Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
sie sich einen geschützten Unterschlupf unter dem Vorsprung eines der vielen Berghügel, die sie während des Tages gesichtet hatten. Der steinige Untergrund war dort mit dickem, verfilztem Moos bewachsen und bot ihnen ein weiches Bett für ihre Rast. Alles wirkte unverändert friedlich und schien einen guten Verlauf zu nehmen.
Plötzlich jedoch zeichnete sich inmitten des abendlichen Zwielichts eine noch dunklere Form am Horizont ab. Es war eine Wolke, die, obgleich kein Wind wehte, von Norden herbeieilte und geradewegs auf ihre Position zuzuhalten schien.
„Ein Vogelschwarm“, verkündete Aidan, als ihnen das wogende Gebilde bereits sehr nahe gekommen war. „Krähen oder irgendwelche Zugvögel höchstwahrscheinlich.“
„Das bezweifle ich“, erwiderte Braccas, der mit einem Mal äußerst sorgenvoll wirkte und seinen Blick gar nicht mehr abzuwenden vermochte. „Es ist etwas Dunkleres, etwas Feindseliges, wenn mich nicht alles täuscht. Bleibt ganz still, und haltet Eure Waffen bereit!“
Ein schrilles, alles durchdringendes Schreien zerriss die Stille, gefolgt von vielen weiteren ähnlichen Rufen. Das Bild von hungrigen Raubtieren, die soeben ihre Beute erspäht hatten, nahm im Bewusstsein der Gefährten unwillkürlich Gestalt an.
Und dann sahen sie es. Es waren riesige, vogelartige Wesen, knapp zwei Dutzend an der Zahl, mit langen Hälsen, fledermausartigen, mausgrauen Schwingen und gebogenen Hornschnäbeln. Jede ihrer Klauen war ebenso scharf wie ein Stilett, und ihre Augen waren kalt und glänzten wie tote Sterne.
„Harpyien!“, riefen mehrere zugleich, und alle wappneten sich, reckten ihre Waffen empor und stellten sich Rücken an Rücken dicht beieinander. Es gab diese grausigen Geschöpfe demnach tatsächlich.
Sie musste nicht lange rätseln, ob die Kreaturen Utgorths sie entdeckt hatten und wahrhaftig einen Angriff auf sie ersannen. Ohne langes Zaudern verloren die geflügelten Bestien an Höhe, stürzten in die Tiefe und warfen sich ihren vermeintlichen Opfern mit Hornschnabel und Klauen entgegen.
Schwerter wurden brüllend geschwungen, und Dwari ließ seine mächtige Streitaxt sausen, als die Angehörigen der Gemeinschaft verzweifelt versuchten, sich ihrer Haut zu erwehren. Ihre Gegner waren ebenso stark wie flink und genossen den Vorteil, bei Dunkelheit über die erheblich bessere Sehschärfe zu verfügen. Nicht zu verkennen war zudem, dass sie sich in der Überzahl befanden.
Der ersten der Kreaturen, die mit nach vorne gespreizten Klauen heransauste, bohrte Arnhelm sein Schwert in den schwarzen, ledrigen Leib, woraufhin das Wesen sein Leben kreischend aushauchte. Auch die anderen hielten sich die Angreifer vorerst vom Leib und landeten einige Treffer, doch vermochte der ein oder andere der Feinde sich rechtzeitig vor den tödlichen Stößen in Sicherheit zu bringen. Mit einem kräftigen Schlagen ihrer gezackten Flügel schwangen sie sich immer wieder in die Lüfte, nur um kurz danach einen neuerlichen Angriff zu fliegen. Einzig Dwari hatte soviel Glück und Geschick, dass er mit seiner Axtschneide dem erstbesten der Gegner den langen Hals in der Mitte durchtrennte, woraufhin der hässliche Harpyienkopf in einem Schwall grünen Sekrets durch die Luft segelte und irgendwo im Dunklen verschwand.
Unter einem ohrenbetäubenden Kreischen, Schreien und Brüllen wiederholten sich die Abläufe des ungleichen Kampfgeschehens, denn immerfort stießen die Kreaturen Tuors aus sicherer Höhe auf die Erde nieder und suchten, ihren zweibeinigen Gegnern in Augen oder Hälse zu hacken oder aber sie mit ihren zu einer tödlichen Schärfe auslaufenden Fängen zu packen. Arnhelm erschlug ein weiteres der enormen Wesen, und ebenso gelang es Braccas, Sanae, Aidan, Ulven und Marcius, sich durch gezielte Schwertstreiche weiteren ihrer Feinde zu entledigen. Gleichwohl wurden die Arme der Verteidiger mit der Fortdauer der Schlacht unweigerlich schwerer und ihre Bewegungen langsamer und weniger präzise.
Auch Kogan hatte sein gewaltiges Breitschwert gerade einer der Bestien zwischen die Flügel gerammt, woraufhin sich der Stahl im Leib der sterbenden Kreatur kurzzeitig verankerte, als ihn ein weiterer der Angreifer von seiner rechten Seite her unversehens attackierte. Die Harpyie entließ ihrer Kehle ein gellendes Geschrei vor Hass wider den Menschen und der Vorfreudedarauf, sein warmes Blut zu kosten, doch gelang es dem Rhodrim im letzten Moment, mit beiden Händen und unter Preisgabe seines Schwertes den Hals
Weitere Kostenlose Bücher