Die zweite Fahrt zur Schatzinsel
roten Heller dafür, ob
dieser habgierige Schuft, Silver oder Argent, die Silberbarren in die Hände
kriegt. Doch ich tu’s.“ Er sah mich listig an. „Und ich wette mein bestes Paar
Pistolen, du auch.“
„Sir!“
„Du
und ich müssen achtgeben, daß die Karte nicht in die falschen Hände fällt. Und
wir müssen es tun, ohne Master Jim zu verletzen.“
Ich
nickte. „Wollt Ihr, daß ich sie wegnehme und ins Herrenhaus bringe?“
Er
sah schockiert aus. „Nein, nein, nein, Tom. Überstürze nichts. Was ich möchte,
ist, daß du wie ein Schießhund aufpaßt. Es soll sich auch für dich lohnen.“
„Sir,
Ihr bezahlt mich bereits gut genug.“
„He,
wie? Dich bezahlen? Versteh nicht, was du meinst, Junge.“ Oho, dachte ich.
Dieser monatliche Shilling, den ich von Betsy bekam, war nicht vom Squire. Aber
von wem dann? Argent? Die Welt drehte sich ein wenig schnell für mich.
„Ich
wollte nur sagen, Sir, Ihr seid die Freundlichkeit selbst. Habt mich immer gut
behandelt.“
„Ich
werde mehr für dich tun, Tom.“ Er beugte sich vor und knuffte mich in die Rippen.
„Wie findest du Betsy, he?“
Ich
muß rot geworden sein, denn er brüllte vor Lachen.
„Nun
ja. Wenn alles gutgeht, kannst du sie vielleicht zur Frau nehmen, wenn ein
solches Mädchen etwas von der Ehe hält.“
„Wenn
ich wüßte, daß sie das tut, Sir ..
„Was,
Tom? Wir werden sie nicht fragen. Wir wissen schon Bescheid, nicht wahr?“
Er
knuffte mich wieder in die Rippen und forderte mich auf, ihm noch ein Glas einzuschenken.
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18 .
Manche mögen’s heiß
Im
„Admiral Benbow“ taten wir weiter unsere Arbeit. Das heißt, ich kümmerte mich
um das Gasthaus und die Kundschaft; Mrs. Hawkins saß mit Nähzeug und Pistole
auf dem Wachposten; und Master Hawkins ging wieder an sein Bleistiftgekaue am
Tisch. Er hatte auf die Meinung anderer gehört und das Dichten von Schauspielen
aufgegeben. Jetzt war er damit beschäftigt, einen romantischen Abenteuerroman,
„Der Prinz der Karibik“, zu schreiben, der, unter uns gesagt, sein altes Stück
in Prosa umgeschrieben war. Doch den Gästen gefiel die neue Fassung besser,
denn wenigstens zwang er sie abends nicht mehr, am Lesen mit verteilten Rollen
teilzunehmen. Er arbeitete allein, und nur dann und wann bat er mich spät in
der Nacht zuzuhören, wenn er ein paar Kapitel vorlas. Auch das war mühsam.
Ein
paarmal mußte ich mir auf die Zunge beißen, um ihn nicht nach jener anderen
Geschichte zu fragen, die er in der Halle der Kaufleute erzählt hatte, oder
nach dem vergilbten Stückchen Papier aus der Bibel des Seeräubers, das ich in
der Uhrentasche meiner Hose verstaut hatte. Doch da ich das ohne sein Wissen
aufgelesen hatte, hielt ich es für besser, den Mund zu halten. Am allerliebsten
hätte ich gewußt, wo diese Karte versteckt war. Ein quietschendes Brett im
Boden unter seinem Bett erregte meinen Verdacht, aber ich hatte keine Chance,
es herauszufinden. Andere Leute waren natürlich auch an der Karte interessiert.
Betsy kam zweimal mit einer Einladung zum Essen vom Herrenhaus in die
Gastwirtschaft. Der Squire tat alles, was er konnte, um Master Jim zu
schmeicheln. Doch der entschuldigte sich. Ihm ginge es nicht gut, Mrs. H. hätte
einen Anfall gehabt (das war ein Witz, denn die alte Dame mochte vielleicht
nicht wissen, wer ihr Sohn war, aber abgesehen davon war sie gesund wie ein
Fisch im Wasser, wie sie uns bald zeigen sollte).
So
saß der Squire schäumend vor Ungeduld im Herrenhaus. Und Master Jim saß brütend
und an seinem Bleistift kauend im „Admiral Benbow“. Betsy flitzte von einem zum
andern, und der Doktor kam dann und wann für einen Schwatz herein und sah etwas
abgehärmt aus.
„Zum
Teufel mit dem Schatz“, sagte er einmal zu mir. „Er zerstört die Freundschaft,
und allein auf Freundschaft kommt es an.“ Ja und Amen, dachte ich, aber ein
bißchen Schatz würde denen, die nichts haben, nicht schaden. Zweifellos dachte Mr.
Argent das auch. Doch er ließ sich Zeit. Er hielt sich von uns fern oder schien
es zu tun. Vielleicht brauchte er auch nicht zu spionieren, da er Betsy hatte,
die für ihn ihre Nase in alles steckte.
Wie
sehr ich es auch versuchte, ich konnte nicht herausbekommen, wo diese Karte
sein könnte. Aus reiner Neugier hätte ich gern wenigstens einen Blick darauf
geworfen. Eines Tages, als Master Jim unten in der Bucht war und aufs Meer
hinausschaute, durchsuchte ich sein Schlafzimmer, einmal und ein zweites
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