Die zweite Fahrt zur Schatzinsel

„Wir hätten Euch gern vor einem Monat in
der Halle der Kaufleute begrüßt, das kann ich Euch sagen. Euer Wort hätte die
Angelegenheit sofort beendet.“
    Gray
lachte. „Nach allem, was der Doktor mir erzählt hat, glaub’ ich, daß Euer Wort
genug Gewicht gehabt hat, Jim, mein Junge. Warum ich hier bin, da fragt am
besten den Squire.“
    Das
war Mr. Trelawneys Stichwort. Er hätte den Mund nicht eine Minute länger halten
können.
    „Jim,
Tom, kommt, trinkt ein Glas Wein. Rosinen, Jim? Nicht für dich, Tom, ich weiß,
setz dich.“
    Wir
setzten uns, und Squire plapperte weiter.
    „Erst
einmal entschuldigt, Jim, daß ich Euch heute abend überraschte. Ich wollte
diskret und vertraulich zu Euch kommen, versteht Ihr. Aber diese verdammte
Karte machte uns uneins. Aber schaut, während Ihr mit Euern Dingen beschäftigt
wart, war ich’s mit meinen. Jaja, und unser guter Freund Blandly war fleißig.
Er hat mir die Gelegenheit verschafft, mehr Bargeld zu leihen. Er hat mir eine
Mannschaft besorgt, und heute hat er mir einen Kapitän geschickt, doch was
heißt hier einen Kapitän, den Kapitän.“
    „Kapitän?“
fragte Jim und tat verblüfft. „Wofür?“
    „Für
das Schiff. Kommt, Jim, Ihr könnt diesen Unsinn nicht weiter aufrechterhalten,
nicht, wenn Ihr meine nächste Nachricht hört.“
    „Und
die ist, Sir?“
    „Nun,
das Schiff, das verflixte Schiff. Blandly hat die Hispaniola wiedergefunden,
zwar auf einer Werft, aber noch seetüchtig, für den Fischfang benutzt. Sie
liegt an einer Mole unten an der Mündung der Avon. Sie kann ausgerüstet werden,
ohne daß jemand in Bristol unser Geheimnis weiß. Ha, wir werden nicht nochmal
den gleichen Fehler machen wie beim letztenmal. Eine Mann für Mann ausgesuchte
Mannschaft, mit doppelter Heuer für die Fahrt. Wir zahlen sie in Kingston aus
und segeln das Schiff selbst zur Schatzinsel rüber. Daniel und die andern
werden die Silberbarren für uns raufholen, und zur Michaelismesse sind wir
wieder zu Hause.“ Er machte eine Pause. „Wieder zu Hause, bevor Silver
überhaupt weiß, was los ist.“
    „Aber
Squire“, sagte Jim und sah aus, wie vom Blitz getroffen. „Unterbrecht mich
nicht, Jim. Es geht noch um mehr, mein Junge, um mehr. Somerscale — Ihr kennt
diesen Erfinder. Er ist soweit, mit Silver Schluß zu machen. Behandelt ihn
abscheulich. Er wird bei uns mitmachen und uns über das, was Silver vorhat, auf
dem laufenden halten, so daß wir ihm zuvorkommen
können. Alles, was er wünscht, ist ein wenig Kapital für eines seiner neuen
Projekte. Und nun, Jim, alles, was wir brauchen, ist, daß Ihr uns die Karte
bringt und uns den Weg zeigt.“
    „Mr.
Trelawney“, rief Jim verzweifelt, als ertränke er in den Worten, die aus dem
Mund des Squire blubberten. „Die Karte!“
    „Die
Karte, na und? Ihr habt sie sicher verwahrt, Tom übernahm sie heute abend von Mrs. Hawkins und hat sie versteckt. Ist ein selten
fixer Bengel, der Tom, grad die richtige Sorte Schiffsjunge, genau, wie Ihr
damals, könnt’ ich wetten.“
    Master
Jim senkte die Stimme. „Ich gab Silver die Karte.“
    „Ihr
habt was getan?“ Squire, Doktor, Lady Alice, Käptn Gray, sie sangen den einen
Satz in verschiedenen Tönen, grad wie ein Quartett in der Oper.
    „Ja“,
sagte er trotzig, „ich gab sie ihm. Wie sonst, denkt Ihr wohl, hätte ich Tom
gerettet? Tom ist ein begehrter Junge, und Silver händigte ihn eben den
Prämienjägern aus.“
    „Prämienjäger“,
sagte Lady Alice verächtlich. „Ich weiß, warum Ihr ihm die Karte gabt. Ihr
wollt ihn loswerden... und alles nur, weil er mir das Kompliment machte, mir
ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken.“
    „Aber
er ist alt genug, um Euer Vater zu sein.“
    „Er
ist ein Mann in reifen Jahren, stimmt.“
    „Er
hat ein künstliches Bein.“
    „In
anderer Beziehung ist er intakt.“
    „Er
ist ein Mörder und Pirat.“
    „Ihr
seid ein schlechter Schauspieldichter.“
    Der
letzte Schlag traf Master Jim unterhalb der Gürtellinie. Aber sie war noch
nicht fertig. „Wenn es mir gefällt, heirate ich Mr. Argent und segel mit ihm.
Warum nicht, jetzt, da er die Karte hat?“ Und mit dem Abfeuern dieser
Breitseite, die Master Jim mittschiffs traf, segelte sie hinaus und schlug die
Tür hinter sich zu. Ich fragte mich, ob es Betsy wohl gelungen war, sich mit
einem Sprung zu retten. Doch ihre Hoheit machte ein solches Getöse, daß man sie
im ganzen Haus hören konnte. Der arme Master Jim sah elend aus, wahrhaftig. Der
Squire und Käptn