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Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Titel: Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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Husten, das über seinen Gesundheitszustand Bände sprach. Wie jedermann in seiner Umgebung wusste, hatte ihn das jüngste Schicksal mehr noch als die vielen Tage seines verrinnenden Lebens gebeugt, und Griesgrämigkeit und der anbeginnende Schwachsinn des Alters ergriffen zusehends von ihm Besitz.
    „Engat Lum existiert nicht mehr, mein König“, sagte Obron, der sich als einziger außerdem in dem Raum aufhielt, mit betont klarer und eindringlicher Stimme, sodass sie möglichst gut verstanden werden konnte. „Amfred, der Neffe Benelots, hat die wenigen Überlebenden des Überfalls durch die Ghuls in unsere Stadt geführt, während der Herrscher der zerstörten Stadt offenkundig getötet wurde und über den Verbleib von Sanae und seinen anderen nahen Verwandten nichts bekannt ist.“
    Die Aufregung und Anspannung stand dem Heeresmeister in sein von einem kahlen Schädel überdachtes Gesicht geschrieben, denn er fühlte sich unwohl dabei, den Herrscher wie ein unmündiges Kind über Sachverhalte zu belehren, die diesem längst bewusst sein sollten. Und noch viel mehr als dies bereitete ihm die Situation, derer er selbst ausgesetzt war, einiges Kopfzerbrechen und Herzklopfen. Noch immer hatten sich Kheron und Beregil, der sich zu einem immer engeren Vertrauten des Herrn des Wolkenturmes entwickelte, nicht über die Besetzung des freigewordenen Postens des Oberkommandierenden der Streitkräfte des Reiches geäußert. Und nun, da der Angriff durch die dunklen Mächte des Nordens sehr bald bevorstand, drängte die Zeit, in dieser Sache eine Entscheidung zu fällen, wie Obron fand.
    Erst am gestrigen Abend war ihm der Ork, der sich Zarr Mudah nannte und der ihn vor einigen Wochen als geheimen Verbündeten angeworben hatte, neuerlich erschienen und hatte ihn über seine weiteren Pläne in Kenntnis gesetzt. Im Gegenzug hatte er dem Schamanen alles Wissenswerte über die Verteidigungsanlagen Pír Cirvens, den Zustand der lemurischen Streitkräfte und die Vorgänge und Befindlichkeiten in der Welt der Menschen preisgegeben. Tatsache war, dass Obron die Gewissheit fühlte, dass sein Land noch vor Ende des Winters von den Feindenüberrannt und besetzt sein würde. Sein Ziel war es somit, in der unvermeidlichen Zeit danach zum neuen Herrscher Lemurias zu werden, wenn auch nur zu einem solchen, der auf Gnaden fremdartiger Kreaturen sein Amt ausüben und in Wahrheit nicht mehr als ein geduldeter Statthalter sein würde. Und eben zu jenem Zweck sah er es als außerordentlich hilfreich ein, wenn man ihn bereits vor Ausbruch des Schlachtgeschehens zum obersten Heeresführer des bald endenden Königreichs machte, denn so würde er sich ein gewisses Maß an Respekt und Akzeptanz auf Seiten des Volkes erwirken. Obendrein würde er durch eine von ihm angeordnete, frühe Kapitulation zu verhindern vermögen, dass es nach dem Schweigen der Waffen gar kein überlebendes menschliches Volk mehr gab, über welches er regieren konnte.
    „Herr, unsere Späher, die im Norden und Osten jenseits der Tôl Womin weilten, haben berichtet, dass der Feind im hohen Norden ein Heer riesigen Ausmaßes zusammenzieht. Wie es scheint, wird Utgorth alle Scheusale und Ungeheuer ausspeien, die es beherbergt, und der Schwarze Gebieter und der orkische Schamane werden an seiner Spitze reiten. Wir aber stehen allein und sind einer solchen Bedrohung nicht gewachsen, denn die Verluste, die uns die Orks beigebracht haben, wiegen noch zu schwer, und zudem fehlt es unseren Soldaten an Hoffnung und Mut. Beregil mag in diesen schweren Tagen ein guter Ratgeber sein, doch vermag er mit seiner Verletzung kein Heer mehr zu führen. Würdet Ihr aber mich zum Kommandierenden über unsere Armee ernennen, so wäre vielleicht noch nicht alles verloren, denn man kennt und achtet mich innerhalb des Volkes landauf und landab, und gerade unsere jungen Krieger sehnen sich nach erfahrener Führung, damit ihre Hoffnung von neuem entbrennen kann!“
    Der nicht sehr große Soldat mit dem haarlosen Schädel, auf dem sich der Schein der Kerzen des großen Deckenlüsters spiegelte wie die Sonne auf einem blanken Felsen oder einem glatten See, hatte sich zu einer offenen Rede entschieden. Er hoffte, die geistige Schwäche seines Gegenübers auszunutzen und ihn endlich zu seinen Gunsten zu erweichen, denn immerhin würde ein einziges Wort des Herrschers – möglichst im Beisein eines Zeugen gesprochen – genügen, um seine verschwörerische Vorhabung vielleicht entscheidend

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