Die Zwanziger Jahre (German Edition)
und seine jahrzehntelange äußerst pflichtbewusste Arbeit sähe der DFB ganz anders aus – und gewiss nicht besser. Horst R. Schmidt wurde von Hermann Neuberger bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München entdeckt und für die Organisation der Fußballweltmeisterschaft 1974 in Deutschland gewonnen. Pflichtbewusst, fleißig, mit großen organisatorischen Talenten ausgestattet, so arbeitete er sich in der Hierarchie der DFB -Verwaltung hinauf bis zum Generalsekretär.
Ich habe ihn Ende der Achtzigerjahre kennen- und schätzen gelernt. Dieser Mensch denkt nicht in Karrierestufen, ganz im Gegenteil, er nimmt die große Arbeitslast, die ihm seine Präsidenten aufbürden, als Chance und Herausforderung an. Öffentlichkeit war ihm nie wichtig, die Hauptsache ist für ihn, das Fundament des DFB im Interesse der 26 000 Vereine zu stärken. Horst R. Schmidt ist ein gebildeter Mann, der zuhören kann und versucht, jedem gerecht zu werden. Er vertraut den Menschen, kann aber auch kontrollieren und scheut sich auch vor harten Entscheidungen nicht. Ich habe ihn mal geneckt: »Horst, wenn du nicht diese merkwürdigen Hobbys wie Angeln und Golfspielen hättest, dann wärst du ein perfekter Mensch.« Aber diese kleinen Sünden seien ihm verziehen. In seinen arbeitsreichen Berufsjahren hat er ohnehin nicht viel Zeit auf dem Golfplatz oder am Angelweiher verbringen können.
Ohne Horst R. Schmidt hätte es die WM in Deutschland nicht gegeben. In der schwierigen Phase nach der Wahl Sepp Blatters zum Fifa -Präsidenten 1998 hat er durch sein Ansehen beim Weltverband und eine exzellente Bewerbungsschrift die Chancen der Deutschen am Leben gehalten. Egidius Braun, Franz Beckenbauer, Horst R. Schmidt, aus diesem Trio hätte man keinen herausbrechen dürfen, sonst hätte die WM 2006 in Südafrika stattgefunden.
Dritter im Bunde des WM - OK 2006 war Wolfgang Niersbach, unser Kommunikationsgenie, der sich mit all seinen Fähigkeiten einbrachte, die er vor seiner Zeit beim DFB im journalistischen Bereich und danach im Verband bei vielen Turnieren in den Neunzigerjahren erworben hatte. Er erwies sich als stets ideenreich und kreativ. Heute ist er mein Nachfolger, dem ich Glück und Erfolg wünsche.
Mit diesen Leuten durfte ich jetzt zusammenarbeiten und meine juristischen Kenntnisse sowie meine Erfahrungen aus der Finanzverwaltung und der Personalführung einbringen. Natürlich war das ein Fulltime-Job, mit dem ich aber nicht reich geworden bin. Denn wegen meiner ehrenamtlichen Anbindung erhielt ich nur ein Zweidrittel-Gehalt, von dem ich auch noch die Entschädigung für die Kanzlei, die ich so plötzlich verlassen hatte, bezahlen musste. Aber hätte ich den Posten im OK wegen des Geldes angenommen, wäre ich ohnehin eine Fehlbesetzung gewesen.
Als Finanzfachmann war ich verantwortlich für den gesamten Haushaltsplan der WM 2006. Dazu muss man wissen, dass es bei meinem Amtsantritt 2003 nicht mehr gab als ein paar Eckdaten. Auf der Basis der Erfahrungen, die die Franzosen bei ihrer WM 1998 gemacht hatten, rechneten wir hoch, dass wir 400 Millionen Euro brauchen würden, um mit einer schwarzen Null aus dem Turnier herauszukommen. So viel würde der Eintrittskartenverkauf allein nicht einbringen. Also machten wir uns auf die Suche nach Sponsoren. Sechs nationale Förderer mussten wir finden, von denen jeder mit 25 Millionen Euro dabei war.
Die Suche war schwierig, nicht weil es an interessierten Unternehmen gemangelt hätte. Aber die Exklusivitäts-Vorschriften der Fifa waren sehr streng; wenn einer unserer Partner mit einem der offiziellen Fifa -Sponsoren in Konkurrenz stand, durften wir den nicht nehmen. Das betraf zum Beispiel das Unternehmen Müller-Milch, das, man mag es kaum glauben, in irgendeiner Nische Berührungspunkte mit dem Fifa -Sponsor Coca-Cola hatte. Diese Verhandlungen führte Wolfgang Niersbach, am Ende war ich für die Vertragsgestaltung zuständig. Wir verhandelten auch hartnäckig mit der Fifa , bis uns der Weltverband einen Zuschuss von 170 Millionen Euro zusagte, der uns um einiges ruhiger schlafen ließ.
Die Volunteers
Meine schönste Aufgabe im WM - OK war die Betreuung des Volunteer-Programms. Es ist bei großen Sportveranstaltungen seit vielen Jahren gute Sitte, dass ein Heer von freiwilligen Helfern, die sogenannten Volunteers, an allen Stellen hilft, sei es als Parkwächter, als Dolmetscher, als Chauffeur oder als VIP -Betreuer. Fedor Radmann wollte für eine erkleckliche Summe einen externen
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