Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
kann mich möglicherweise nicht mehr lange bezahlen, daher bin ich gezwungen, selbst für mich zu sorgen und zu sehen, wie ich zu meinem Gold komme! Aber glaubt mir, dass ich nichts gegen Euch persönlich habe und Euch sogar ein wenig bewundere für Eure noblen Absichten, für die Ihr nun in den Kerker geht!“
„Kein Wort mehr, Halunke!“, sagte plötzlich die schneidende Stimme eines der berittenen Soldaten. „Du hast deinen Lohn für deine saubere Tat bekommen, und jetzt verschwinde von hier, damit wir als Vertreter der Obrigkeit den Befehlen von Fürstin Imalra Genüge tun können!“
Braccas sah den Mann, der soeben gesprochen hatte, genauer an, denn er glaubte ihn wiederzuerkennen. Indessen war Servath zusammengezuckt und schlich sich zwischen den hinteren Reihen der Uniformierten hindurch wie ein geprügelter Hund davon. Für Dwari sahen die meisten Menschen einander ähnlich aus, insbesondere wenn sie gleichartige Kleidung trugen, doch Braccas entsann sich schließlich: der Offizier auf dem Ross mit dem glänzend roten Fell war Rigon, der die nach Aurona suchenden Gefährten bei ihrer Rückkehr nach Rhodrim an demjenigen Punkt empfangen hatte, an dem die Ostpassage in die Ländereien des Fürstentums mündete. Damals hatte er sie mit seinem überaus schnellen Pferd zu Ulmer gebracht, der mittlerweile, wie man hörte, zu einem der obersten Befehlshaber der neu im Aufbau befindlichen Streitkräfte des Reiches ernannt worden war. Gleichzeitig war Rigon, der seine zurückhaltende, zuvorkommende Art spürbar gegen ein weitaus selbstbewussteres Benehmen eingetauscht hatte, offensichtlich zu einem der ranghöchsten militärischen Verantwortlichen in Luth Golein geworden, was passend war, da er aus dessen Umgebung auch entstammte.
„Und Ihr tut gut daran, Euch zu ergeben, denn wenn Ihr Euch umschaut, werdet Ihr sehen, dass selbst Ihr mit Euren Fähigkeiten nicht weit kommen würdet!“, fuhr der Offizier fort, zu den Eingekesselten hin gewandt. „Und glaubt mir, es ist besser so, denn nicht einmal Ihr habt das Recht, Euch gegen den Willen der Fürstin aufzulehnen, denn allein sie ist die rechtmäßige Herrin dieses Landes!“
Braccas und Dwari erforschten die Umgebung noch einmal mit ihren Augen nach etwas, das ihren Gegnern möglicherweise entgangen war und das sich für sie als rettend erweisen könnte.Alles jedoch, was sie des Weiteren entdeckten, war eine Vielzahl von Bogenschützen, die sich mittlerweile aus ihren Deckungen heraus erhoben hatten und den Kamm der Mauern besetzt hielten.
Die spitzen, jederzeit abschussbereiten Pfeile, die auf ihre Körper angelegt waren, brachen die Hoffnung der beiden Freunde endgültig entzwei. Braccas raunte dem Zwerg leise zu, dass es keinen Sinn mache, sich zur Wehr zu setzen, und dass man eine spätere Gelegenheit abwarten müsse. Dann knüpfte er seinen Gürtel, an welchem seine Schwertscheide hing und in dem außerdem ein Messer steckte, auf und warf ihn vom Rücken des Pferdes hinab in den Staub. Danach stieg er hinunter und erhob leicht seine Arme zu den Seiten hin, um jedermann zu zeigen, dass er nunmehr unbewaffnet und zu einem wehrlosen, alten Mann geworden war.
„Was ist mit dem Zwerg? Ist seine Vernunft groß genug oder aber triumphiert sein Stolz, was traurig wäre, denn keinem ehrenhaften Soldaten macht es Freude, einen Wehrlosen zu töten, nur weil er seine Niederlage nicht eingestehen will?!“, sagte Rigon mit lauter und fester Stimme.
Dwari, der es seinem Gefährten schon hatte nachmachen wollen, fühlte sich von jenen Worten, die er als herablassend empfand, nun noch einmal in seiner Wut angestachelt. Er zog seine Axt gänzlich hervor und hielt sie vor sich, wie zum Beweis, dass er keineswegs geschlagen war. Wahrscheinlich hätte er sich danach ohnehin besonnen, doch Braccas warf ihm einen so auffordernden, um Beherrschung ersuchenden Blick zu, dass der Zwerg sein verärgertes Grübeln endgültig einstellte und seine gewaltige Waffe widerwillig neben sich auf die Erde fallen ließ. Anschließend musste er erneut feststellen, wie ungern er sich allein und ohne jede fremde Hilfe auf einer der Langnasen, wie er Pferde gerne nannte, befand. Es fiel ihm nämlich nach wie vor keineswegs leicht, sicher aus dem Sattel zum Boden zu gelangen und dabei zugleich einen stolzen und einigermaßen stattlichen Eindruck zu hinterlassen.
Der Versuch von Braccas Rotbart und Dwari, dem Vetter des Königs von Zwergenauen, aus der Stadt der Diebe hinaus zu gelangen
Weitere Kostenlose Bücher