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Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)

Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)

Titel: Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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als gehorchten sie einer umgekehrten Schwerkraft oder aber umschlossen eine unsichtbare Last, die es sorgsam zu behüten galt. Besetzt waren die Äste von zahllosen, orangeroten Blättern, deren Form derjenigen von Herzen stark ähnelte, nur dass sie auf ihrer schmalen Seite keine Spitze hatten, sondern gerundet waren. Am Ansatz des Blattwerks bildete sich jeweils eine Knospe, aus der eine ovale, rotbraune Eichel erwuchs, und diese waren für die Tiere, die hier lebten, die größte Köstlichkeit. Glücklicherweise trugen die Aorlas ihre nussartigen Früchte so reichhaltig, dass genügend von ihnen für alle Bewohner des Tals vorhanden waren, und sich Vögel, Eichhörnchen und andere Lebewesen nur selten darum zu zanken brauchten.
    Ohne Mühe oder Scheu überquerte das Maultier einen nach dem anderen der Rinnsale, die vorübergehend alles darstellten, was vom Rilovël übrig war, denn keiner von ihnen war tief oder floss schnell oder hatte es geschafft, sein widerspenstiges Bett zu einem tückischen Schlamm aufzuwühlen. Nachdem der grünhäutige Reiter mehr als die Hälfte der Strecke, welche denwestlichsten vom östlichsten Punkt der Ebene trennte, hinter sich gelassen hatte, sah er eine vorerst letzte Reihe aus Rot-Buchen vor sich. Hinter diesen schloss sich ein freies, von hohem, saftigem Gras bewachsenes Gelände an, ehe sich erst in der Nähe des dahinter aufragenden Steilhangs wieder ein stärkerer Bestand von Baum und Gebüsch erhob.
    Als er in den lichten Hain hineintrat und zwischen den rotblättrigen Gewächsen hindurch schaute, erkannte er nicht weit entfernt von ihm zu seiner Linken eine recht schlicht gearbeitete Bank, die von zwei Findlingen und einer steinernen Platte, die darüber gelegt worden war, gebildet wurde. Darauf saß mit gebeugtem Rücken und hängendem Kopf eine einsame, scheinbar in sich versunkene Gestalt.
    „Man erzählte mir von einem Einsiedler, der leben soll in diesem Tal und sich an dessen Schönheit und Zauber erfreuen soll. Edringas soll er sich nennen, sofern man den Worten der einfachen Leute, die ihn angeblich trafen, Glauben schenken mag, was zeigt, dass er im ehrwürdigen Elbischen bewandert ist, was in Arthilien nicht mehr häufig anzutreffen ist heutzutage. Weiterhin sagt man, dass die rotfarbigen Pflanzen und Tiere des Uilas Rila ihn sehr mögen und ihn gerne unter sich dulden, was nicht selbstverständlich ist, denn die Bewohner dieses Ortes sind von großem Verstand und fühlen, wer ihnen als Freund willkommen und wer ihnen unlieb sein sollte“, rief Zarr Mudah aus.
    Seine Stimme klang plötzlich nicht mehr wie diejenige eines Orks, sondern vielmehr harmonisch und sanft, so als verließe ein Lied seine Lippen. Hernach trat er aus dem Schatten der Buchen heraus, schritt auf dem Rücken seines Reittieres gemächlich über die Wiese und hielt wenige Schritt vor der Bank, auf welcher der Fremde saß, an. Dann schlug er seine Kapuze zurück, und zum Vorschein kam sein volles, zu einem langen Zopf zusammengefasstes Haar, welches den Stirnreif mit dem Rubin als Zierde trug. Passend zu der Farbe, die vorherrschte an dem Ort, an welchem er sich befand, leuchtete der Edelstein in einem matten Rot. Vor Freude breit lächelnd, wartete er geduldig auf eine Regung seines Gegenübers.
    So langsam, als ob ihm jede Bewegung eine große Mühe bereiten würde, hob die Gestalt, an welche die Worte des Schamanen gerichtet waren, nunmehr sein Haupt. Nachdenklich, so als müsste sie tief in ihrem verschütteten Gedächtnis graben, musterte sie den Besucher auf dem Maultier für eine Weile. Schließlich nickte sie und wandte ihren Blick wieder nach unten.
    „Ich hätte nicht geglaubt, dich wiederzusehen“, sagte das Wesen in einem langsamen Tonfall. Obwohl die Stimme zerbrechlich klang und ebenso gebeugt wirkte wie die Körperhaltung ihres Urhebers, wohnte ihr doch etwas Anziehendes inne. Sie war warm und ein wenig melodisch wie ein liedgewordenes Flüstern.
    Die sitzende Person hatte langes Haar, das im Gegensatz zu dem Rest ihrer Erscheinung auffallend schön in seinem Glanz war. Es hatte die braune Farbe eines jungen Haselnussstrauchs und war dicht in seinem Wuchs. Dennoch war unverkennbar, dass der Haartracht die notwendige Pflege fehlte und sie noch weitaus prächtiger hätte sein können, denn an manchen Stellen war sie verfilzt und unordentlich gewellt und gekrümmt. Das Gesicht der Gestalt war länglich und so bleich wie dasjenige eines unübersehbar kranken Menschen. Dennoch

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