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Die Zweierbeziehung

Die Zweierbeziehung

Titel: Die Zweierbeziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürg Willi
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hat. Der Komplementärnarzisst bedrängt ihn mit Erwartungen und Vorwürfen, aus seiner Sicht als Reaktion auf die Frustrationen durch den Narzissten. Im Grunde provoziert er diese Enttäuschungen aber aus eigener Motivation. Letztlich fürchtet nämlich auch er die symbiotische Verschmelzung. Er hat Angst, wenn der Partner sich entgegenkommender verhalten würde, könnten seine idealisierten Verschmelzungsvorstellungen so überhand nehmen, dass er die Frustration einer erneuten Enttäuschung oder Disharmonie nicht verkraften könnte. Er provoziert den Partner, die erwarteten Enttäuschungen immerfort zu bestätigen und sich damit deutlich von seinen Idealvorstellungen abzusetzen. Damit kränkt er den Narzissten und erwirkt sich von seiner Seite Ablehnung und Frustration.
    Der Beziehungsstil ist geprägt von Rachephantasien, Bedürfnis, sich gegenseitig zu verletzen und zu kränken, um damit das Einswerden zu verhindern. Von der Therapie erwarten die Partner meist eine Hilfe, um die ersehnte Idealharmonie doch noch zu finden. Neu und unerwartet ist ihnen die Erfahrung, dass sie sich näherkommen können, wenn sie sich klarer voneinander unterscheiden.
    Der Komplementärnarzisst sollte in der Therapie lernen, ein eigenes Selbst zu entfalten und dieses nicht mehr so sehr von der Bestätigung oder Entwertung seines Partners abhängig zu machen. Er sollte seine Bedürfnisse, Gefühle und Ängste als die seinigen wahrnehmen und vertreten und nicht immer nur als Reaktionen auf das Verhalten des Partners. Der Narzisst sollte ebenfalls lernen, sich nicht dauernd von den idealisierten Erwartungen des Partners überfordern zu lassen. Das Ziel wäre die Herstellung klarer, aber flexibler Grenzen des Paares gegen innen und außen nach der Devise: «Ich bin ich, du bist du, wir beide sind verschieden.»

5.4. Liebe als Einander-Umsorgen in der Helferkollusion Helferkollusion ( orale Kollusion Orale Kollusion )
    Die orale Entwicklungsphase; die orale Mutter-Kind-Kollusion; der orale Charakter; der mütterliche Pflegecharakter. Die orale Kollusion; orale Partnerwahl; Umschlag zum oralen Paarkonflikt. Zusammenfassende Aspekte der oralen Kollusion.
    Die orale Kollusion oder Helferkollusion kreist um die Thematik der Liebe als Einander-Umsorgen, Pflegen und Nähren. Die Beziehung kann wesentlich von der Vorstellung getragen sein, der eine habe als «Mutter» den anderen als hilfloses «Kind» zu betreuen, wobei die unausgesprochene Annahme die Partner verbindet, dass die Hilfsbereitschaft des einen unerschöpflich und frei von Anspruch auf Gegenleistung zu sein habe und der Hilfebedürftige von allen Ansprüchen zur Selbsthilfe verschont werden müsse. Aus dieser Grundannahme entwickelte sich die orale Kollusion.
    Diese Thematik kennzeichnet die früheste Mutter-Kind-Beziehung, also die sogenannte orale Phase, die Entwicklungsphase des ersten Lebensjahres. Da unbewältigte Schwierigkeiten in der frühesten Mutter-Kind-Beziehung den Boden für die orale Kollusion in der Ehe legen, soll zuerst die orale Phase des Kindes und dann die orale Mutter-Kind-Kollusion beschrieben werden.
    Die orale Entwicklungsphase
    Wie die psychoanalytische Entwicklungspsychologie darstellt (ich stütze mich bei der Darstellung der frühkindlichen Entwicklungsphasen vor allem auf Formulierungen von Georges ENGEL und von Eric ERIKSON ), wird die erste menschliche Beziehung des Neugeborenen vor allem durch sein Nahrungsbedürfnis gesichert. Der Säugling gibt dieses Nahrungsbedürfnis der Umgebung durch Unruhe, Strampeln und Weinen kund. Die noch primitive seelische Struktur antwortet auf ein zunehmendes Bedürfnis mit einem Verhalten, das zur Befriedigung des Bedürfnisses führen wird.
    Die Befriedigung ist aber von der Teilnahme eines Ernährers, in der Regel der Mutter, abhängig. Das Schreien des Säuglings löst bei der Mutter eine ergänzende Antwort aus, die stark von ihrer eigenen Lebenserfahrung geprägt ist. Idealerweise schließt sie ein grundlegendes mütterliches Verhalten ein mit dem Wunsch, zum Kind zu gehen, den weinenden Säugling zu beruhigen, zu nähren, zu halten und zu befriedigen. Fällt die Antwort erfolgreich aus, so verschafft sie der Mutter ein angenehmes Gefühl, eine Befriedigung und Stillung eigener Bedürfnisse. Es ist eine reziproke Beziehung zwischen Mutter und Kind, die darin besteht, dass die Mutter das Ruhigwerden des Kindes als Lust und das Kind das Genährt- und Befriedigtwerden als Lust erlebt (G.  ENGEL ).
    Etwa um die

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