Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
Vom Netzwerk:
also fünf. Obgleich ich meinen Eltern gegenüber die größte Zuneigung hege, ihnen zeit meines Lebens für die Erziehung und Liebe, die sie mir zukommen ließen, dankbar sein werde, wäre ich absolut nicht in der Lage, mich an irgendetwas zu erinnern, was so weit zurückliegt«, sagte der Konsul und tätschelte Alice die Hand. »Gut, ich hoffe, meine Aufgabe erfüllt und Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben. Falls ich Ihnen noch irgendwie behilflich sein kann, zögern Sie bitte nicht, mich aufzusuchen. Sie wissen ja, wo sich unser Konsulat befindet. Nun muss ich Sie verlassen, sonst komme ich zu spät.«
    »Erinnern Sie sich an ihre Adresse?«
    »Ich habe sie auf einem Zettel notiert, denn ich habe damit gerechnet, dass Sie mich danach fragen. Warten Sie …« Der Konsul durchsuchte die Innentasche seiner Jacke. »Hier ist sie … Sie lebten ganz in der Nähe von hier, in der ehemaligen Pera-Straße, die in Istiklal-Straße umbenannt wurde, und zwar im zweiten Stockwerk des Rumeli Palas direkt neben der berühmten Blumenpassage.«
    Der Konsul stand auf und küsste Alice die Hand.
    »Wären Sie so freundlich«, sagte er und wandte sich an Daldry, »mich zum Ausgang zu begleiten, ich hätte Ihnen noch eine Kleinigkeit zu sagen, nichts Wichtiges.«
    Daldry erhob sich und folgte dem Konsul, der seinen Mantel anzog. Sie durchquerten die Eingangshalle, und der Konsul blieb vor der Rezeption stehen.
    »Während meiner Nachforschungen für Ihre Freundin habe ich aus reiner Neugier auch überprüft, ob es einen gewissen Finch im Außenministerium gibt«, sagte er zu Daldry.
    »Ach ja?«
    »Und na ja … der einzige Angestellte dort, der auf den Namen Finch hört, ist ein Praktikant im Kurierdienst. Es kann sich also keinesfalls um Ihren Onkel handeln, nicht wahr?«
    »Nein, das glaube ich tatsächlich auch nicht«, antwortete Daldry, während er wie gebannt auf seine Schuhspitzen starrte.
    »Genau diesen Eindruck hatte ich auch. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Aufenthalt in Istanbul, Mister Finch-Daldry«, sagte der Konsul, bevor er in die Drehtür trat.

Kapitel 10
    Daldry war zu Alice in die Bar zurückgekehrt. Seit einer halben Stunde saß er neben ihr, während sie wortlos auf das schwarze Klavier in der Ecke des Salons starrte.
    »Wenn Sie möchten, könnten wir morgen einen Rundgang durch das Gebäude des Rumeli Palas unternehmen«, schlug Daldry vor.
    »Warum haben sie mir nie etwas von dieser Zeit erzählt?«
    »Das weiß ich nicht, Alice, vielleicht um Sie zu schützen? Sie müssen hier entsetzlich beängstigende Momente durchlebt haben. Vielleicht waren diese Erinnerungen einfach zu schmerzhaft für sie. Mein Vater hat am Ersten Weltkrieg teilgenommen und wollte nie darüber sprechen.«
    »Und warum haben sie mich in der Botschaft nicht mit angegeben?«
    »Vielleicht haben sie es ja getan, und der zuständige Angestellte für die Datenerfassung britischer Staatsangehöriger hat seine Arbeit nicht richtig gemacht. In den damaligen bewegten Zeiten wurde er möglicherweise von den Ereignissen überrollt.«
    »Das sind sehr viele ›Vielleichts‹, finden Sie nicht?«
    »Das stimmt, es sind viele, aber was könnte ich Ihnen anderes sagen? Wir waren nicht dabei.«
    »Doch, ich war eben schon dabei.«
    »Dann lassen Sie uns Nachforschungen anstellen.«
    »Wie denn?«
    »Indem wir die Nachbarschaft befragen, möglicherweise erinnert sich noch jemand.«
    »Beinahe vierzig Jahre später?«
    »Das Schicksal könnte uns durchaus eine kleine Hilfestellung geben. Nachdem wir den besten Fremdenführer Istanbuls engagiert haben, bitten wir ihn doch einfach um seine Unterstützung. Die kommenden Tage versprechen, spannend zu werden …«
    »Sie wollen Cans Dienste dafür in Anspruch nehmen?«
    »Warum nicht? Er müsste übrigens gleich kommen, nach der Vorstellung könnten wir ihn zum Essen einladen.«
    »Ich habe keine Lust mehr auf Theater. Gehen Sie bitte ohne mich.«
    »An einem Abend wie diesem kann ich Sie unmöglich allein lassen. Sie würden unzählige Hypothesen aufstellen, von denen jede einzelne Ihnen bereits den Schlaf rauben könnte. Lassen Sie uns die Ballettvorführung besuchen, und während des anschließenden Essens sprechen wir mit Can.«
    »Ich habe keinen Hunger und wäre auch keine sonderlich angenehme Gesellschaft. Glauben Sie mir, ich brauche etwas Zeit für mich allein, ich muss über all dies nachdenken.«
    »Alice, ich möchte die Bedeutung dieser Enthüllungen in keiner Weise

Weitere Kostenlose Bücher