ihrer Maske. Sie öffnete ihre Lippen: »Tod oder Verdammnis, ich hatte dich gewarnt!« Dann holte sie mit ihrem Schwert aus und traf ihn ungedeckt an der linken Seite. Der Schmerz brannte, er brüllte, und nur sein metallenes Schwerthalfter verhinderte, dass sein Körper in zwei Häl ften geteilt wurde. Sein Blick trübte sich hinter einer Wand aus Schmerz und Blut. Mit der rechten Hand stieß er zu, direkt in das blaue, mit Edelstein besetzte Wappen, direkt in das Herz, direkt in sie hinein.
Als sie ihm entgegenstürzte, glitt die goldene Maske von ihrem Gesicht. Sie fiel in ihr eigenes Schwert, das von seinem Körper abgerutscht war, und es bohrte sich durch ihre Hüfte. Er sah ihre Augen, sah das Licht, sah den Stern in ihnen. Sein Herz verkrampfte, dann hörte es für einen Augenblick auf zu schlagen. Er starrte in ihre Augen und hörte, wie das Wort »Verdammnis« aus ihrem sterbenden Mund strömte. Dann lächelte sie und die Sonne ging unter. Stille verdrängte alles andere.
Ein gewaltiger Schrei brach sich Bahn, fand den Weg aus seinem vor Entsetzen weit aufgerissenen Mund und übertönte selbst den plötzlich wieder vernehmbaren, o hrenbetäubenden Lärm des Schlachtfeldes.
***
Darken schnellte hoch. Er lag in seinem Bett, nass geschwitzt, schwer keuchend, wie jede Nacht. Er drehte sich um und versuchte sich zu beruhigen, um in den letzten zwei Stunden der Nacht Erholung zu finden. Sie kam stets nur ein Mal, das hatte er gelernt. Mit einem tiefen Seufzer stürzte er in seine Erschöpfung und schlief wieder ein.
E s war Dienstagmorgen, Sirona stand in der Küche, ließ den Kaffee durchlaufen und strich für sich und ihre Tochter die Brote. Eigentlich sollte sie vor dem Wochenende noch mindestens zweimal ins Fitnessstudio gehen, sonst würde ihr keines ihrer Kleider passen und jeder Anzug säße zu eng. Aber sie wusste, dass dies Wunschdenken war.
Früher, als sie noch nicht zehn Stunden am Tag arbeiten musste, hatte sie noch Zeit dafür gehabt. Sie hatte sich sogar Sixpacks antrainiert und jeden Mann im Regen stehen lassen, wenn es darum ging, wer die meisten Liegestütze hinbekam, egal wie viel Bier man intus hatte. Aber das war lange her. Heute war sie meistens nur noch müde und erschöpft. Sie war froh, dass ihre Mutter ihr den größten Teil des Haushaltes abnahm, denn wenn sie etwas hasste, dann war es Kochen, Bügeln und Putzen. Die Wochenenden waren meistens damit ausgefüllt, dass sie in ihrem eigenen kleinen Büro für ihre Mandanten freiberuflich arbeitete. Das verschaffte ihr wenigstens ein Gefühl von Unabhängigkeit. Unabhängig, tja, das war sie mal gewesen, heute war sie genauso Sklave der Arbeit wie jeder andere auch, auch wenn sie ihren neuen Job liebte.
Sirona hatte bereits mit achtzehn das Dorf der Eltern verlassen, als ihre Mutter die Spannung zwischen dem Vater und der Tochter nicht mehr ertragen konnte. Eigen tlich konnte sie ihrem Vater dankbar sein. Wenn er nicht unbedingt für das eigene Unternehmen eine billige Buchhalterin gesucht und den Steuerberater nicht mit gutem Essen bestochen hätte, hätte sie wahrscheinlich noch nicht einmal eine Berufsausbildung bekommen. Jedenfalls nicht mit ihrem versemmelten Realschulabschluss. Na ja, so war es nun mal, wenn man in seiner Freizeit lieber auf den Rücken eines Pferdes durch Wälder und über Hindernisse preschte, als am Schreibtisch zu sitzen und Hausaufgaben zu machen. Bis heute saß sie nur ungern am Schreibtisch.
Eigentlich konnte sie stolz darauf sein, was sie aus sich gemacht hatte. Als sie sich von Werner
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