Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
Vom Netzwerk:
lassen.
    »Sie sind unglaublich avantgardistisch, meine Liebe, eine Frau, die Parfüms kreiert, das ist sehr mutig, die Geschäftswelt ist so maskulin. Wenn Sie lange genug in der Türkei bleiben, müssen Sie mich in Ankara besuchen, ich langweile mich dort furchtbar«, flüsterte sie und errötete angesichts ihres Geständnisses. »Ich hätte Ihnen gerne meinen Mann vorgestellt, aber ich sehe, dass er mitten im Gespräch ist, und fürchte, das wird den ganzen Abend über der Fall sein. Ich muss Sie jetzt verlassen, es hat mich sehr gefreut, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Die Frau des Botschafters wandte sich anderen Gästen zu. Die Aufmerksamkeit, die sie Alice entgegengebracht hatte, war niemandem entgangen. Alle Blicke waren auf sie gerichtet, und das war ihr regelrecht peinlich.
    »So blöd kann ich doch gar nicht sein, eine solche Gelegenheit ungenutzt zu lassen!«, rief Daldry.
    Alice ließ die Botschaftergattin, die sich mit einer kleinen Gruppe von Gästen unterhielt, nicht aus den Augen. Sie wandte sich von Daldry ab und schritt, mit ihren hohen Absätzen um einen selbstsicheren Gang bemüht, durch den Saal.
    Sie trat zu dem Grüppchen, das sich um die Frau des Botschafters geschart hatte, und ergriff das Wort.
    »Es tut mir leid, Madam, ich vermute, dass ich es an Ehrerbietung Ihrer Person gegenüber mangeln lasse, indem ich mir erlaube, Sie so direkt anzusprechen, aber ich möchte Sie um ein Gespräch bitten, es wird nur wenige Minuten dauern.«
    Daldry beobachtete die Szene verblüfft.
    »Sie ist beeindruckend, nicht wahr?«, murmelte Can.
    Daldry zuckte zusammen.
    »Sie haben mich erschreckt, ich habe Sie nicht kommen hören.«
    »Das war Absicht. Nun, sind Sie zufrieden mit Ihrem guten Führer? Der Empfang ist außergewöhnlich, finden Sie nicht?«
    »Ich langweile mich tödlich bei solchen Abenden.«
    »Das liegt daran, dass Sie sich nicht für andere interessieren.«
    »Wissen Sie, ich habe Sie als Reiseführer und nicht als spirituellen Führer engagiert.«
    »Ich dachte, es wäre ein Vorzug, im Leben Esprit zu haben.«
    »Sie gehen mir auf die Nerven, Can. Ich habe Alice versprochen, keinen Tropfen Alkohol anzurühren, deshalb habe ich schlechte Laune. Also gehen Sie bitte nicht zu weit.«
    »Ich geh ja schon.«
    Mit diesen Worten verschwand Can ebenso diskret, wie er aufgetaucht war.
    Daldry näherte sich dem Büfett, von wo aus er das Gespräch zwischen Alice und der Botschaftergattin verfolgen konnte.
    »Es tut mir aufrichtig leid, dass Sie im Krieg Ihre Eltern verloren haben, und ich verstehe, dass Sie den Wunsch haben, mehr über Ihre Vergangenheit zu erfahren. Ich werde gleich morgen früh das Konsulat anrufen, damit man dort die nötigen Recherchen unternimmt. In welchem Jahr, meinen Sie, waren Ihre Eltern in Istanbul?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung, sicher vor meiner Geburt, denn meine Eltern hatten niemanden, der auf mich hätte aufpassen können, ausgenommen vielleicht meine Tante, aber die hätte mir davon erzählt. Sie haben sich zwei Jahre vor meiner Geburt kennengelernt, und ich könnte mir vorstellen, dass sie zwischen 1909 und 1910 eine romantische Reise unternommen hätten. Danach wäre Mama nicht mehr in der Lage dazu gewesen, weil sie mit mir schwanger war.«
    »Die Recherchen dürften nicht allzu schwierig sein, vorausgesetzt der Zusammenbruch eines Reichs und zwei Kriege haben die Archive nicht vernichtet, die für Sie von Interesse sind. Aber wie meine Mutter, die leider nicht mehr unter uns weilt, zu sagen pflegte: ›Das Nein hast du schon, meine Tochter, setze also alles auf das Ja.‹ Und so wollen wir gleich zur Tat schreiten und unseren Konsul stören. Ich werde Sie ihm vorstellen, und im Gegenzug verraten Sie mir den Namen Ihres Modeschöpfers.«
    »Nach dem Etikett im Futter handelt es sich um einen gewissen Christian Dior.«
    Die Botschaftergattin versicherte, diesen Namen würde sie sich merken, nahm Alice bei der Hand, stellte sie dem Konsul vor und setzte ihn in Kenntnis von dem Ersuchen, das ihr am Herzen lag, da es ihre neue Freundin betraf. Der Konsul versprach, Alice gleich am nächsten Nachmittag zu empfangen.
    »Gut«, sagte die Botschaftergattin, »darf ich mich nun, da Ihre Angelegenheit in guten Händen ist, wieder meinen Verpflichtungen widmen?«
    Alice deutete einen Knicks an und zog sich zurück.
    »Und?«, fragte Daldry, als Alice auf ihn zukam.
    »Wir werden morgen zum Tee beim Konsul erwartet.«
    »Es ist zum Verzweifeln, überall dort, wo

Weitere Kostenlose Bücher