Die Zusammenkunft
fasziniert.
»Du bist eine unabhängige Persönlichkeit durch das Selbst. Du bist tapfer, mutig und unheimlich stark. Du bist die vollendete Persönlichkeit, die herrscht und Macht hat. Du gibst dich hin, ohne dein Selbst zu verlieren.«
Manchmal schlug das Pendel so stark aus, dass sie sich zurückwarf und es durch die Luft schwirren ließ. Dann wurde sie wieder ruhiger und sagte: »Du bist ein Heiler im Hauptberuf und nur dein Nebenberuf ist es, seelischer Berater zu sein. Du trägst die Gewissheit in dir, immer ans Ziel zu kommen, und das Wissen, die zweite Seite des Ganzen zu sein, des Unvergänglichen und des Wieders ehens.«
Dann forderte sie Sirona auf, folgenden Satz aufz uschreiben: »Ich bin reiner Geist, reiner Geist bin ich, frei von allen Grenzen, sicher geheilt.« Dieser Satz war es, den Sirona immer in ihrem Herzen behalten wollte und den sie sich in Momenten aufrufen würde, wenn sie innerlich verzweifelte. »Ich bin reiner Geist, reiner Geist bin ich, frei von allen Grenzen, sicher geheilt.«
Vieles, was gesagt wurde, schrieb Sirona mit und konnte es sich erst bewusst machen, als sie zu Hause ihre Notizen sortierte und in Reinschrift übertrug. Vieles ergab erst jetzt einen Sinn.
Am beeindruckendsten war für Sirona jedoch die Phase gewesen, als Claire sie auf die Farbe Grün angesprochen hatte. Sirona hatte geantwortet: »Ich mag kein Grün, es ist einfach nicht meine Farbe, im Moment ist alles rot in mir.«
»Nein, ich frage nach Grün . Sieh die Pflanze mit den grünen Blättern, welches Grün ist für dich das schönste Grün?«
Sirona drehte den Kopf, betrachtete die grünen Blätter und meinte, dass das hellste Blatt der Pflanze sie am mei sten beeinflusse. Sie drehte sich zu Claire um und sagte: »Das helle, grüne, frische neue Blatt.«
Dann plötzlich entwickelte sich ein Bild vor Sironas Augen, und sie sprach alles aus, was sie sah: »Grün, Efeu, Friedhof, ein Grab, viel Efeu, mein Grab, ein Mann vor dem Grab, die Trauer, er zerbricht an meinem Tod, der Mann ist dunkel, er trägt einen langen schwarzen Mantel und einen hohen Zylinder. Er hat dunkle wellige Haare und seine Trauer ist schier unfassbar.«
Dann schaute sie Claire in die Augen und Claire lächelte. »Da haben wir doch unsere erste Rückführung.«
Sirona antwortete: »Ich habe mir den Mann anders vorgestellt. Das war nicht mein erster Tod. Der Mann und de r Tod, den ich im Kopf habe, gehören vor unsere Zeitrechnung– und dieser Mann hat mich getötet.«
Dazu hatte Claire geschwiegen.
Nach vier Stunden brach Claire die Sitzung plötzlich ab, sie war erschöpft und das war ihr auch anzusehen. Fast schon hatte Sirona ein schlechtes Gewissen, sie hatte nicht mitbekommen, dass bereits fast vier Stunden vergangen waren.
Claire sah auf ihren Daumen, auf dem sich eine kleine Blutblase geöffnet hatte. Sie sagte: »Schau meinen Finger an, das habe ich noch nie gehabt, ich habe mir mit dem Pendel den Daumen blutig gerieben.«
Sie versuchten noch ein Gespräch zu führen, aber irgendwie war die Luft raus. Sirona bat Claire um ihre Bankverbindung, da sie nur für eine Stunde Geld eingesteckt hatte, aber Claire lehnte ab. »Du warst mein Geschenk, ich habe diesen Tag genossen, diese Herausforderung. Gib mir das, was wir vereinbart haben.«
Sie gab Claire das Geld. »Ich möchte einen neuen Termin mit dir vereinbaren, aber dann möchte ich über diesen Mann in meinem Leben sprechen. Ich weiß, dass ich ihn kenne, ich weiß, dass er mich liebt, wie mich ke iner lieben kann, und dass er die zweite Hälfte von mir ist. Aber ich bin ihm in diesem Leben noch nicht begegnet. Ich möchte wissen, ob er mich finden wird oder ob ich ihm helfen kann, mich zu finden. Ich muss wissen, ob er es ist, den ich immer sehe.«
Claire nickte. »Dann werden wir uns das nächste Mal darauf vorbereiten und uns um diesen Mann kümmern.«
Als sie Sirona zur Tür brachte, drückte sie ihr noch eine Tafel Schokolade in die Hand, die Sirona dankend annahm, aber in der Handtasche verschwinden ließ, da sie weder Hunger noch Schwäche verspürte.
Beim Abschied bat Claire sie, sie doch bitte fest in den Arm zu schließen, was Sirona gern tat. Sie hielt sie einige Sekunden fest umschlungen. Dies war keine flüchtige Umarmung, wie es auch keine flüchtige Begegnung g ewesen war.
Sobald Sirona jedoch ihr Haus betrat, schienen sie alle Kräfte im Stich zu lassen. Sie schaffte es bis zum Bett, aus dem sie liebend gern nicht wieder aufgestanden wäre, hätte
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