Die Zwanziger Jahre (German Edition)
Bundestrainer nicht böse gewesen wäre, wenn Ballack von sich aus gesagt hätte: Das war’s.
Der neue DFB -Präsident Wolfgang Niersbach hat mehrere Versuche unternommen, Michael Ballack mit dem Verband und dem Bundestrainer zu versöhnen. Bisher ist das angestrebte klärende Gespräch noch nicht zustande gekommen. Doch wie ich meinen Nachfolger kenne, wird er nicht ruhen, bis er diesen Zwist endgültig aus der Welt geschafft hat.
Die WM 2010 sollte eigentlich der Abschluss meiner Funktionärslaufbahn sein. Im Oktober wollte ich beim Bundestag in Essen meinen Abschied verkünden. Von der Nationalmannschaft hatte ich mich bereits in Südafrika verabschiedet und mitgeteilt, dass ich nicht mehr als Delegationsleiter zur Verfügung stehe – zur Überraschung der Spieler und des Bundestrainers. Generalsekretär Wolfgang Niersbach und Schatzmeister Horst R. Schmidt habe ich in den letzten Tagen der WM auf den in Kürze eintreffenden Brief und seinen Inhalt vorbereitet. Sie machten beide einen ziemlich überraschten Eindruck. Sofort brachten sie die Frage nach meinem Nachfolger auf. Ich sagte leichthin: Einer von euch beiden kann das doch machen. Ich war entschlossen, mein Vorhaben wahr zu machen, und freute mich auf die Zeit danach.
Dass es anders gekommen ist, hatte mehrere Gründe. Schmidt und Niersbach hatten mit ihren Bedenken natürlich recht. Zwischen meinem Entschluss zum Rücktritt und dem Bundestag war auch angesichts der WM -Verpflichtungen die Zeit zu kurz, um eine vernünftige Nachfolgeregelung treffen zu können. Niersbach und Schmidt, die aus meiner Sicht beide als Nachfolger infrage gekommen wären, signalisierten mir frühzeitig, dass sie nicht wollten – aus verständlichen Gründen. Horst R. Schmidt wäre zum Zeitpunkt der Wahl fast 69 Jahre alt gewesen und hätte das Amt höchstens noch drei Jahre ausüben können. Wolfgang Niersbach war hauptamtlicher Geschäftsführer mit einem stattlichen Gehalt und konnte eigentlich kein Interesse am Ehrenamt haben. Ich sah es jedoch als meine Verpflichtung an, ein bestelltes Feld zu hinterlassen.
Aber es gab noch einen anderen Grund. Am 18. Juli, eine Woche nach dem Ende der WM , war ich Gast beim Verbandstag des Fußballverbandes Rheinland in Altenkirchen. Ich sprach dort ein paar Worte, von einer starken Erkältung beeinträchtigt, und hatte keine Ahnung, dass meine Freunde mich dort zum Ehrenpräsidenten ernennen wollten. Ich sprach vor den Delegierten meines Heimatverbands ganz offen von meiner »Sehnsucht nach dem Privaten« und bestätigte anschließend in einem Interview mit der »Rhein-Zeitung«, dass ich amtsmüde war und eine erneute Kandidatur im Oktober auf dem Bundestag völlig offen sei. Plötzlich klingelte mein Handy. Joachim Löw war dran und teilte mir mit, dass er jetzt bereit sei, seinen Vertrag zu verlängern und dass dies sehr schnell gehen könnte. Er wolle auch, und das freute mich besonders, gern weiter mit mir zusammenarbeiten.
Ich habe noch einmal mit meiner Frau und meinen Kindern gesprochen. Die Frauen- WM 2011 im eigenen Land, auf die ich mich so sehr freute, noch als Präsident erleben zu dürfen, war der dritte und letztlich ausschlaggebende Grund, vom innerlich bereits vollzogenen Rücktritt noch einmal zurückzutreten. Ende Juli informierte ich die Öffentlichkeit, dass ich bereit war für eine weitere Amtszeit. Ich bezweifle bis heute, ob ich damals die richtige Entscheidung getroffen habe.
Wenn es Unstimmigkeiten im Umfeld der Nationalmannschaft gab, dann hatte einer besonders zu leiden: Harald Stenger. Gerhard Mayer-Vorfelder hatte den früheren Fußballchef der »Frankfurter Rundschau« 2001 in der Nachfolge von Wolfgang Niersbach als Mediendirektor mit der besonderen Zuständigkeit für die Printmedien zum DFB geholt. Harald Stenger hat große Stärken. Er war ein angesehener Journalist, ist von daher in der gesamten Medienwelt ausgezeichnet vernetzt, loyal und ungeheuer fleißig. Er hört sozusagen das Gras wachsen, was manchmal auch dazu führen kann, dass er einem ein bisschen auf die Nerven geht. Aber Leute wie Harald Stenger braucht ein Verband. Ich habe in all den Jahren ausgezeichnet mit ihm zusammengearbeitet und seinen Arbeitsvertrag, der nach der WM 2006 ausgelaufen wäre, um weitere drei Jahre verlängert. 2009 dann drängte Wolfgang Niersbach auf eine personelle Veränderung in diesem Bereich. Er wollte ein neues, junges Gesicht, wie er es formulierte. Als Generalsekretär war Niersbach der Chef der
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