Die Zusammenkunft
eingefahren war, als sie Paul … Taamin … ins Gesicht geschlagen hatte.
Sie erkannte an dem Geräusch hinter sich, dass Taamin sich zurückzog. Der Lakai hatte seinen Dienst getan und ging.
Der Mann dort oben stieg langsam die Treppe herunter und kam auf sie zu.
Ein Kribbeln durchzog Sironas rechten Arm, als ob Elektrizität durch ihn hindurch strömte, ganz dicht an der Schmerzgrenze, aber so stark, dass sie einen Schrei unterdrücken musste. Sie spannte den Arm an, konnte aber nicht verhindern, dass er plötzlich hoch in die Luft stieß und sich über ihren Kopf gegen den Himmel streckte. Ein stechender Schmerz fuhr wie ein Blitz durch ihren Arm bis in die Fingerspitzen. Sie hörte Glas splittern, Scherben prasselten auf sie hinab, als wenn jemand im oberen Stockwerk mit großer Kraft von innen eine Scheibe zerschlagen hatte. Der Mann hielt inne.
Sirona sah aus den Augenwinkeln etwas Leuchtendes auf sich zu fliegen. Es flog direkt auf ihre Hand zu, die nach dem Licht griff. Dann spürte ihre Hand glattes, warmes Metall, das schon immer zu ihr gehört hatte und schloss sich instinktiv fest darum.
Sirona sah auf ihre Hand, in der sie ein wunderschönes goldenes Schwert hielt, das, so schwer es auch aussah, in ihrer Hand federleicht war, mit einem Knauf aus gewu ndenen Schlangen, deren gemeinsames Auge aus einem tiefblauen, wundervoll leuchtenden Stein bestand. Dieses Schwert hatte sie schon einmal gesehen; es war kein Fremdkörper, es war ihr verlängerter Arm. Sie konnte die Luft spüren, die an der Spitze entlang surrte, als sie das Schwert über ihrem Kopf kreisen ließ, um Sehnen und Muskeln zu dehnen. Sie ließ das Schwert sinken.
Der schwarzhaarige Hüne wirkte überrascht und stieg die beiden Stufen rückwärts wieder nach oben. Sein Gang sah allerdings nicht nach Rückzug aus. Er sprach etwas in den leeren Raum durch die Tür hinter sich, ohne den Blick von ihr zu wenden.
Es war Sirona, die den Blick abwandte, um das Schwert näher zu betrachten. Es war ihr Schwert, es hatte schon immer ihr gehört. Es war das Schwert, mit dem sie damals versucht hatte ihn zu töten. Sie blickte hinter sich und sah Taamin im Schatten des Hauses stehen, etwa zehn Meter hinter ihr. Er wollte sie beschützen, ihm sollte sie vertrauen – sie lächelte böse zu ihm hinüber. Dann betrachtete sie wieder das Schwert, ließ es kreisen, warf es von einer Hand in die andere und lächelte: Egal was sie tat, es fiel immer wieder richtig in ihre Hand hinein, sie konnte gar nicht neben das Schwert greifen.
Sirona sah hoch zu dem Mann, der sie nicht eine S ekunde aus den Augen gelassen hatte. Ihr war klar, dass er ihr Lächeln bemerkt haben musste, das Lächeln der Macht, die sie in sich spürte.
Ein kleiner, schmächtiger Mann erschien in der Tür. Er sah liebenswert und gütig aus, in seinen Augen lagen Angst und Verzweiflung, als er sich zu seinem Herrn hinüberbeugte. Er trug etwas in seinen Armen. Der Mann griff danach und zog eine lange schwarze Klinge aus einem Futteral. Jetzt stand er breitbeinig oben über ihr und hielt ebenfalls ein Schwert, sein Schwert.
Die Waffe war ebenso dunkel wie er selbst, sie musste aus geschwärztem Stahl sein. Der Griff wurde g eschmückt durch einen rubinroten Stein, der jetzt ebenfalls leuchtete. Das Schwert wirkte in seiner Hand wie ein Spielzeug. Der Hüne bewegte es in der Luft wie eine Feder, elegant und leicht. Er lächelte kampfbereit.
Sirona schnappte den Blick des Dieners auf, der sie anzuflehen schien: »Bitte töte meinen Herrn nicht!«
Der Mann stützte sich mit einer Hand auf dem steinernen Treppenbogen ab, hechtete mit einem Satz über ihn hinweg und landete geschmeidig wie ein Panther auf dem Boden. Mit dem Sprung hatte er locker fünfzehn Meter in ihre Richtung überwunden.
Sirona spannte sich an und ging in Angriffsstellung. Ohne Warnung ließ er die Klinge durch die Luft sirren. Sirona parierte, drehte sich und holte ebenfalls zum Schlag aus, ohne jedoch wirklich treffen zu wollen. Es war, als ob zwei Raubtiere ihr Revier abstecken wollten. Aber beide waren klug genug, den Gegner nicht zu unte rschätzen.
»Du würdest mich gern töten, warum tust du es nicht?«, höhnte er. Sie hatte ihn schon so oft gesehen, aber noch nie sprechen gehört. Seine tiefe Stimme vibrie rte in ihr und verfing sich in ihrem Herzen.
Sie antwortete ebenso stolz und vollkommen furchtlos: »Du hast mich getötet, ich fordere Tribut.«
Er lachte leise, wobei er gleichmäßige weiße Zähne
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