Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
weiteren Verlauf bald ändern, wie der Reisende von seiner Erinnerung her zu sagen wusste.
Ohne dass sein Herr eine Aufforderung zu geben brauchte, orientierte sich das Maultier, als es dem Fluss nahe genug gekommen war, an dessen Seite und verfolgte von nun an dessen Lauf. Der Rilovël kam von Norden her, wo er die Klammwasser verlassen hatte, und schlug an dieser Stelle eine Kehre nach Osten. Wenn man immerzu an seinem Ufer blieb und einige Zeit Geduld aufbrachte, würde man geradewegs dorthin geführt werden, wohin der Schamane zu gelangen beabsichtigte.
Die Stunden des Tages zogen dahin, während Zarr Mudah angetan dem gleichbleibenden Plätschern der Strömung lauschte und die vielen Einzelheiten der Umgebung studierte, die einem oberflächlichen, weniger interessierten Betrachter sicherlich verborgen geblieben wären. So erkannte er beispielsweise zahlreiche grüne und sandfarbene Eidechsen, welche zwischen den Steinen, die das Flussufer beidseitig säumten, hervor lugten und anschließend wieder in einigen der unzähligen Ritzen dazwischen verschwanden. Ferner sichtete er reichlich bunte Vögel sowie Dachse, Marder, Biber, Mäuse und andere Nagetiere, die vor dem Geräusch der Glöckchen zumeist hastig in Deckung huschten. Auch Schlangen verschiedener Größen und Statur tummelten sich in der Nähe und richteten ihre beschwörenden Augen aus einiger Entfernung auf das seltsame, vorübertrabende Paar.
Das Maultier ließ sich von den gefährlichen, teilweise giftigen Tieren jedoch nicht erschrecken, sondern setzte gemütlich seinen Weg fort. Entsprechend erhielt es von seinem Besitzer als Belohnung für die treuen Dienste in regelmäßigen Abständen etwas Wasser, das der Ork zu diesem Zweck aus einem Trinkschlauch in eine flache Schale schüttete, sowie etwas Nahrung, die aus einem eigens mitgeführten Gemisch aus Stroh, Getreide, Kartoffelbrei und Beeren bestand. Das ganze war leicht gesüßt und schien dem treuen Tier hervorragend zu schmecken, wie sein jeweils hastiges Herunterschlingen verriet.
Am späten Nachmittag verschnellerte sich der Lauf des Rilovël, auf welchen die im Westen stehenden Sonne glitzernde Formen zeichnete, allmählich. Das Rauschen wurde lauter, und schaumbedeckte Wellen tanzten in unzähligen Kringeln und Kreisen auf der Oberfläche. Das Bett, in welchem sich der Fluss bewegte, war deutlich schmäler geworden, sodass das Wasserbis dicht unter den Grat der steilen Uferböschung angestiegen war. Die Strömung, die nun über eine gehörige Kraft verfügte, hatte sich jedoch noch aus einem anderen Grund so rasant beschleunigt.
Der Schamane lächelte vor Vorfreude auf das Naturschauspiel, das ihn nunmehr erwartete. Er hielt sein Reittier zu einem schnelleren Schritt an, da er bereits sehr gespannt war zu sehen, ob alles in der Art verblieben war, wie er es in Erinnerung hatte. Er glaubte nicht, dass es viele Wesen, welche die Fähigkeit und Absicht hatten, ihre Umgebung derart zu verändern, während der vielen Jahrzehnte seiner Abwesenheit hierher verschlagen hatte, doch konnte man nie wissen.
Sein Weg führte an dieser Stelle ein Stück vom Ufer hinfort und eine sanfte Erhebung empor. Schließlich erklomm er die letzte Steigung und konnte die Klippe, welche den ersehnten Aussichtspunkt markierte, vor seinen Augen sehen. Mit einem schwerfälligen Satz sprang er von dem Maultier hinab, das über die Erleichterung dankbar zu sein schien, und schritt über den steinigen, nur von wenigen Grashalmen und einigem Gestrüpp belebten Untergrund hinweg bis an die Stelle, von welcher aus man den besten Ausblick hatte.
Es war eine warme Luft, welche jenes Gebiet des östlichen Arthiliens zu dieser Jahreszeit erfüllte, und der unbedeckte, strahlend blaue Himmel sorgte dafür, dass das Sonnengestirn die weite Landschaft mit ihren hellen Strahlen ungehindert flutete.
Unmittelbar vor den Füßen Zarr Mudas fiel ein mehrere Dutzend Schritt reichender, felsiger Steilhang in die Tiefe hinab, bis sich an dessen Fuß eine großflächige Ebene anschloss. Die Sicht, welche er über den Rand des Felsenvorsprungs genoss, wurde erfüllt von unzähligen roten Punkten, die durch den goldgelben Schleier des Tages in einem orangenen Meer verschwammen. Alles in dessen Wellen erschien leuchtend bunt und geprägt zu sein von einer gewaltigen und gleichermaßen geheimnisvollen Lebendigkeit, die in solcher Weise an keinem anderen Ort, den er kannte, vorzufinden war.
Was sich weit unterhalb von Reiter und Maultier
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