Die Zwanziger Jahre (German Edition)
auftauche. Dann heißt es nur, sie läuft dem Schröder nach. Aber vielleicht kommt ja mal eine andere Zeit.« Wir beide ahnten zu diesem Zeitpunkt nicht, wie nah diese andere Zeit schon war. Angela Merkel ist mein großes politisches Vorbild nach Helmut Kohl geworden. Ich bewundere diese Frau aufgrund ihrer Kompetenz, ihrer Kraft, ihrer Ausstrahlung, ihrer Zuverlässigkeit und Loyalität und bin sehr stolz, dass sie in diesen Jahren Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland ist.
Anlässlich des Confed-Cups beim Spiel um Platz drei, das die deutsche Nationalmannschaft in Leipzig gegen Mexiko mit 4:3 nach Verlängerung gewann, bekamen wir Besuch vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Bei dieser Gelegenheit bot Schröder mir das Du an – der »Sozi« Gerhard Schröder und Theo Zwanziger, wer hätte das für möglich gehalten! Uns verband der Fußball über die Parteigrenzen hinweg. In einem war ich Gerhard Schröder sogar voraus. Beim Bundestag 2000 in Leipzig hatte er in einer Art Liebeserklärung an den Fußball auch die Aufstellung der deutschen Weltmeistermannschaft von 1954 zum Besten gegeben. Ich konnte ihm bei diesem Brüderschaftsarrangement dann mitteilen, dass ich auch alle ungarischen Nationalspieler kannte. Gerhard Schröder und ich wurden Freunde, wir haben ihn und Otto Schily zu Ehrenmitgliedern des DFB ernannt. Erneut bestätigte sich für mich, was ich 1981 bei meiner Wahl zum CDU -Kreisvorsitzenden und Vereinsvorsitzenden in Altendiez erlebt hatte: Fußball verbindet Menschen unterschiedlichster Anschauung. Wir dürfen keine parteipolitischen Grenzen errichten, die gehören da nicht hin. Die Fußballfreundschaft ist viel tiefer und im Ergebnis viel wirkungsvoller.
Die Neuwahlen und der Regierungswechsel im September 2005 kamen für uns alle überraschend und machten uns zunächst auch einige Sorgen. Schließlich waren es nur noch neun Monate bis zum WM -Start. Doch die neuen Mehrheitsverhältnisse konnten an unserer komfortablen Situation, was die WM -Vorbereitung anging, nichts ändern. Wir genossen das Vertrauen von Regierung und Opposition gleichermaßen, denn der DFB ist mehr als Parteipolitik. Natürlich fiel uns der Abschied von fairen und verlässlichen Partnern wie Gerhard Schröder und Otto Schily, besonders auch von Göttrik Wewer, nicht leicht.
Wir wussten aber auch, dass es mit Angela Merkel und mit dem neuen Innenminister Wolfgang Schäuble sehr gut weitergehen würde. Die Kanzlerin machte bei einem außerordentlichen Bundestag im Rahmen der Endrundenauslosung in Leipzig auch gleich deutlich, dass ihre Regierung all das, was ihre Vorgänger auf den Weg gebracht hatten, nahtlos und überzeugt fortsetzen wollte, und sie gab uns bei dieser Gelegenheit gleich einen neuen Auftrag: »Bewerbt euch um die Frauen- WM 2011.« Das kam für uns alle recht überraschend, denn wir waren ja noch mit voller Kraft dabei, die Männer- WM 2006 vorzubereiten. Aber Politiker wie Angela Merkel denken halt über den Tag hinaus. Heute wissen wir, dass ihr Wunsch in Erfüllung gehen konnte.
Auch Wolfgang Schäuble, ohne Allüren, ohne Wichtigtuerei, immer nur der Sacharbeit verschrieben, half uns sehr. Er übernahm von Otto Schily den Vorsitz im Aufsichtsrat, und man hatte das Gefühl, eigentlich hat sich ja gar nichts verändert. Durch die große Koalition war die SPD ja nach wie vor an der Regierung beteiligt, und wir fanden auch im neuen Außenminister Frank-Walter Steinmeier einen hilfsbereiten Freund des Fußballs.
Drei Verlierer
Zu den Aufgaben des Organisationskomitees gehörte auch die Festlegung der Stadien, in denen die WM -Spiele ausgetragen werden sollten. Wir hatten sechzehn Bewerbungen, wovon die aus Leverkusen zurückgezogen wurde, nachdem wir die Zusage machten, dass die deutsche Nationalmannschaft während der WM in Bergisch-Gladbach wohnen und im Bayer-Stadion trainieren würde. Warum wir dieses Versprechen später brechen mussten, wird später zu berichten sein.
Ursprünglich hatten wir geplant, die 64 WM -Spiele in zehn Stadien auszutragen, erhöhten dann aber auf zwölf. Der umfangreiche Spielplan gab das her, und wir mussten weniger Standorte – sprich Städte und ihre Vereine – enttäuschen. Trotzdem gab es am Ende drei »Verlierer«, die sich vergebens Hoffnungen gemacht hatten. Bremen wäre nach Hamburg und Hannover die dritte WM -Stadt in Norddeutschland gewesen und musste deshalb ausscheiden, die Düsseldorfer Bewerbung scheiterte an der Stadiondichte im Westen, wo
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