Die Zwanziger Jahre (German Edition)
Münzprogramm finanziert wurden. Das Finanzministerium ließ vier Sondermünzen im Wert von jeweils zehn Euro sowie eine 100 Euro teure Goldmünze prägen, die sich weltweit sehr gut verkauften. Die Politiker im WM -Aufsichtsrat schlugen vor, uns, also dem OK , dieses Geld direkt zur Verfügung zu stellen.
Doch ich war dagegen: Nur über meine Leiche, sagte ich, ich will den Rechnungshof hier nicht sehen. Also gründeten wir die gemeinnützige »Nationale DFB Kulturstiftung WM 2006« , für die der DFB eine Million Euro an Kapital zur Verfügung stellte. Die Zuwendungen kamen nicht vom DFB , sondern vom Kuratorium der Stiftung, in dem unter Vorsitz von Göttrik Wewer alle Fraktionen des Bundestags vertreten waren. So wurden alle Entscheidungen von der Politik getroffen. Nach der WM gab es um die Stiftung langwierige Auseinandersetzungen mit dem Rechnungshof, der die Vergabe der öffentlichen Aufträge beanstandete. Es hat fast vier Jahre gedauert, bis das alles aufbereitet war. Wenn wir vom DFB diese ganzen Entscheidungen getroffen hätten, hätten die Politiker mit dem Finger auf uns gezeigt. So mussten sie auf sich selbst zeigen. Das Kulturprogramm war trotzdem eine gute Sache, aber der Rechnungshof ist für solche Dinge einfach nicht geeignet.
Verantwortlich für das Kulturprogramm war der österreichische Multimedia-Künstler André Heller, um den es im Vorfeld auch einige Diskussionen und Schlagzeilen gab. Ich habe Heller als angenehmen Gesprächspartner kennengelernt. Es waren wohl eher seine Berater, die für die wirtschaftlichen Dinge zuständig waren, mit denen es rund um die Vertragsgestaltung schwierige Verhandlungen gab. Viele Ideen und Projekte zum Kulturprogramm rund um die WM kamen auf, manche wurden wieder verworfen.
So hieß es plötzlich, lasst uns doch mit einem Flugzeug in Paris am Eiffelturm landen. Ich erhob Einspruch: Da sind wir vor mehr als sechzig Jahren schon einmal gelandet, da bleiben wir jetzt weg. Die beste Idee war der WM -Globus, der in den Austragungsstädten gastierte und ein buntes Kulturprogramm rund um den Fußball bot. Nicht unerwartet kam es auch hier zu urheberrechtlichen Streitigkeiten; zwei Künstler behaupteten, sie hätten diesen Fußball als Weltkugel erfunden und hätten sich das urheberrechtlich schützen lassen, Heller habe die Idee geklaut. Die Sache verlief im Sande; es gibt eben viele, die sich an solch einer Sache profilieren wollen und denken, sie könnten mitverdienen. Die Besucherzahlen im Globus waren hoch, den Skeptikern zum Trotz, die darauf beharrten, dass derlei Dinge nicht zu unserem Kerngeschäft gehörten. Immerhin hat das Engagement die Kulturschaffenden näher an den Fußball herangebracht, und auch der Fußball hat davon profitiert.
Nach der WM haben wir die Stiftung liquidiert und eine neue Kulturstiftung gegründet, die jährlich 300 000 Euro zur Verfügung hat. Vorsitzender des Kuratoriums ist Göttrik Wewer, und wir haben viele Prominente dafür gewinnen können, von Romani Rose, dem Vorstandsvorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, über Kulturstaatsminister Bernd Neumann, den früheren WDR -Intendanten Fritz Pleitgen und die Grünen-Politikerin Claudia Roth bis zu den Schriftstellern Moritz Rinke und Albert Ostermaier, die in der Autoren-Nationalmannschaft Fußball spielen. Auch mein Freund Karl Schmidt, früherer Nationalspieler aus Kaiserslautern und mein Vorgänger als DFB -Schatzmeister, hat sich in der Kulturstiftung verdient gemacht.
Kurz vor Beginn des Confederation Cups feierte ich meinen sechzigsten Geburtstag. Beim DFB war es üblich, dass die Spitzenfunktionäre bei einem runden Geburtstag mit einem Empfang geehrt wurden. Ich habe dies für mich abgelehnt, hatte aber das Glück, dass der Tag quasi mit dem Länderspiel gegen Russland, ausgerechnet in Mönchengladbach, zusammenfiel. Deshalb haben wir bei diesem Länderspiel im kleineren Kreis mit einem Glas auf mein neues Lebensjahr angestoßen. Es war ein besonderer Tag, weil vier Persönlichkeiten zugegen waren, denen ich viel zu verdanken habe und für deren Respekt und Sympathie ich besonders dankbar bin.
Da waren zunächst Franz Beckenbauer und Günter Netzer, meine beiden großen sportlichen Vorbilder, die sich ein herrliches Duell am Mikrofon lieferten und unter der glänzenden Moderation von Wolfgang Niersbach die tollsten Geschichten über den Anti-Fußballer Theo Zwanziger erzählten und sich ihrer wechselseitigen Wert- oder Nichtwertschätzung
Weitere Kostenlose Bücher