Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
sie Hoffnung für ihn.
Braccas Rotbart war sofortig über dem Versehrten, und auch Arnhelm und Sanae kamen dicht zu ihm hin, um möglicherweise irgendwelche Hilfe leisten zu können. Behutsam besah sich der ältere Rhodrim die klaffende Wunde an Aidans linker Körperseite, welche offenkundig die schlimmste von allen war. Verbittert stellte er daraufhin fest, dass diese noch tiefer war, als er zuvor befürchtet hatte. Schleunigst zog er seine Weste aus und riss sich hernach mit einem Ruck sein Hemd vom Leib. Dieses presste er fest gegen die blutende Öffnung, während er mit der anderen Hand den Herzschlag des Verletzten fühlte.
„Wir sollten ihm den Harnisch ausziehen, er bekommt keine Luft“, bemerkte Sanae, woraufhin Braccas ihr zunickte.
„Wie geht es dir, mein Freund?“, fragte Arnhelm den leise keuchenden jungen Mann. Dessen Atmung wurde nun hörbar immer flacher und unbeständiger.
Sie machten sich nun daran, den schweren Plattenpanzer, den der Prinz nach lemurischer Art trug, zu lockern. Hierzu lösten sie die Schnallen an den Körperseiten, von denen eine von einem Speer durchdrungen worden war und einen verheerenden Schaden hatte nicht verhindern können. Des Weiteren brachten sie ihm kühles Wasser herbei, gaben ihm zu trinken davon und wuschen ihm Gesicht und Nacken, um seinen Kreislauf am Arbeiten zu halten. Braccas verlangte derweil nach einem weiteren Tuch, da der Stoff seines Hemdes längst mit Blut vollgesogen war. Nachdem ihm irgendjemand zwei weitere Kleidungsstücke gereicht hatte, drückte er eines davon wie gewohnt gegen die Wunde und bettete das andere unter den Kopf des Verwundeten.
Nach einer Weile mussten die Menschen und der Zwerg zu ihrer Bestürzung erkennen, dass all ihre Mühen ergebnislos zu bleiben drohten. Während der junge Mann kaum noch wahrnehmbar frische Luft einsog, wurde das Zittern seines gesamten Leibes stärker. Gleichzeitig wurde seine Haut bleicher und so eisig kalt wie die vom winterlichen Morgentau beschlagenen Blätter einer erfrierenden Rose.
Aidan schlug seine Augen zu, nur um sie kurze Zeit darauf noch ein letztes Mal halb zu öffnen. „Ich habe Euch verraten“, sagte er so leise und undeutlich, dass er nur schwer zu verstehen war. „Verzeiht mir, wenn Ihr könnt. Doch ich wollte das Goldene Schwert nicht für mich und meinen Ruhm, sondern für meinen Vater und um Lemuria zu retten.“ Er hüstelte vor sich hin, und ein dünner Rinnsal von Blut sickerte aus seinem rechten Mundwinkel. „Früh am Morgen haben mich die Piraten überfallen und beraubt. Ich ahnte nicht, dass sie mir auflauerten. Nach meinem Sturz vom Pferd stellte ich mich tot, und als sie weg waren, habe ich sie verfolgt ...“
Er hüstelte erneut, während sein Atem nur noch in wenigen flachen Stößen ging und immer schwächer wurde. Schließlich erstarrten seine Mundwinkel, und sein Blick wurde leer und fahl.
Braccas drückte Aidan die Augen zu, und alle erhoben sich, traten einen Schritt nach hinten und schwiegen andächtig.
„Ich für meinen Teil habe dir verziehen, tapferer Gefährte, Stolz eines Königs, Erbe eines ruhmreichen Thrones“, sagte Arnhelm mit einem bedächtigen, würdevollen Tonfall. Während er sprach und die anderen, ergriffen von ihrer Trauer, lauschten, war es, als ob die rauschenden Wellen der Regenbogenfälle und alle anderen Geräusche plötzlich aus dem Hintergrund entrückt waren. „Wahrhaftig ein großer und geliebter Herrscher wärst du geworden, wäre es dir bestimmt gewesen, deinem Vater als Träger der Krone Lemurias zu folgen. Ich hege keinen Zweifel darüber, dass du die Menschen zu jeder Stunde mit Weisheit und Güte geführt hättest. Viele bittere Tränen werden noch um dich vergossen werden, und das Wehklagen von Vater, Mutter, Geschwister und eines ganzen Volkes wird dich auf deinem Übergang von einer Welt Mundas in die andere begleiten, sodass man sich lange dir und deinem Schicksal erinnern wird. Möge Aldu deiner Seele seine Gnade erweisen und über dich wachen, Aidan, Sohn Kherons, aus dem Geschlecht Orons des Alten, Fürst unter den Menschen Arthiliens!“
Noch für einige Zeit blieben die Angehörigen der Gemeinschaft dastehen und schwiegen vor sich hin. Schließlich rührten sie sich und schüttelten ihre Ergriffenheit mühevoll ab und rührten sich, denn der letzte Teil ihres mit Gefahren gepflasterten Weges lag noch immer vor ihnen.
Sie waren sich rasch darüber einig, Aidan nicht hier, in diesen wilden Landen, weit fernab seiner
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