Die Zwanziger Jahre (German Edition)
Personaldienstleister mit der Rekrutierung der Volunteers beauftragen und hatte die Verhandlungen schon fast abgeschlossen, als ich ins Boot kam. Mit Horst R. Schmidt war ich mir schnell einig: Das können wir als DFB doch selbst mit unseren vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern. Hinzu kam, dass der Personaldienstleister für diese Aufgabe Steffi Schulte, eine unserer besten Mitarbeiterinnen, abwerben wollte. Das haben wir verhindert und das Volunteer-Programm selbst in die Hand genommen. Wir rechneten uns aus, dass wir ungefähr 15 000 Freiwillige brauchen würden.
Über die Verbände und im Internet suchten wir die Helfer und unterzogen sie einem gründlichen Prüfverfahren. Da hat Steffi Schulte, wie erwartet, großartige Arbeit geleistet. Wir waren begeistert über das Echo, mehr als 50 000 Freiwillige bewarben sich, viele opferten ihren Jahresurlaub für dieses Ehrenamt. Menschen jeden Alters, jeder Hautfarbe und Nationalität, Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung, Arbeiter, Angestellte, Banker, Intellektuelle, Akademiker. Und auch sehr viele Frauen. Alle wollten bei diesem Großereignis dabei sein, obwohl keiner von ihnen damit rechnen konnte, ein WM -Spiel zu sehen. Darum ging es ihnen aber auch nicht, und auch nicht um die Frage, was bekomme ich dafür.
Geld erwarteten die Freiwilligen nicht, aber eine Form der Anerkennung, die nach Möglichkeit sichtbar und exklusiv ist. Die Leute wollen etwas haben, was man nicht im Laden kaufen kann und was bei anderen ein bisschen Neid erweckt, womit man zeigen kann: Seht her, ich war dabei. Wir schenkten ihnen zum Dank für ihr Engagement eine eigens entworfene Uhr, die man auf den Schreibtisch stellen kann und in deren Deckel eine Widmung von Franz Beckenbauer eingraviert ist.
Nach dem Auswahlverfahren wurden die Volunteers gründlich ausgebildet und mit ihren Aufgaben vertraut gemacht. Ab und zu setzte ich mich in eine dieser Veranstaltungen hinein und hörte zu. Die Begeisterung dieser freiwilligen Helfer hat auch bei mir neue Motivation geweckt, dass es um das Ehrenamt so schlecht nicht stehen kann, wenn man es richtig anpackt. Das Projekt muss stimmen, das Wissen und das Können müssen vorhanden sein oder in geeigneter Form vermittelt werden, und sie müssen eine Anerkennung empfangen, die etwas mehr umfasst als die üblichen Politikerreden. Wenn diese drei Faktoren perfekt miteinander verbunden werden, haben wir ein Muster, wie das Ehrenamt funktionieren kann, auch in kleineren Projekten.
Ich habe die Auswahl und die Ausbildung der Volunteers anfangs sehr konzentriert beobachtet. Denn bei allem Vertrauen konnte ich es mir nicht leisten, auf Kontrolle zu verzichten. Was wäre geschehen, wenn dieses Projekt in die Hose gegangen wäre? Aber nach wenigen Monaten war deutlich, dass unser Team den Laden im Griff hatte. Professor Walfried König von der Sporthochschule Köln als Projektbeauftragter sowie Steffi Schulte und Frithjof Kraemer, der später Geschäftsführer bei Alemannia Aachen wurde, als zuständige Referenten für die Ausbildung und den Einsatz der Volunteers – die machten richtig gute Arbeit. Deutlich wurde das spätestens, als wir ein Jahr vor der WM den Confederations Cup mit acht Mannschaften in vier Stadien ausrichteten und bei diesem Probelauf, natürlich mit deutlich weniger Volunteers, kleinere Schwachstellen ausmerzen konnten.
So hatte ich im OK neben den eher trockenen Metiers wie Recht und Finanzen mit den Volunteers auch ein Aufgabenfeld zu beackern, das mir viel Spaß machte und auch ein wenig Raum für Kreativität ließ. Im Übrigen haben wir im Zusammenhang mit dem Volunteer-Programm nach der WM überhaupt keine Prozesse um Arbeitsverträge oder Ähnliches führen müssen, obwohl wir ansonsten wegen Fragen des Datenschutzes oder der Exklusivität von Logos und Marketing häufig vor Gericht zogen. Das spricht für das Projekt – die Teilnehmer sagten sich wohl, das war so eine tolle Sache, da kann ich jetzt nicht anfangen, wegen Kleinigkeiten zu prozessieren.
Das Kulturprogramm
Zur WM 2006 gehörte auch ein ambitioniertes Kulturprogramm. Dafür wie für die Gästebetreuung war Fedor Radmann zuständig. Er knüpfte die Kontakte, bereitete die Projekte vor und stimmte sich dann mit mir ab, weil ich die operative Verantwortung trug. Die Bundesregierung, vertreten vor allem durch Innenminister Otto Schily und seinen Staatssekretär Göttrik Wewer, stellte für das Kulturprogramm rund 30 Millionen Euro bereit, die durch das
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