Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
festklammerte. Zu seinem Unglück bemerkte er allerdings sogleich, dass sein Halt schwächer wurde und seine Finger sich stetig von dem Sims lösten.
„Gib nicht auf, ich habe dich!“, rief eine bekannte Stimme, die ganz nah bei seinem Ohr war, mit einem Mal.
Erst nun entsann sich Marcius, dass Ulven noch immer in der Fensterumrahmung gegenwärtig war und ihn keineswegs seinem Schicksal überlassen hatte. Der noch jüngere der beiden, dessen milchbübisches Aussehen über sein großes Kämpferherz hinwegtäuschte, packte den Freund bei den Armen und zog ihn in seine Richtung und damit weg von den Soldaten, deren Helme und Harnische die Leiter nunmehr größtenteils bedeckten. Im dem Augenblick, in dem Marcius die Worte des Gefährten vernahm und dessen ihm Unterstützung spendenden Hände spürte, kehrte das Selbstbewusstsein in ihn zurück. Ruckartig fuhr er mit dem Kopf herum, sah dem ihm an Kräften überlegenen Kerl, der ihn an seinem Unterschenkel unablässig malträtierte, mit einem Blick in die Augen, der wie ein Pfeilgift stach, und trat mit seinem freien, linken Bein nach hinten aus.
Die Wut, die ihn übermannt hatte, ließ ihn die Stärke eines achtungsgebietenden Pferdes fühlen, das mit den Hinterläufen nach einem lästigen Ärgernis aushieb und mit diesem dank seiner zermalmenden Kraft kurzen Prozess machte. Das Klatschen des Stiefels im visierlosen Gesicht des Soldaten war weithin zu vernehmen und ließ dem Getroffenen einen Schmerzensaufschrei entfahren, der von überraschtem Entsetzen geschwängert war. Im nächsten Augenblick fühlte Marcius, dass sein Bein wieder frei war.
Mehrere der Obrigkeitsvertreter, die auf dem Boden des Saales zurückgeblieben waren, hielten zwar die ganze Zeit über ihre mit Pfeilen gefütterten Bogen schussbereit in den Händen, doch hatten sie sich beherrscht. Einerseits, da sie dazu ermahnt wurden, das Leben der Flüchtenden nach Möglichkeit zu schonen, und andererseits, da sie die Hoffnung trugen, dass ihre Kameraden, welche die Leitern am Erklimmen waren, doch noch einen Erfolg erzielen würden. Nun aber, da sich auch der letzte der Gesuchten aus dem Klammergriff seines Verfolgers befreit hatte, gab es keinen Grund mehr, Zurückhaltung und Geduld zu üben. Auf den Befehl des vor Zorn schnaubenden, befehlshabenden Offiziers hin lösten sich die bereitgehaltenen Geschosse innerhalb eines einzigen Atemzuges von den längst gespannten Sehnen und überbrückten die Entfernung bis zu den hohen Fenstern, in deren Rahmen die Silhouetten der Gegner gerade am Verschwinden waren, binnen Sekundenbruchteilen.
Doch es war zu spät.
Kaum, dass der dunkelhaarige Marcius die Gelegenheit zur endgültigen Flucht begriff, hatte er dieselbe auch schon genutzt, indem er halb nach vorne sprang und halb von Ulven, der mittlerweile zu seinem treuen Freund geworden war, mitgerissen wurde. Beide hielten sich noch immer umklammert, als sie sich an der jenseitigen Seite der Öffnung fallen ließen. Noch während ihr Sturz in Richtung des sich darunter windenden Vorsprungs andauerte, erkannten sie über sich aus den Augenwinkeln heraus das Geschwirr von Pfeilen, die fraglos ihnen gegolten hatten und nunmehr nutzlos in den Nachmittagshimmel Luth Goleins entschwanden.
Das gewellte Blechdach der Stallung ließ ein bedenkliches Geräusch vernehmen, als die beiden jungen Rhodrim mit ihren Stiefeln auf ihm auftrafen. Dennoch hielten Gebälk und Abdeckung dem Gewicht stand. Plötzlich erkannten die Männer überrascht, dass die drei Elben, die gemeinsam mit Braccas, Dwari und den beiden Mitgliedern von Jabbaths Bande bereits auf gesattelten Pferden saßen, ihre Elbenbogen in ihre Richtung angelegt hatten. Sie erstarrten kurz, da sie die Situation vor lauter Aufregung nicht sogleich verstanden, und stellten dann erleichtert fest, dass die an ihnen anschließend vorüberrasenden Pfeilsalven nicht ihnen galten.
Einige Flüche und entrüstete Schreie ließen sie neugierig herumfahren, woraufhin sie sahen, dass die gezielten Schüsse ihrer neuen, elbischen Freunde die Taue, welche die Verschlussklappen der Fenster hielten, exakt getroffen und durchtrennt hatten. Die umfangreichen Bretter, welche mit Scharnieren an der oberen Umrandung der Öffnungsluken befestigt waren und bislanghochgekippt waren, schwangen daraufhin mit großer Wucht herunter und schlugen den Soldaten, die gerade im Begriff waren, durch die vier verschiedenen Ausstiegsmöglichkeiten ins Freie zu gelangen, entgegen. Das Ergebnis
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