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Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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herunterspielen. Allerdings stellen sie nichts Grundsätzliches infrage. Ihre Eltern haben es, Ihren Erzählungen nach, nie an Liebe Ihnen gegenüber fehlen lassen. Aus Gründen, die nur Ihre Eltern kennen, haben sie Ihnen nichts von ihrem Aufenthalt hier erzählt. Es gibt also keinen Anlass für einen Zustand derartiger Traurigkeit, die auf mich regelrecht deprimierend wirkt.«
    Alice sah Daldry an und lächelte. »Sie haben recht«, sagte sie, »aber ich werde heute Abend keine sehr angenehme Gesellschaft sein. Schauen Sie sich mit Can die Vorstellung an und genießen Sie beim Essen einen Männerabend. Ich verspreche Ihnen, dass ich mir die Nacht nicht durch Schlaflosigkeit werde verderben lassen. Ich gönne mir etwas Ruhe, und morgen entscheiden wir dann, ob wir Detektiv spielen oder nicht.«
    In diesem Moment betrat Can die Hotelhalle. Er tippte auf das Zifferblatt seiner Armbanduhr, um Alice und Daldry zu bedeuten, dass es höchste Zeit sei zu gehen.
    »Also, ziehen Sie ruhig los«, ermunterte Alice Daldry, der noch immer zögerte.
    »Sind Sie ganz sicher?«
    Alice scheuchte Daldry mit einer freundschaftlichen Geste fort. Er wandte sich ihr noch einmal zu, um sich zu verabschieden, und ging dann zu Can.
    »Schießt Miss Alice uns nicht an?«
    »Nein, sie schießt uns nicht an … Ich spüre, dass dies ein absolut unvergesslicher Abend werden wird«, sagte Daldry und verdrehte die Augen mit einem Seufzer.
    Daldry verschlief den kompletten zweiten Akt. Jedes Mal, wenn sein Schnarchen zu laut wurde, stieß Can ihn mit dem Ellbogen an, und Daldry fuhr zusammen, bevor er erneut einnickte.
    Nachdem der Vorhang des alten französischen Theaters in der Istiklal-Straße gefallen war, führte Can Daldry ins Régence zum Abendessen. Die Küche war äußerst raffiniert, und Daldry, der hungriger denn je war, entspannte sich nach dem dritten Glas Wein.
    »Warum macht Miss Alice nicht gemeinsame Sache mit uns?«, fragte Can.
    »Weil sie zu müde war«, antwortete Daldry.
    »Haben Sie sich in die Federn gekriegt?«
    »Wie bitte?«
    »Ich fragte, ob Sie mit Miss Alice gestreitet haben?«
    »Nur zu Ihrer Information, man sagt ›sich in die Wolle kriegen‹ und nein, wir haben uns nicht gestritten.«
    »Umso besser.«
    Can wirkte jedoch nicht überzeugt. Daldry füllte ihre Gläser und erzählte Can, was Alice erfahren hatte, direkt, bevor er im Hotel erschienen war, um sie abzuholen.
    »Was für eine unglaubliche Geschichte!«, rief Can aus. »Und es war wirklich der eigene Mund des Konsuls, der Ihnen das erzählt hat? Da verstehe ich schon, dass Miss Alice durcheinander ist. Mir an ihrer Stelle ginge es genauso. Was haben Sie nun vor?«
    »Ihr nach Möglichkeit helfen, klarer zu sehen.«
    »Mit Can zusammen ist nichts unmöglich in Istanbul. Sagen Sie, wie kann man Miss Alice erhellen?«
    »Es wäre schon mal ein guter Anfang, Nachbarn oder Leute im Viertel zu finden, die ihre Eltern gekannt haben könnten.«
    »Das ist machtbar!«, sagte Can. »Ich werde nachforschen, und wir werden jemanden finden, der sich erinnert oder der jemanden kennt, der sich erinnert.«
    »Tun Sie Ihr Bestes, aber sagen Sie ihr nichts, was nicht sicher ist. Sie ist schon so völlig durcheinander. Ich zähle auf Sie.«
    »Das ist sehr klug, Sie haben recht, es bringt nichts, die Dinge noch mehr zu verwirbeln.«
    »Was Ihre Fertigkeiten als Fremdenführer angeht, habe ich nichts gegen Sie vorzubringen, aber als Dolmetscher übertreffen Sie sich wirklich selbst, mein Bester …«
    »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?« Can hatte den Blick gesenkt.
    »Nur zu, dann werden wir sehen.«
    »Besteht zwischen Miss Alice und Ihnen eine spezifizierte Beziehung?«
    »Noch mal bitte …«
    »Ich wollte sagen, eine spezielle Beziehung?«
    »Inwiefern geht Sie das etwas an?«
    »Kann ich das als Antwort werten?«
    »Nein, das war keine Antwort, Herr Fremdenführer Neunmalklug.«
    »Sehen Sie, ich habe offenbar einen wunden Punkt getroffen, nachdem Sie mich ausschalten.«
    »Ich schalte Sie aus dem einfachen Grund nicht aus, weil man das nicht so sagt! Und ich schelte Sie auch nicht, weil es dafür keinen Anlass gibt.«
    »Jedenfalls haben Sie meine Frage noch immer nicht beantwortet.«
    Daldry schenkte ihnen erneut Wein nach und leerte sein Glas in einem Zug. Can folgte seinem Beispiel.
    »Zwischen Miss Alice und mir besteht gegenseitige Sympathie oder, wenn Ihnen das lieber ist, Freundschaft.«
    »Sie sind ein merkwürdiger Freund, wenn man bedenkt, welches

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