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Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Monde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Tarenzi
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explodierte in meinem Hirn. Ich hatte Ivans Hals mit meinem Arm geschützt.
    Ich hatte die Zähne so tief ins Fleisch gegraben, dass ich die Härte des Knochens spürte. Der Schmerz war so heftig wie eine lodernde Stichflamme, wie ein greller Fieberwahn. Der Wald erbebte und zerfiel in Stücke, als wäre er nur ein bemaltes Fenster, und für einen Moment sah ich durch den Tränenschleier wieder den Salon mit seinen tausend Kuriositäten. Ivan kniete immer noch vor mir, und der Conte stand kaum drei Meter entfernt, hoch aufgerichtet, den Stock in der Hand und die Augen geschlossen, in absoluter Konzentration.
    Ein Herzschlag, dann ein weiterer, und das Bild des Waldes um mich herum begann, wieder Gestalt anzunehmen. Ich hatte keine Ahnung, wie die Magie des Conte funktionierte, ob seine Macht über die Träume nur eine Illusion war oder ob sie uns wirklich aus unserer Welt hinaus in eine andere, fremde Dimension katapultierte. Aber ich wusste, dass ich nur die Zeit eines einzigen Atemzugs hatte.
    Also tat ich das Einzige, das mir in den Sinn kam: Ich packte Ivan mit beiden Händen und warf mich gegen das nächste Fenster. Es folgte ein ohrenbetäubendes Klirren, tausend Glasscherben funkelten in der Luft – und dann blieb nur das Nichts.

Kapitel 29
    Freitag, 6. März
    Zunehmender Mond
    A m Nachmittag – nachdem ich meiner Mutter zuliebe so getan hatte, als hätte ich ein paar Stunden gelernt – verließ ich das Haus und fuhr mit der Metro ins Zentrum. Ivan erwartete mich in der Nähe des Hauptbahnhofs vor dem Eingang eines kleinen Hotels, wo ich ihn am Abend vorher auf seinen Wunsch hin abgesetzt hatte.
    Angesichts des heruntergekommenen Gebäudes mit den schäbigen Türen hatte ich die Nase gerümpft, aber Ivan bestand darauf, dort übernachten zu wollen. Er sagte, er habe wenig Geld in der Tasche und könne sich keine vorübergehende Bleibe vorstellen, die anonymer gewesen wäre als diese.
    Wir begrüßten uns mit einem Kopfnicken und gingen dann schweigend nebeneinanderher, unter einem Himmel, der aussah als wäre er aus Zement. Genaugenommen folgte ich ihm, hatte aber schon bald den Eindruck, dass er selbst nicht so recht wusste, wohin.
    Es war schon März, aber in der Luft lag noch keine Spur von Frühling; ein schneidender Wind fegte durch die Straßen, und die Leute, die an uns vorbeigingen, waren noch in dicke Jacken und Mäntel gehüllt. Ivan trug die gleichen Klamotten wie am Abend zuvor, aber er hatte sich irgendwo eine Militärjacke mit vielen Taschen besorgt, die wohl auch schon bessere Zeiten gesehen hatte.
    Schließlich war es Ivan, der das Schweigen brach.
    »Wie geht’s damit?«, fragte er, auf meinen Arm zeigend.
    »Es tut gar nicht mehr weh.«
    Das stimmte. Als ich in der Nacht zuvor nach Hause gekommen war, hatte die Wunde zwar aufgehört zu bluten, aber sie war noch offen und hatte höllisch wehgetan. Ich hatte mich ins Bad geschlichen, wo sich das Schränkchen mit den Arzneimitteln befand, hatte sie desinfiziert und verbunden, so gut es ging, und dann ein Schmerzmittel eingenommen.
    Die folgende Nacht war alles andere als ruhig, aber als ich am Morgen aufstand, war die Wunde unter dem Verband vollkommen verheilt: nur ein hässlicher, ovaler blauer Fleck war übrig, über den sich Irene später in der Schule sehr wunderte. Ich tischte ihr eine Geschichte auf, der zufolge ich mich beim Schwimmen sehr heftig gestoßen hatte: Irene war zwar nicht weiter darauf herumgeritten, aber ganz offensichtlich glaubte sie mir nicht, was mein sowieso schon schlechtes Gewissen zusätzlich verschlimmerte. Wie viele Lügen hatte ich den Leuten in meiner Umgebung eigentlich schon aufgetischt? Und wie viele würde ich in Zukunft noch erzählen müssen, bei dem Leben, das auf mich wartete?
    Ivan seufzte, dann schwieg er wieder ein paar Minuten. »Wir müssen reden, Veronica … Und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.«
    Ich biss mir auf die Lippe. »Fang am besten damit an, mir zu sagen, wer du eigentlich bist.«
    Er sah mich verdutzt an.
    »Du hast mir zwar von dir erzählt«, sagte ich, den Blick auf meine Füße gerichtet, »aber inzwischen weiß ich nicht mehr, was von alldem der Wahrheit entspricht und was nicht.«
    »Es war alles die Wahrheit. Das, was du von mir weißt, ist das, was ich bin.«
    Ich dachte wieder an die Geschichte mit seiner Mutter und daran, was ich in dem vom Conte geschaffenen Traum selbst gesehen hatte. Das war sicherlich eine wahre Erinnerung gewesen, und eine, die man nicht mit

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