Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
auf diese Weise immerhin näherkamen. Während des Marsches führte Braccas mit Arnhelm, seinem einstigen Schüler, häufig kurze Unterredungen abseits der anderen.
„Das war kein Drache, und für eine Harpyie war es viel zu groß“, meinte der erfahrene Abenteurer mit dem imposanten roten Bartwuchs bei einer Gelegenheit. „Aber es flog auf den schrecklichen Berg, geradewegs dorthin, wo Moron einst hauste. Schlimme Dinge kündigen sich an, wenn du mich fragst, denn wenn diese Kreatur sich mit den Ghuls verbündet hat, werden diese an Mut gewinnen und größeres Unheil versuchen, als wir zur Zeit ermessen können! Wir müssen sehr wachsam sein, besonders solange wir im Milmondo Mirnor wandern!“
Arnhelm nickte in sich gekehrt.
Am späten Nachmittag wurde das Tageslicht getrübt durch dicke Regenwolken. Die Menschen und der Zwerg befürchteten jeden Augenblick, dass diese sich entladen würden und ihren weiteren Weg noch ungemütlicher werden ließen, als es ohnehin bereits der Fall war. Auch der Pass wurde nun wieder schwieriger und führte sie an manchen Stellen hohe Hügel hinauf, auf denen der Schnee so hoch lag, dass ihre Stiefel bis zum Saum in dem trockenen, weißen Pulver versanken. Doch schließlich siegte ihre Beharrlichkeit jedes Mal. Mehr als einmal priesen sie den glücklichen Umstand, dass sie die Überquerung des Wächtergebirges zur Sommerzeit unternahmen, denn zu anderen Zeiten wäre dies Unterfangen zweifellos ein Wagnis, das einer Unmöglichkeit glich.
Gegen Abend zog der Pfad, dem sie die ganze Zeit über folgten, eine große Schleife um einen Berghöcker herum, der ihren Weg kreuzte. Danach fiel er zu ihrer Erleichterung allmählich ab.
Während sie nach unten gingen und sich in tiefere Gefilden bewegten, gaben ihnen die glatten Wände des Felsmassivs zu ihrer Rechten ein Gefühl von Sicherheit, und für eine Weile dachten sie nicht mehr an die unheimlichen Begegnungen, die ihnen in der Nähe des Tôl Danurs widerfahren waren. Schließlich wurde das Gefälle noch steiler, ehe der Weg schließlich in eine Schlucht mündete. Es war ein geräumiger Talkessel, in den sie gelangten, mit einem auffallend ebenen Untergrund.
Die Schneedecke war mittlerweile verschwunden, und kahler Stein sowie stellenweise krautiger Pflanzenwuchs breiteten sich unter ihren Füßen aus. Nach Osten blickend, konnten die Angehörigen der Gemeinschaft durch das Zwielicht der sich langsam ankündigenden Nacht bereits ein schwaches Schimmern von grünen und gelben Farben sehen. Dies gab ihnen Hoffnung, dass sie das Milmondo Mirnor bald überwunden haben und die weiten, jenseitigen Täler erreichen würden.
Inmitten der Lichtung erhoben sich drei auffällige, imposante Gesteinskolosse, die so aussahen, als wären einzelne, klobige Findlinge dort zu Haufen aufeinander gestapelt worden. Aus deren Ritzen schossen viele weiße Blumen und buschige Gräser hervor. Gleichwohl wirkten diemehrere Schritte hohen Aufschichtungen merkwürdig und fremdartig, und niemand hatte das Bedürfnis, sich ihnen zu nähern.
„Vielleicht haben die Oger die Hügel zu kultischen Zwecken aufgeschichtet“, mutmaßte Dwari.
„Wenn sie es waren, dann wohl eher nur aus Spaß oder aus irgendwelchen praktischen Gründen“, entgegnete Braccas, „Oger machen sich nichts aus Zauberei oder Sternenkunde. Und obwohl ich diesen Platz wiedererkenne, kann ich mich auch nicht daran erinnern, dass die Erhebungen bereits vorhanden waren, als ich das letzte Mal hier vorüberkam.“
„Dennoch wirken sie für meine Begriffe sehr alt“, sagte Arnhelm. „Aber vielleicht fangen wir auch schon an, überall Gespenster zu sehen.“
Auf den Kämmen der die Ebene umschließenden Felsen fielen ihnen im Übrigen eine große Zahl großer, schwarzer Vögel auf. Es waren Kolkraben, und Braccas merkte hierzu an, dass das Wächtergebirge seit langen Zeiten schon dafür bekannt war, jene gelehrigen, gefiederten Tiere zu beherbergen.
Sie schlugen ihr Lager für die Nacht im Süden des Kessels unter einer Reihe von überhängenden Felsen auf, die wie der Oberkiefer eines gierigen Schlundes aussahen. Danach fingen sie das erste Mal seit Tagen wieder eine ausgedehnte Unterhaltung an. Dies war fraglos auf die Erleichterung und die Vorfreude darüber, dass sie das Wächtergebirge bald hinter sich lassen würden, zurückzuführen. Dennoch waren die Gespräche keineswegs fröhlich und unbeschwert, sondern kreisten vorwiegend um Gefahren, Sorgen und Feinde.
Braccas meinte
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