Die Zusammenkunft
aah, hier riecht es schon nach fr ischem Kaffee.« Wie selbstverständlich drückte sie ihm ihren Pott in die Hand, und stellte eine neue Tasse in den Senseo-Automat.
»Rührei kommt sofort, alles andere steht schon auf dem Tisch«, sagte Omma und verließ den Raum. Dann hörte Sirona plötzlich das Telefon in Kims Zimmer läuten, gefolgt von raschem Getrampel und dem Zuschlagen einer Toilettentür.
»Omma, hast du gerade Kim aus dem Bett geschmi ssen?«
»Ja, immerhin seht ihr euch ja ein paar Tage nicht und Kim hat mich darum gebeten.« Omma ging zurück in die Küche. Sirona drehte sich um und wäre fast mit Paul z usammengestoßen, der immer noch hinter ihr stand und an seinem Kaffee nippte.
»Hoppla«, lächelte er und trat schnell einen Schritt z urück.
Sirona lachte verlegen. Dann sah sie ihn ernst an und sagte leise: »Danke, dass du die letzten Nächte bei mir warst.«
Er kam nicht dazu, etwas zu erwidern, denn Kim kam die Treppe herunter, eingewickelt in ihren dicken flauschigen, pinken Bademantel, der sie gleich doppelt so dick aussehen ließ wie sonst, aber dafür herrlich kuschelig war.
Paul war der Letzte, der sich an den Tisch setzte.
Kim versuchte Sirona noch ein paar Mitbringsel aus Rom aus den Rippen zu leiern. Eine Tasche und ein T-Shirt mit der Aufschrift »I Love Roma« wollte sie unbedingt haben. Inzwischen hatte sie welche aus Berlin, München, Hamburg und Sylt. Andere sammelten Postkarten, Kim eben Taschen und T-Shirts. Dann ärgerte sie Omma, indem sie ihr immer wieder den Frischkäse klaute und ihn nicht wieder zurück in die Mitte schob. Ein ganz normales Frühstück einer ganz normalen kleinen Familie, dachte Sirona. Alle waren ganz normal, außer sie selbst. Zurzeit hatte sie nichts Normales mehr anzubieten.
Endlich saß sie mit Paul i m Auto, er ließ den Wagen rückwärts die Auffahrt hinunterrollen. Omma und Kim standen in der Tür und winkten, bis sie um die Ecke bogen und die beiden aus ihrem Blickwinkel verschwanden.
Paul fuhr auf die Autobahn Richtung Kassel und Sir ona lehnte sich zurück. Sie steckte das Kabel ihres iPod in die Radioanlage und suchte ihr Lieblingsalbum, welches sie schon seit Jahren immer auf längeren Strecken hörte: ›Der Gladiator‹ von Hans Zimmer. Sie fragte nicht, ob es für Paul O. K. war, denn irgendwie wusste sie, dass nichts von dem, was sie tat, ihn hätte nerven oder gar verärgern können. Als die Musik begann, entspannte sie sich. Paul drehte die Lautstärke noch etwas höher.
Sie fragte: »Du magst Hans Zimmer?«
»Ja sehr gern, zu Hause habe ich noch ›Sakrileg‹ und ›The Rock‹, das ist Musik, zu der man seine Gedanken schweifen lassen kann.«
»Die beiden habe ich auch auf dem iPod. Wenn du willst, kann ich zwischendurch mal wechseln, du musst es einfach nur sagen. Ich finde, diese Musik kann nicht laut genug sein.«
Paul verstand das wohl als Aufforderung. Er drehte die Lautstärke noch mehr auf, man konnte fast den Eindruck haben, dass er derjenige war, der einem Gespräch aus dem Weg gehen wollte. Er fuhr sehr sicher und ruhig, obwohl ein Blick auf das Tacho ihr verriet, dass die Geschwindigkeit eher auf den Nürburgring als auf die Autobahn gehörte.
Sie drehte die Lautstärke herunter. »Warum fährst du so schnell, willst du ein Wettrennen gewinnen?«
»Fahre ich dir zu schnell, hast du Angst?«
»Nein, ich liebe schnelle Autos, wenn ich sie selber lenke. Bei jedem anderen hätte ich wohl schon Angs tschweiß auf der Stirn, aber bei dir fühle ich mich sicher.«
Plötzlich erschrak sie. In ihrer Unbefangenheit hatte sie ihm gesagt, dass sie sich beim ihm sicher fühlte. Sein Gesicht war plötzlich sehr ernst geworden, als ob er schweren Gedanken nachhing. Seine Augen lagen tief in seinem wunderschönen Gesicht und sie glaubte, dass sie dunkler waren als sonst. Er schien nicht das Bedürfnis zu haben zu reden. Er war angespannt, das war eindeutig.
»Habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragte sie.
»Nein, es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen, ich konzentriere mich bei der Geschwindigkeit nur lieber auf die Straße als auf meine hübsche Beifahrerin.«
Das war eindeutig ein Kompliment, aber es ließ Sirona instinktiv in Abwehr gehen. Offensichtlich wollte er jetzt nicht mehr mit ihr sprechen.
Sie startete ›The Rock‹ und ließ sich wieder in den Autositz sinken. ›Dann eben nicht‹, dachte sie, als sie die Augen schloss. Seine düstere Stimmung bezog sie nicht auf sich. In all den Jahren, als sie
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