Die Zweierbeziehung
gebessert hat. Er kann jetzt ganz gut sein Essen zu sich nehmen, ohne vorher Medikamente schlucken zu müssen. Ich gehe viel mit ihm an die frische Luft und versuche ihn von seiner Schwermut abzulenken. Ich habe die feste Hoffnung, dass es mit ihm zwar nicht mehr ganz gut, aber doch wieder entschieden besser wird.» Der eheliche Machtkampf war noch der letzte Versuch dieses Mannes, sich in Autonomie und eigener Kraft zu üben. Jetzt hatte er aufgegeben und unterzog sich passiv-hilflos der Pflege seiner Frau.
Im Machtkampf bekämpfen sich die Partner oft bis aufs Blut. Auffallenderweise treiben sie die Spannung zwar immer bis zum Äußersten, um dann, wenn die Beziehung wirklich zu zerbrechen droht, sich wieder miteinander zu arrangieren. Kurz danach beginnt der Kampf von neuem. So destruktiv die Tendenzen sind, wirklich kaputtmachen will man weder den Partner noch die Beziehung. Es kann aber sein, dass man den Ausweg aus einer Eskalation nicht mehr findet, was gelegentlich zur Scheidung «ohne Scheidungsabsicht» (s. S. 222f.) führt. Auch kommt es vor, dass die Partner sich wirklich zu Tode hassen. Der dauernde Stress, unter den sich die Partner setzen, kann zu vielfältigen psychosomatischen Symptombildungen führen. In einem Fall musste die Frau immer wieder für längere Zeit psychiatrisch hospitalisiert werden wegen Depressionen, funktionellem Erbrechen und reaktiver Trunksucht, während der Mann seit Jahren wegen labilem Hochdruck in internistischer Behandlung stand. Dieser Hochdruck wurde auch vom Internisten als psychosomatisch diagnostiziert. Als der Mann für einige Monate in unsere Psychotherapiestation eintrat, normalisierte sich während dieser Trennungszeit sein Blutdruck. Die Therapie vermochte aber kaum an der ehelichen Machtkampfstruktur etwas zu ändern. Mit der Heimkehr des Mannes flammte der alte Streit wieder auf, und der Blutdruck schnellte wieder hoch. Drei Jahre später starb der Mann an den Folgen seiner inzwischen fixierten Hypertonie. Der Kampf hörte aber auch mit seinem Tode nicht auf. Der Mann hatte kurz zuvor seiner Frau noch gesagt: «Du wirst nie zur Ruhe kommen, denn jedes Mal, wenn du meine Rente erhältst, wirst du denken müssen: Das ist Blutgeld, das ich erhalte, weil ich meinen Mann umgebracht habe.» Dieser Spruch lastet jetzt wie ein Fluch auf der Frau.
Die Psychotherapie des ehelichen Machtkampfes ist schwierig und manchmal aussichtslos. Oft sind die Streitszenen derart ritualisiert, dass sie gar nicht mehr erlebnismäßig mitvollzogen werden. In der Therapie geht es den Partnern nur darum, ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und vom Therapeuten Unterstützung und Bestätigung zu erhalten. Analytische Deutungen prallen in dieser Situation am Paar ab und sind meist verlorene Mühe. Hat sich der Machtkampf ritualisiert, so scheinen mir Kommunikations- und Verhaltensübungen am ehesten geeignet, den Ehekonflikt therapeutisch angehbar zu machen. Das Ritual der Kommunikationsübung wirkt dem Machtkampfritual entgegen. Es werden klare Kommunikationsregeln aufgestellt, deren Einhaltung vom Therapeuten kontrolliert wird. In dieser klar strukturierten Kommunikationsform und unter der autoritären Führung des Therapeuten gelingt eine Modifikation des Beziehungsstils oft am ehesten. Aber auch Kommunikationsübungen haben beim ehelichen Machtkampf ihre Tücken, da nicht selten gerade die Beachtung der aufgestellten Regeln benützt wird, um diese zu unterlaufen und den Kampf noch raffinierter und unfassbarer weiterzuführen. Wenn irgend möglich, sollten die Kommunikationsübungen dazu dienen, das Paar so weit zu beruhigen, dass es wieder diskussionsfähig wird und sich mit den Hintergründen seines Konfliktes zu befassen vermag. Gelegentlich hat die Paarbehandlung beim ehelichen Machtkampf Nachteile gegenüber der Einzeltherapie, da ein echtes therapeutisches Arbeitsbündnis nicht zu erlangen ist und die Partner die Therapie nur gemeinsam machen wollen, um sich gegenseitig zu kontrollieren und neues Material zu ergattern, das sie gegeneinander ins Feld führen können.
Die Eifersuchts-Untreue-Kollusion
Eifersucht und Untreue sind komplexe Probleme, die sehr verschiedenartig determiniert sein können. Es gibt aber eine bestimmte, recht häufig auftretende Form, die der anal-sadistischen Kollusion zuzuordnen ist. Es stellt sich in ihr der Konflikt zwischen Autonomiebestrebungen und Trennungsängsten in besonderer Klarheit dar. Der eine agiert Autonomie zum Beispiel in einer
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