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Die zweite Fahrt zur Schatzinsel

Die zweite Fahrt zur Schatzinsel

Titel: Die zweite Fahrt zur Schatzinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Leeson
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kannte.
    Es beendete sein schreckliches
Reden über Tod und Fieber, löste aber einen anderen Anfall bei ihm aus. Er fiel
auf die Knie und wühlte in seinem Beutel. Er zerrte die Bibel heraus, zog an
dem Bindfaden und hielt sie hoch, mit der beschädigten Seite nach oben.
    „O Herr, wenn ich jetzt dies
Stückchen heiligen Papiers haben könnte, würde ich dem Mann, der es in meine
Hände legte, den Schatz geben . Wäre das recht?“
befragte er den Himmel. Er hob die Arme und begann, ein angsterfülltes Gebet zu
singen und bat und flehte, bis die Wälder davon widerhallten. Ich legte beide
Hände auf die Ohren, aber er fuhr fort. „Alle Silberbarren, jede verwünschte
Unze für dies eine Stückchen Papier.“
    „Dick! Dick!“ schrie ich. „Es
ist hier! Es ist hier, Mann.“ Ich zog die Uhrentasche auf und zerrte die
vergilbte Papierscheibe heraus, und alle meine Shillinge fürs Spionieren
kullerten über den Boden. Mit nackter Gewalt entwand ich die Bibel seinem Griff
und knallte das Papier direkt unter seinen Augen an die richtige Stelle.
„Schau, Dick, sie ist heil, schau, was dort steht, Vers 12!“ Doch hol’ mich der
Teufel, wenn er überhaupt etwas sah. Ich mußte es ihm vorlesen.
    „ ,Siehe ,
ich komme bald, und mein Lohn mit mir, um jedem zu geben, was seine Werke wert
sind’.“
    Er schnappte die Bibel und
drückte sie an sich. Dann winkte er mich herbei und flüsterte mir was ins Ohr.
Dann stand er auf. „Engel des Himmels“, rief er, „jetzt kann dein Diener
eintreten.“ Er steckte die Bibel zurück in seinen Beutel und begann, wie eine
Ziege herumzuhüpfen, einen irren Tanz von Fels zu Fels, bis ich dachte, er
würde sich in eine Schlucht stürzen und den Schädel einschlagen. Ohne mich
anzublicken, stürmte er davon, nicht in das Tal in Richtung der Bucht, sondern
südlich in Richtung der grünen Eichenwälder und stieß beim Rennen „Hallelujas“
und „Gelobt seist du’s“ aus.
    Ich raste hinter ihm her, doch
so flink ich auch war, ich hatte keine Chance, mit ihm mitzuhalten. Er sprang
über Wasserläufe, setzte über Baumstümpfe, schlug Haken um Büsche wie ein Hase
und pflügte durch Bäche, so daß der Schaum aufspritzte, als er sein Glück in
den hohen Himmel heulte. Er schaute weder ein einziges Mal zurück, noch
beachtete er meine Rufe.
    Ich folgte ihm so schnell, daß
ich durch eine Wand von Büschen drang und in ein Sumpfloch unter nassen,
herabhängenden Zweigen fiel, bevor ich halten konnte. Als ich mit aller Macht
zappelte, um herauszukommen, konnte ich ihn rufen hören, seine Stimme
entschwand tiefer in den Büschen und wurde schwächer, je mehr er sich
entfernte. Als ich mich endlich freigestrampelt hatte und einen Weg um die
sumpfigen Ebenen fand, war er weder zu sehen noch zu hören. Die Wälder und
Sümpfe lagen in Schweigen, und ich war allein.
    Ich hielt es für das Beste,
mich zurück zum Schiff in der Bucht zu begeben, in der Hoffnung, daß Dick
dorthin zurückgekehrt war. Doch eine andere Ecke meines Bewußtseins sagte mir,
daß Dick nicht auf dem Weg zurück zum Schiff war, sondern den kürzesten Weg zu
dem Heim nahm, nach dem er sich sehnte und dessen Tür sich jetzt für ihn
geöffnet hatte. Sein geistesgestörtes Hirn führte seinen Körper wie ein
Irrlicht tiefer in die Sümpfe, wo er versinken würde, während er sein letztes
„Gelobt sei“ rief. Er mußte wahnsinnig sein, denn wenn ich ihn richtig
verstanden hatte, hatte er geflüstert, daß das Silber wieder „sicher“ beim
Schwarzen Felsen war.
    Ich wußte, daß Essen beim alten
Schiff war, und ich konnte warten, bis ich Anzeichen hatte, daß die Hispaniola zurückkam. Ich drehte
um und ging in meiner Spur zurück, um den Weg nach Nordosten einzuschlagen, so
dachte ich. Aber die Bäume verdeckten die Sonne, und die Sumpflöcher
behinderten mich auf dem Weg und schickten mich im Kreis herum. Es war jetzt
Mittag, und die Sonne, wenn ich sie mal sah, stand genau über meinem Kopf und
bot mir wenig Orientierung. Ihre Hitze fiel schwer durch die Blätter und ließ
faule Dämpfe von den Sumpflöchern um mich aufsteigen. Ich erkannte, daß ich
warten mußte, bis die Sonne ein wenig sank, um mir einen Begriff von Osten und
Westen zu geben. Dann könnte ich zur Küste streben und von dort meinen Weg
nordwärts zur Bucht finden. Ich ließ mich nieder, um zu warten, lehnte den
Rücken gegen den nächsten Baumstamm und zog den Kragen meines Hemdes hoch, um
die Insekten vom Gesicht fernzuhalten. Es dauerte nicht

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