Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
beiden, seiner Leiter zugehörigen Fenstern gegenüber. Glücklicherweise war der gemauerte Zwischenraum zwischen den beiden Öffnungen so gering, dass man von seinem Standort aus mit etwas Gelenkigkeit und Anstrengung beide Ausgangsmöglichkeiten erreichen und durchqueren konnte.
Kraftvoll drückte er sich von der Sprosse, welche die dritte von oben war, ab und hievte sich über die Kante, welche durch die geöffnete Luke, für die er sich entschieden hatte, nach draußen führte. Dicht hinter sich sah er bereits Braccas herannahen, und diesem folgte zuunterst Marcius nach. Ulvens Freund mit der schwarzen Lockentracht hatte erst etwa die Mitte des langen Aufstiegs erreicht, während die ersten der einen hektischen Lärm verursachenden Soldaten nicht mehr weit vom Fuß der Leiter entfernt waren, wie von oben zu erkennen war.
Ulven blieb für einen Augenblick auf der Fensterbrüstung sitzen und versuchte, die Lage nach beiden Seiten hin zu überblicken.
Jenseits der Außenwand verlief etwa drei Schritt unterhalb der Unterkante der Fenster ein schmaler Vorsprung, der sich über die gesamte Ausdehnung der Mauer hinzog und durch ein einfaches Fallenlassen leicht zu erreichen war. Sehr wahrscheinlich war jene Trittfläche einzig zu dem Zweck angelegt worden, ihn irgendwann als Fluchtmöglichkeit zu benutzen. Der größere der beiden Gauner stand bereits dort, flankiert von den beiden Lindar, blickte ungeduldig zu der über ihm liegenden Fensterfront hin und rief und gestikulierte in wilder Hast. Wiederum einige Schritt darunter befand sich das Dach einer Bestallung, das aus dünnem Wellblech bestand, jedoch das Gewicht eines Mannes oder Elben sicher tragen dürfte. Entsprechend war auf diesem Weg bereits der zweite der den Flüchtenden von Jabbath mitgegebenen Führer auf dem Erdboden angekommen. Der dürre, schmalgesichtige Kerl hatte in der Zwischenzeit schon mehrere reitfertige Pferde aus ihrem Unterstand hinausgetrieben und war gerade damit beschäftigt, das hölzerne Doppeltor, welches den sich an das Gebäude anschließenden Hof sicherte, zu öffnen.
Die Soldaten versuchten, sogleich da sie die Stiegen mit ihren Händen erreichten, dieselben durch ein Rütteln und Stoßen umzuwerfen und auf diese Weise Braccas, Marcius und Dwari zu einem tiefen Fall zu bringen. Zu deren Glück allerdings waren die Leitern nicht einfach nur an die hohe Wand angelehnt, sondern sorgfältig in das Mauerwerk hineingeschraubt worden. Erst als die Verfolger zu ihrer Enttäuschung erkannten, dass selbst ihre größte Kraftanstrengung die Holzkonstruktionen nicht aus ihren Verankerungen reißen und umstürzen konnten, beeilten sie sich, diese ebenfalls zu erklimmen. Auf diese Weise hatten sie jedoch wertvolle Sekunden verloren.
Obgleich die Flüchtigen noch lange nicht entkommen waren und der Auftrag, den man den Vertretern der Obrigkeit gegeben hatte, lautete, diese nach Möglichkeit lebend in Gefangenschaft zu bringen, erhob einer der Uniformierten, der am Boden der Halle zurückgeblieben war, in einem Anflug von Jagdfieber und Wut seinen Speer und zielte damit auf Dwari, der soeben dabei war, sich mühevoll durch eine der beiden linken Fensteröffnungen zu zwängen. Der Mann besaß lange und kräftige Arme und hätte sicherlich einen guten Wurf vollbracht, wenn ihn nicht im letzten Augenblick die metallene Spitze eines gefiederten Pfeils ereilt hätte. Nurofin hatte sich nämlich zwischenzeitlich auf der Unterseite der Fensterumrahmung niedergelassen, um dem Zwerg, dessen Artgenossen für akrobatische Akte nicht eben berühmt waren, hinaus zu helfen, als er den Speerschleuderer gerade noch rechtzeitig entdeckte. In einer einzigen, für gewöhnliche Sinne nur verschwommen wahrzunehmenden Bewegung zog er daraufhin seinen leichten Eibenbogen und einen Pfeil, der ebenso zerbrechlich und federleicht wirkte, hinter seinem schmalen Rücken hervor und sandte das Geschoss mit einem sanften, singenden Laut dem Angreifer entgegen. Dwari horchte auf, als er den Schmerzensschrei des Mannes, der an der ungeschützten Stelle zwischen Brustpanzer und Kehle getroffen wurde, unterhalb seiner Position vernahm. Ein Blick nach unten verriet ihm, dass der Elb ihm das Leben gerettet hatte.
„Nimm meine Hand, Zwerg, ich kann nicht alle von ihnen mit meinen Pfeilen zurückhalten!“, sagte der Nolori, und seine Stimme wirkte trotz ihrer Weichheit unmissverständlich und befehlend.
„In den Bergen zu kraxeln ist meine Aufgabe, für solche Kunststücke bin
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