Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
geeignete Wege um die beiden Schluchten herum oder sogar darüber hinweg zu finden. Die Kodos, deren Leibeskraft sie sich zu Nutze machten, hatten sie derweil wieder gebändigt, nachdem viele derselben zuvor in die Fallgruben gestürzt oder angesichts des Schicksals ihrer Artverwandten in Panik ausgebrochen waren. Einige der Fellbestien fielen dadurch auf, dass sie lange Baumstämme mit eisernen Beschlägen geschultert hatten, um diese wohl als Rammen gegen das Tor der Stadt zu gebrauchen.
Der Anblick der scheinbar nicht enden wollenden Zahl der Angreifer durchbohrte die Herzen der Menschen mit einer kalten Klinge des Entsetzens und der Verzweiflung. Auf den Befehl von Falmir, ihrem Oberkommandierenden, hin überwandten sie schließlich ihre Ergriffenheit und sandten aus den Schießscharten, die zwischen den pyramidenförmigen Zinnen angeordnet waren, einen Pfeilhagel hinaus. Salve um Salve zischten die Geschosse durch die Lüfte, zerschnitten die bleierne Düsternis mit ihren scharfen Spitzen und senkten sich zielsicher über dem Schwarm der Feinde nieder, sodass sie möglichst viele der garstigen Körper anschließend zerfetzten.
Die Ghuls erlitten daraufhin Verluste, die jede andere Armee als schmerzhaft empfunden hätte, für sie jedoch angesichts ihrer Größe kaum nennenswerte Auswirkungen besaß. An diejenige Stelle, an der einer ihrer grausamen Mitstreiter fiel, rückte sogleich ein anderer nach, und da sie weder Mitleid noch Freundschaft kannten, noch auf das Wohl eines Einzelnen auch nur denmindesten Wert legten, was wohl auf ihr gemeinschaftliches Bewusstsein zurückzuführen war, beeinträchtigte dies ihren Vormarsch in keiner Weise. Ganz im Gegenteil brachten sie nunmehr ihrerseits einige Waffen zum Einsatz, die aus der Ferne eine beträchtliche Wirkung zu erzielen wussten.
Zum einen waren die Heerscharen Utgorths ihrerseits mit Bogen ausgerüstet, in die sie Kriegspfeile einspannten, die mit nach innen gekrümmten Widerhaken am Blatt versehen waren. Da die Spitzen absichtlich nur leicht aufgesteckt waren, lösten sich die Schäfte ab, wenn ein Getroffener versuchte, den Pfeil aus der Wunde zu ziehen, sodass das teilweise zusätzlich mit Gift beträufelte Blatt tief im Fleisch des Bemitleidenswerten zurückblieb. Des Weiteren zogen abgerichtete Kodos schweres, auf Rollen laufendes Kriegsgerät – Wurfmaschinen und Katapulte – herbei. Mit deren Hilfe begannen die Angreifer aus einer sicheren Entfernung heraus, die kein menschlicher Pfeil ereilen konnte, riesige Steine gegen die Mauern der Verteidiger zu schleudern, was jeweils begleitet wurde vom schrillen Kreischen und Knirschen von Seilen, Ketten und Winden. Außerdem verwendeten sie Brandgeschosse, die zumeist aus prallgefüllten, ledernen Beuteln bestanden und zischend in Feuer und Rauch aufgingen, wenn sie über die Brüstung flogen und danach auf einem festen Untergrund zerbarsten.
Die beiden beispiellos hohen Wälle, die Pír Cirven schützend umgaben und noch dazu auf einem felsernen Hochplateau aufragten, waren hart und dauerhaft und außerordentlich dick, sodass sie schier unzerstörbar waren durch fremden Beschuss oder eine andere Einwirkung, es sei denn wohl durch ein Erdbeben, welches den Boden aufriss, auf dem sie stand und in den sie ihre Fundamente grub. Daher vermochten die Findlinge und Felsbrocken, die man gegen sie warf, nur für eine mindere Erschütterung zu sorgen, wohingegen die Geschosse, welche die mit zahlreichen Männern besetzte Brustwehr trafen oder jenseits derselben in den belebten, ebenen Gebieten der Siedlung landeten, für einen ungleich größeren Schaden und Schrecken sorgten. Es dauerte nicht lange, da loderten an vielen Orten innerhalb der lemurischen Hauptstadt Feuersäulen in die Höhe, und steinerne Trümmer und Mauersplitter segelten gefährlich in die Tiefe und kannten kein Erbarmen mit denjenigen, denen zu spät die Flucht davor gelang.
Da die menschlichen Bogenschützen auf diese Weise in Bedrängnis gerieten, wurde ihr Handwerk erschwert, und die feindlichen Bodentruppen kamen der Befestigung zusehends näher. Zunächst wurde dieser Umstand von den Verteidigern nur als zweifelhafte Bedrohung aufgefasst, denn niemand vermochte sich vorzustellen, wie das Heer Utgorths die unbeugsamen Mauern zu nehmen gedachte, zumal dessen Angehörigen keine Belagerungstürme oder hohe Leitern mitführten. Dann aber machten die Menschen eine fürchterliche Entdeckung, denn sie gewahrten, ihren Augen kaum trauend, dass
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