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Die zweite Fahrt zur Schatzinsel

Die zweite Fahrt zur Schatzinsel

Titel: Die zweite Fahrt zur Schatzinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Leeson
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das war nicht ihre Absicht. Statt dessen drückte sie mir die Pistole in die Hand.
Aufgrund des Gewichtes wußte ich, daß es die leere war.
    „Nimm
sie, Tom, mein Junge. Lauf damit zum Squire oder Dr. Livesey. Sie sollen sie
nicht haben.“
    Ich
eilte an dem Fremden mit seiner Kopfbedeckung aus warmem Erbsbrei vorbei und
lief zur Straße und zu der kleinen Brücke hinunter, die über den nahen Bach
führte. Jenseits der Hügelkuppe konnte ich das Hufgetrappel galoppierender
Pferde hören. Als ich fortrannte, hörte der Eindringling auf zu brüllen und
stieß die Worte hervor: „Hilfe! Jim! Tom! Laßt mich nicht allein!“ Es war der
Squire. Die Stimme kannte ich selbst durch zwei Pfund Erbsbrei hindurch. Ich
kletterte gerade zur Straße zurück, um ihm entgegenzueilen, als er zum Bach
hinuntergetaumelt kam. Doch in dem Augenblick erreichte der Hufschlag den
Gipfel der Anhöhe, und vier oder fünf Reiter tauchten im Mondschein auf und
fegten in gestrecktem Galopp den Abhang hinunter.
    Der
Squire bemerkte seinen Irrtum, drehte brüllend um und rannte geradewegs auf den
Bach zu und fiel hinein. Doch in einer Sekunde war er wieder auf den Beinen,
stürzte erneut los, jetzt völlig verwirrt, und direkt unter das erste der
herankommenden Pferde.
    In
diesem Augenblick streckte der Reiter einen Fuß aus und gab ihm rasch einen
Tritt, so daß er Hals über Kopf zurück in den Bach fiel. Zur gleichen Zeit
sagte mir eine Stimme ins Ohr: „Spring auf, Tom.“
    Ich
wurde beim Gürtel gepackt, hochgezerrt und saß im Nu rittlings hinten auf dem
Pferd. Mein Sitz war alles andere als sicher, ja lebensgefährlich, und ich
klammerte mich an den Mantel meines Vordermannes, denn wir ritten in scharfem
Tempo davon. Eine halbe Meile weiter fand ich meine Stimme wieder. „Wohin
reiten wir?“
    „Halt
den Mund!“ kam die hilfreiche Antwort. Der Trupp verlangsamte sein Tempo nicht
für mehr als zwei Meilen, dann bogen alle auf einen engen Weg ab, ritten ein
paar hundert Yards über Gras und blieben vor einem großen einsamen Haus stehen.
Ich wurde unverzüglich vom Pferd hinabgezerrt, durch die Eingangstür nach
drinnen und eine breite Treppenflucht hinaufgestoßen. Dabei fuhr meine Hand
über das Treppengeländer. Es war dick mit Staub bedeckt. Oben wurde ein Tür geöffnet, und ich wurde in einen großen,
hellerleuchteten Raum geschoben.
    In
der Mitte stand ein Tisch mit einem weißen Tischtuch und zwei geschmackvollen
Silbergedecken. Wir kamen genau zur rechten Zeit an, denn die Suppe stand
dampfend auf dem Tisch, und der erste Wein war eingeschenkt. Hinter dem Tisch,
zwischen den beiden höchsten Kerzenständern stand ein großer, kräftig gebauter
Mann in blauem, weitem Mantel mit einem Dreispitz auf dem Kopf. Auf seiner
Schulter saß ein räudiger, alternder güner Papagei. Der Mann lehnte sich leicht
auf eine Krücke, die seine andere Schulter stützte. Als ich den Tisch
erreichte, hüpfte er geschickt nach vorn, nahm gewandt Platz und legte die
Krücke beiseite. „Komm an Bord, Tom“, sagte Mr. Argent.

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19 .
Wein ohne Rosinen
     
     
    „Setz
dich, Tom. Zum Wohl, Kamerad.“
    Ich
probierte den Wein, er war gut. Auch die Suppe war nicht übel. Ich hatte
Hunger. Die frische Luft hatte meinen Appetit angeregt. Mr. Argent aß nichts.
Er redete stattdessen.
    „Ich
sehe, daß du ein Junge nach meinem Herzen bist, ich wäre stolz gewesen, so
einen wie dich zum Sohn zu haben, obwohl ich, soviel ich weiß, keine Kinder
habe, was schade ist.“
    Soviel
ich wußte, hätte er mein Vater sein können, denn der
Herr ließ meine Mutter sitzen, gleich nachdem er sie im Bett gehabt hatte.
Jeder, der herumlief, konnte mein Vater sein, und damit war ich genauso schlau
wie zuvor. Ich aß meine Suppe, der Braten wurde hereingebracht, ein kleines
bißchen zu rasch vielleicht, aber Mr. Argent mochte ja wenig Zeit haben.
    „Du
und ich müssen miteinander reden, die Sache klären und nach Bristoler Art
regeln“, sagte Mr. A. Doch obwohl ich die Bri-stoler Art ein wenig
kennengelernt hatte, wußte ich nicht ganz, was ich davon halten sollte.
    „Vor
allem, Kamerad, erinnerst du mich an Jim Hawkins in der Zeit, als wir beide auf
der Hispaniola segelten.
Verflixt, warum muß man alt werden, Tom? Schau mich an.“ Er zog die Perücke
herunter. „Vollständig kahl.“
    Gerade
da kam der gute Wensleydale herein mit Mr. Argents künstlichem Bein in der
Hand. Er nickte mir kaum zu, sprach aber mit aufgeregter Stimme zu

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