Die Zwanziger Jahre (German Edition)
ergeben haben, dafür entscheiden musste. Zugleich war aber auch klar, dass ich das Amt des DFB -Präsidenten vor dem Ende meiner Amtszeit im Oktober 2013 aufgeben musste. Meine Aufgaben in Fifa , Uefa und DFB konnte ich unmöglich alle gleichzeitig bewältigen.
Nach meinem ersten Jahr im Fifa -Exekutivkomitee und den bisherigen Ergebnissen des Reformprozesses kann ich feststellen: Es war richtig, auf Sepp Blatter und seinen Reformwillen zu setzen. Bisher hat er Wort gehalten. Viele haben mich gewarnt, dem kannst du nichts glauben. Ich habe bis heute in allen Gesprächen, die ich mit ihm geführt habe, immer ein Ergebnis erzielt, mit dem ich weiterarbeiten konnte. Natürlich hat dieser Prozess gerade erst begonnen und die Resultate werden die Maximalforderungen der Radikalkritiker nicht erfüllen, aber ich will begründen, warum unsere Bemühungen bisher effektiv waren.
Das Fifa -Exekutivkomitee beschloss im Oktober2011 , eine unabhängige Kommission für »Good Governance«, also eine »gute Verbandsführung«, einzusetzen. Kritische Beobachter zogen indes nach wie vor den Reformwillen des Fifa -Präsidenten Sepp Blatter in Zweifel. Dazu mag beigetragen haben, dass Sepp Blatter als einen Kandidaten für die unabhängige »Good-Governance«-Kommission ausgerechnet Startenor Placido Domingo vorschlug. Ich denke, er hat diese Bemerkung scherzhaft gemeint. Jedenfalls hat er damit die kritischen Geister alles andere als besänftigt. Vorsitzender dieser Kommission wurde schließlich der renommierte Schweizer Strafrechtsprofessor Mark Pieth, ein unabhängiger und honoriger Fachmann und ein renommierter Kämpfer gegen Korruption. Er war bei den Vereinten Nationen an der Aufklärung des Korruptionsskandals um das Programm »Öl für Lebensmittel« beteiligt. Dabei hatten Firmen aus aller Welt über viele Jahre die Wirtschaftssanktionen gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein unterlaufen. Heute leitet er die Arbeitsgruppe gegen Korruption in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD .
Bei der Fifa leitet Pieth nun eine Riesengruppe mit internationalen Experten; bei meiner Anhörung vor der Kommission waren fast zwanzig Leute anwesend. Es ist eine Herkulesaufgabe, so viele exponierte Fachleute zu einem gemeinsamen Ergebnis zu führen. Ich habe wenig Verständnis für die Haltung der Organisation Transparency International, die sich der Korruptionsbekämpfung verschrieben hat und eingeladen war, bei der Reform der Fifa -Strukturen mitzuarbeiten. Ihre Vertreter haben abgesagt, vielleicht weil ihre Forderung nicht erfüllt wurde, Pieth dürfe nicht von der Fifa bezahlt werden. Wichtig ist doch nur, dass Pieth seinen Job gut macht und der Fifa eine nachhaltige und grundlegende Reform verpasst.
Über Transparency International und dessen Vorstandsmitglied Sylvia Schenk, mit der ich in ihrer Zeit als Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer ( BDR ) gut zusammengearbeitet habe, habe ich mich ziemlich geärgert. Ihre Kritik an der Arbeit der Ethik-Kommission und an Pieth habe ich nicht verstanden. Auch unter Korruptionsbekämpfern gibt es offenbar Neid und Missgunst. Was Frau Schenk allerdings gemeint hat, als sie sagte, der DFB -Präsident solle erst mal vor seiner eigenen Haustür kehren, weiß ich nicht. Was soll ich bitte wegkehren? Diese Anmerkung nehme ich ihr wirklich übel, es sei denn, sie gibt mir bald die notwendigen Hinweise.
Daneben wurden weitere Kommissionen gebildet, unter anderem die »Task Force Statutenrevision«, als deren Vorsitzender ich die Arbeit der verschiedenen Gruppen bündeln und in enger Abstimmung mit Mark Pieth die Reform in Gang bringen sollte. Unsere Aufgabe war es nicht, die Integrität der Fifa -Mitglieder zu prüfen, sondern herauszufinden, inwieweit die Strukturen und Statuten der Fifa ein Fehlverhalten begünstigten.
Und da wurde ich schnell fündig. Zwei grundsätzliche Schwächen wies das Regelwerk auf. Zum einen war die bisherige Ethik-Kommission ermittelnde und Recht sprechende Behörde in einem, was dem westlichen Rechtsverständnis grundsätzlich widerspricht. Und als Zweites enthielt das Ethik-Reglement, das sich die Fifa 2006 unter großem öffentlichen Getöse verordnet hatte, einen kleinen Passus, der all die wohlklingenden Worte über die Sauberkeit und Unbestechlichkeit der Funktionäre zur Makulatur machte. Unter Ziffer 14 hieß es: »Offizielle müssen Vorkommnisse, die einen Verstoß gegen die Verhaltensweisen dieses Reglements
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