Die zweite Fahrt zur Schatzinsel

Schon wieder die Prämienjäger.
    „Die
wurden also die ganze Zeit von Euch bezahlt?“
    „Nein,
Tom, mein Junge. Sie schlossen sich meiner kleinen Gruppe an, weil es sich für
sie auszahlte. Und für dich wird es sich auch auszahlen. Ich teile nach
Piratenart mit dir, Tom, nicht nach eurer verdammten Gentlemanart. Das bedeutet
dreißigtausend Pfund — je nachdem“, fuhr er hastig fort, „welchen Preis Silber
auf dem Markt erzielt. Du besorgst die Karte, ich bezahle diese Herren hier,
und wir segeln nach Westen.“
    „Das
ist kein Handel“, protestierte ich.
    „Nimm’s
an oder laß es bleiben“, krächzte Käptn Flint und streckte seine federlosen
Flügel aus. Ich schätzte die Entfernung zur Haustür aus den Augenwinkeln ein.
Könnte ich sie vor den beiden Schurken am anderen Ende des Raumes erreichen?
„Zum Wohl, Mr. Argent“ ,Isagte ich, hob mein Glas und
kippte es in sein freundliches, lächelndes Gesicht. Als er spuckte, tauchte ich
weg. Aber ich hatte Geschwindigkeit und Entfernung falsch eingeschätzt. Einen
Meter vor der Tür spürte ich die vertraute Hand auf dem Kragen. Argent wischte
sich das Gesicht ab. „Das nehm ich übel, Tom“, sagte er, und seine Stimme hatte
einen eisigen Klang. Dieser Mann durchschnitt Kehlen, um sein Ziel zu
erreichen. Ich ging zum Tisch zurück, doch die Hand blieb auf meinem Kragen.
    „Nun
Tom, laß uns nochmal beginnen. Wo ist die Karte?“
    Bevor
ich antworten konnte, ging die Haustür krachend auf. Im Eingang stand Master Jim
mit den beiden Pistolen seiner Mutter in den Händen.
    „Hierher,
Tom, mach schnell!“ Das tat ich. Ich flitzte zur Tür, während die drei
glotzten. Dann bewegte sich einer auf die Türe zu.
    „Ich
rate ab“, sagte Mr. Argent. Der Schurke blieb stehen. „Jim, mein Junge, kommt
an Bord! Das ist hübsch von Euch, uns einen Besuch abzustatten!“
    Master
Jim sagte nichts, sondern drehte die eine Pistole um. Er nahm sie beim Lauf und
warf sie auf den Tisch.
    „Die
Karte ist innen im Lauf, Silver. Sie gehört Euch, wenn Ihr Euch davonmacht und
uns in Frieden laßt. Wenn nicht...“
    „Nun,
Jim, wenn nicht...?“
    Master
Hawkins zog die zweite Pistole.
    „Dann
bekommt Ihr das, was in diesem Lauf ist.“ Er wandte sich zu mir.
    „Komm,
Tom, mein Junge, laß uns nach Hause gehen.“

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20.
Silvers Rache
     
     
    Draußen
auf dem Gras weideten zwei Pferde. Ich erkannte sie, als wir aufsaßen. Es waren
Squires Kutschpferde. Master Jim lachte. „Daniel hat noch zwei zurückgelassen,
um den Squire zum Herrenhaus zu bringen, nachdem Mutter ihn abgeschrubbt hat.
Das war das letzte Mal, daß er heimlich gekommen ist.“
    Wir
brachen ohne weitere Umstände auf und waren ein gutes Stück die Straße
hinabgeritten, als mir wieder einfiel, nach der Karte zu fragen.
    „Ich
hab’ sie gefunden, wo du sie versteckt hattest“, sagte Master Jim, „unter der
Brücke. Dann folgte ich euch, so schnell ich konnte.“
    Zwanzig
Minuten in gleichmäßigem Trab brachten uns zum „Admiral Benbow“. Wir hatten
keine Angst, verfolgt zu werden, jetzt, da Argent die Karte hatte. Meinem Herrn
war ein Stein vom Herzen gefallen, daß er sie ihm gegeben hatte, und er pfiff
während des Rittes vor sich hin. Beim Gasthaus fanden wir Ben Gunn am Eingang,
einen Bierkrug in der Hand.
    „Wünsch
dir ‘n guten Abend, Jim, mein Junge und dir, kleiner Tom. Und fragt ihr, was
macht Ben Gunn hier, sag ich, Squire wünscht, daß Master Jim und der junge Tom
rauf zum Herrenhaus kommen, so schnell’s geht. Große Dinge bahnen sich an, das
ist’s.“ Er klopfte sich mit dem Finger an die Nase.
    Wir
setzten die Pferde wieder in Bewegung und erreichten bald das Herrenhaus.
Daniel brachte die Pferde in den Stall, und Betsy führte uns geradewegs in die
Bibliothek. Alle waren da, Squire, der Doktor, Lady Alice. Und dicht beim Feuer
stand ein großer, breitschultriger Mann in Seemannskleidung, jemand, den ich
nie zuvor gesehen hatte. Aber Master Jim kannte ihn schon, denn er rief aus:
„Käptn Gray“, und gab ihm die Hand.
    Das
also war Gray. Ich erinnerte mich an Abraham Gray, den Freund des Zimmermanns,
in Master Jim’s Geschichte, den Mann, der die Partei gewechselt und geholfen
hatte, den Schatz zu gewinnen. Und jetzt war er Kapitän?
    „Schön,
Euch zu sehen, Jim. Und wer ist das?“
    „Tom
Carter. Er hilft mir im ,Admiral Benbow’.“
    „Ist
sein Gewicht in Gold wert“, sagte der Squire.
    „Was
führt Euch her, Abraham?“ fragte Jim.