Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
Zweifel daran, dass noch weitaus schlimmere Dinge bald bevorstehen. Ein großer Krieg wird sich durch Arthilien wälzen, wenn der Winter kommt, und es bleibt der Laune des Feindes überlassen, ob er das Reich der Zwerge früher oder später angreifen wird. Von der Entschiedenheit und der Überzeugungskraft, mein alter Freund, mit denen du diese Erkenntnisse gegenüber Bragi vorbringst, wird es maßgeblich abhängen, ob wir den nötigen Zusammenhalt unter den freien Völkern erwirken können oder ob unsere Hoffnungen schon frühzeitig gescheitert sind.“
„Ja, ja, das sagst du die ganze Zeit. Dabei besteht meine größte Sorge zunächst darin, das Goldene Gebirge zu erreichen, ohne dass mein Rücken zerbricht. Wieso nur können diese Viecher nicht bequemer sein?“ Der Zwerg warf Blitzhuf einen missbilligenden Blick zu, doch genoss das Pferd seine verdiente Ruhe nach dem langen Tag und schien dies nicht weiter wahrzunehmen. „Aber um die Befindlichkeiten eines armen Zwerges schert sich sowieso keiner, so weit sind wir schon gekommen! Übrigens übernehme ich freiwillig die zweite Wache, wenn es recht ist, nach dem Essen werde ich nämlich in letzter Zeit immer so müde im Gesicht.“
„Was nun wieder schwer zu beurteilen ist, es sei denn, du würdest dich dazu überwinden, eine Rasierklinge an dein Gesicht zu lassen. Aber dafür gebe ich ja auch nicht gerade das beste Beispiel ab ...“, schmunzelte Braccas.
„Weshalb dich unsere Frauen auch so mögen, du alter Rotbart! Ach ja, in einer kuscheligen Höhle am prasselnden Feuer sitzend mit Zwerginnen zu später Stunde ...“ Mit diesen Worten warf sich Dwari auf die Seite und schlummerte mit seliger Miene und einigen säuselnden Geräuschen ein.
Während der nächsten Stunden kühlte es empfindlich ab. Man konnte meinen, der Winter hätte längst Einzug erhalten und die Gefährten hätten ihr Lager nicht im Süden an den Flüssen Filidël und Barno, sondern im hohen Norden an den Ufern des eisigen Kilamdël aufgeschlagen. Selbst Dwari, den Kälte für gewöhnlich nicht erschüttern konnte, kramte irgendwann die dickste Decke, die er unter ihren Sachen finden konnte, hervor und wickelte sich darin ein.
Es dauerte lange, ehe in dem schwarzen Mantel, der sich um die Welt geschlungen hatte, Sterne sichtbar wurden. Schließlich, als die Mitternachtsstunde längst überschritten war, tratsogar endlich der allmählich zu einer Sichel schrumpfende Mond dazwischen, scharf umrissen und klar und ein wenig Trost spendend in jenem einsamen Land.
Der nächste Tag begann beinahe wolkenlos. Die beiden Reiter nahmen dies gerne zur Kenntnis, während sie durch die samtige Landschaft galoppierten und die Farben der Landschaft betrachteten, die sich zusehends bunter gestalteten. Gegen Mittag sahen sie eine ganze Herde Wisentbullen grasen, und da sich die mächtigen Tiere gelassen verhielten und sich bei ihrer Tätigkeit nicht stören ließen, konnte man recht sicher sein, dass in der Nähe keine Gefahr lauerte. Mittlerweile hatten sie den kleinen Bach, an welchem sie die Nacht verbracht hatten, überquert und sich stattdessen dem großen Barno angenähert.
Dunst lagerte über den Tälern, die sie passierten, und über dem Flusslauf, dem sie die meiste Zeit über in etwa gleichbleibender Entfernung in umgekehrter Stromrichtung folgten. Dann und wann allerdings wurden sie nahe an die Schluchten herangeführt, welche der Barno in die Erde gefräst hatte. Bei diesen Gelegenheiten bewunderten sie trotz der Eile, die sie trieb, die vielen Mäander, welche sich in diesem Abschnitt des Stromes hintereinander reihten. Schäumende Wasser bäumten sich in den Flussschlingen auf und erfüllten die Luft mit einem Rauschen, das von einer ungebändigten Kraft zeugte. Darüber trieben leichte, schneeweiße Wolken vom Meer im Süden herauf und wurden vom Wind zerpflückt und nach Norden und Osten hinfortgeweht.
Die Nacht verging ereignislos, und die riesige, dunkle Wolke, die sie nach der Überquerung des Filidëls in Unbehagen versetzt hatte, zeigte sich vorerst nicht wieder. Der darauffolgende Morgen kleidete sich in ein purpurrotes Gewand, und doch schaffte er es lange Zeit nicht, die Kälte der vergangenen Stunden zu vertreiben. Dafür nahm die Farbenpracht der Umgebung, in welcher sie sich bewegten, noch weiter zu, auch wenn, durch die Jahreszeit bedingt, die leuchtenden Blüten der meisten Blumen und Büsche mittlerweile zu flaumiger Asche zerfielen. Dennoch war unverkennbar, dass dieses
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