Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
unmöglich von hier fortgehen kann.“
„Ich verstehe das. Und der Zauberer mag Recht haben damit, dass die Zeit der Not noch nicht vorüber ist, denn selbst ich spüre, dass die Macht dieses Schwarzen Gebieters, der nun auch noch über Aurona verfügt, weiterhin wächst und bereits neues Unheil gebärt. Ja, es wird Zeit, dass ich in mein Land zurückkehre, denn einen hohen Blutzoll hat man dort bezahlt, und alle Erwartungen der Menschen und meiner Mutter richten sich nun auf mich. Ich kann nur hoffen, dass ich diese nicht wieder so enttäuschen werde wie bei der Vernichtung Arth Milas, als ich zu spät kam und den Tod vieler Unschuldiger nicht mehr verhindern konnte.“
„Dich trifft keine Schuld an dem, was geschehen ist, und du trägst keine Verantwortung für das Schicksal Arthiliens, denn diese Aufgabe kommt allein Aldu zu, der alles Land und die Wesen, die darauf wandern, erdachte. Wohl aber sind wir verantwortlich für unsere eigenen kleinen Aufgaben und Prüfungen, denen wir mit Hingabe und bestem Gewissen begegnen sollten.“
Plötzlich hörten sie von außerhalb der Stube Geräusche. Eine quietschende Tür wurde aufgestoßen, die Schritte von Personen knarrten auf den Dielen, und eine Stimme sprach heitere Worte.
„Ah, es geht nichts über einen starken Kräutertee nach dem Essen! Ganz gleich ob es sich um Morgen-, Mittag-, Abendessen oder eine Mahlzeit dazwischen handelt! Wenn Ihr diesen hier gekostet habt, werdet Ihr nie wieder Wein oder Bier mögen, das verspreche ich Euch!“, sagte Lotan so laut und überzeugend zu seinen beiden Begleitern, dass es vom Eingangsbereich der Hütte der durch die Zimmertür drang.
Arnhelm und Merian sahen sich zunächst schmunzelnd an, dann lachten sie beide herzhaft los.
„Schon seit wir dich hierher gebracht haben und täglich hier verkehren, versucht er uns von den Vorzügen seiner Teezubereitungskünste zu überzeugen“, sagte die lemurische Prinzessin. „Aber ehrlich gesagt würde ich mich wundern, wenn sich Ulven oder Marcius, die im Gegensatzzu Braccas und Dwari ein solches Angebot aus Höflichkeit niemals ablehnen würden, Kräutertee in Zukunft auch nur noch bis auf wenige Schritte näherten.“
Dann lachten sie beide wieder und scherzten anschließend noch ein wenig über andere Dinge. Schließlich wurden dem Fürstensohn die Augen schwer und er fiel von einem Moment auf den anderen in einen neuerlichen Schlummer. Merian wusste, dass er wohl noch einige Tage der Pflege benötigen würde, um wieder gänzlich auf die Beine zu kommen. Danach würden ihn sicherlich neue Herausforderungen und Schwierigkeiten erwarten.
*
Chamod, der Haushofmeister des Torindo Isa Nuafa, hatte die beiden Besucher in den großen Thronsaal gebeten, in welchem Kheron die Abgesandten aus den verschiedenen Reichen des Kontinents vor nicht allzu langer Zeit zur Ratsversammlung empfangen hatte. Ausgelassen hatte man damals darüber diskutiert, auf welche Art man der Bedrohung durch die Orks begegnen sollte, wohingegen es nun weitaus schweigsamer zuging.
Die enorme Halle war beinahe leer und lag in einem tristen Zwielicht, denn kaum eine Beleuchtung brannte, und von außen fiel nicht viel an Helligkeit herein. Zwei einzelne Wachen standen in ihren blauen Rüstungen innen vor der großen Eingangspforte, welche aus kostbarem Bernstein gefertigt war, und rührten sich nicht. In ihrer Nähe befand sich auch Chamod, der das Gewand eines Bediensteten trug und sehr nervös und besorgt wirkte. Jeden Augenblick schien er damit zu rechnen, dass etwas Schlimmes geschah und er eilig loslaufen und Hilfe holen musste.
Auf dem größten der vier, auf einem Podest nebeneinander stehenden Marmorthrone saß eine zusammengekauerte Gestalt, die von der Krone auf ihrem Haupt erdrückt zu werden drohte. Ansonsten bedeckte ein weiter, grauer und schmuckloser Umhang den Körper Kherons, von dem somit lediglich das Gesicht zu erkennen war. Seine leichenblasse Haut hing in schweren Falten herab, seine Mundwinkel waren scharf nach unten gekrümmt, und seine Augen wirkten glasig und müde, sodass man sich als Beobachter fragen konnte, ob der König überhaupt noch bei Besinnung und ansprechbar war. Doch trotz des Grames und Trauer, die seine alten Knochen beugten, war das Leben in Kheron, dem Sohn Adumons, noch nicht erloschen.
„Erzählt mir, wie mein Sohn, für den Ihr verantwortlich wart, starb, Braccas Rotbart“, sagte er plötzlich. Seine Stimme klang wie eine Totenglocke, die in die Leere des
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