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Die Zusammenkunft

Die Zusammenkunft

Titel: Die Zusammenkunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Bauers
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dann beugte sich der Fahrer tief zu Sirona hinunter, sah sie geradezu ehrfurchtsvoll an und öffnete ihr die Tür zum Fond des Wagens. Taamin nahm neben ihr Platz.
    »Angelo ist ein alter Freund, ich habe ihm gesagt, dass du meine Braut bist, die von mir erwartet, dass ich ihr Rom zu Füßen lege«, er grinste.
    Sirona schmunzelte. »Wohin fährt er uns?«
    »Zur Del Porta Angelica, sie liegt direkt am P etersplatz vor dem Vatikan.«
    Als sie ankamen, bedankte sich Taamin und sie liefen direkt auf den mächtigen Petersplatz zu, den Sirona aus dem Fernsehen viel kleiner in Erinnerung hatte. Er ging mit ihr in die Sixtinische Kapelle, zeigte ihr die Stanzen des Raffael und ›Die Erschaffung‹ von Michelangelo. Sie sah sich Adam genau an und überlegte, ob er Ähnlichkeit mit Darken aufwies. Nein, Adam sah lieb und friedfertig aus, Darken hingegen dunkel und gefährlich. Vor Michelangelos Pieta blieb sie lange stehen. Die Pieta wirkte so wunderschön, groß und traurig. Sirona kamen Worte in den Sinn wie gesucht und verloren . Die Pieta machte sie traurig. Taamin schien es zu bemerken und zog sie fort.
    Danach fuhr Angelo sie zu Berninis Obelisken auf der Piazza Navona. Sie fuhren durch das Forum Romanum, über die Via Sacra, die ›Heilige Straße‹, wo sie durch Taamins begeisterte Erzählungen zurückversetzt wurde in die Zeit, als hier die gewaltigen Triumphzüge durchfu hren. Zuletzt fuhr er mit ihr zum Palatin, dem berühmtesten der sieben Hügel, von dem sie noch einen abschließenden Blick im Sonnenuntergang auf das Forum Romanum, Neros Circus Maximus und die Via Sacra bekam.
    In einem Restaurant an der Piazza Di Spagna aßen sie Meeresfrüchte und Seezunge, tranken kühlen Weißwein und Taamin wurde nicht müde, Geschichten aus der Zeit der großen Kämpfe des Kolosseum zu erzählen. »Taamin, hast du diese Zeiten eigentlich noch miterlebt?«
    »Nein, leider nicht.« Er lachte. »Ich bin erst 1910 in Kanada geboren. Ich hatte bis jetzt keinen Schützling zu betreuen, der mich so viel Zeit gekostet hat, daher habe ich mich sehr viel mit Geschichte beschäftigt, und die Gladiatorenkämpfe gehörten schon immer zu meinen Lieblings themen.«
    Sirona lachte und nahm einen Schluck Wein. »Taamin, ich möchte zurück ins Hotel und mich hinlegen, bitte.«
    Jetzt war es Taamin, der lachte. »Kann es sein, dass ich dich heute geschafft habe?« Er hob die Hand, um dem Kellner zu signalisieren, dass er die Rechnung bringen solle.
    Am nächsten Tag liefen sie durch Nebenstraßen und hielten Ausschau nach Geschenken und Handtaschen mit der Aufschrift »I Love Roma« . Sirona kaufte für ihre Mutter ein schönes Seidentuch und eine kleine Abendtasche, für Lora eine große Handtasche für den täglichen Gebrauch, für Stella eine Kette.
    Als sie am Kolosseum ankamen, verließen gerade die letzten Besucher das Gelände und kurz darauf standen sie allein vor dem großen Eingangstor. Ein kleiner, bereits ergrauter Herr kam auf sie zu und bat sie einzutreten; Taamin bedankte sich und der Mann zog sich zurück.
    Als sie die Arena betraten, beschlich Sirona ein merkwürdiges Gefühl. Es begann in den Füßen und Beinen. Sie ging jedoch tapfer weiter bis in die Mitte, denn von dort aus konnte sie am besten in die Ränge hinaufschauen.
    Sirona hob den Kopf und drehte sich einmal um ihre eigene Achse, um das Gefühl nachzuempfinden, das ein Gladiator gehabt haben musste, der hier gestanden hatte. Plötzlich hörte sie Applaus, der leise begann und allmählich anschwoll. Sie hörte Trommeln, das Klatschen und das Schreien des Publikums.
    Unwillkürlich hielt sie sich die Ohren zu. Der Lärm wurde immer lauter, die Schreie emphatischer, das G ebrüll der Menschen dröhnte in ihrem Kopf. Dann spürte Sirona, wie ihr ein Schmerz durch den Bauch und durch die Schulter fuhr, ein Bein knickte unter ihr weg. Sie schien zur Seite zu kippen, hielt sich gerade noch aufrecht, schmeckte Blut, rang nach Luft.
    Krampfhaft versuchte sie zu atmen, es stach in den Lungen, und sie fühlte, wie sie sich nicht mit Luft, so ndern mit Blut füllten. Ihr wurde schlecht. Sie konnte sich nicht gleichzeitig die Ohren zuhalten und die Hände auf die Brust pressen, um sich gegen die entsetzlichen Schmerzen zu wehren.
    D ie Schreie waren nun Todesschreie, sie kamen von überall her, sie waren in ihr und schwollen mehr und mehr an. Sie schrie mit. Sie schmeckte mehr Blut, sah Dunkelheit auf sich zurasen, sah blutverschmierte Gesichter und tote Augen. Überall

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