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Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Titel: Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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starrte, als hätte er seine Anwesenheit vergessen.
    »Im Gegenteil«, erwiderte Leon mit einem gezwu ngenen Lächeln. »Ich frage mich nur gerade, welche Antworten man auf Fragen dieser Art überhaupt erwarten kann ... Haben Sie etwas herausgefunden?«
    »Nicht viel«, gab der Sprecher zu. »Anfangs glau bten wir, das sei nur ein Frage der Zeit, aber das war ein Irrtum – leider nicht der einzige, wie wir bald erfahren mussten.«
    »Aber es gelang Ihnen doch, das ›Schiff‹, wie Sie es nennen, unter Kontrolle zu bringen«, wandte L eon ein.
    »Durchaus.« Der Sprecher lächelte melancholisch. »Wir forderten zusätzliche Schiffe an und setzten mit mehreren Landungstrupps auf den Kreuzer über. Nach dem Eintreffen der Verstärkung begannen wir behutsam, Ordnung an Bord zu schaffen. Wir rep arierten Versorgungsleitungen und Gewächshäuser, beseitigten Trümmer und setzten Plünderer und Gewalttäter fest. Bei diesen Einsätzen nahmen wir stets die Gestalt der Bewohner des jeweiligen Abschnitts an und hielten uns auch sonst streng an die Vorgaben der Xeno-Soziologen. Selbstverständlich achteten wir die Sitten und Gebräuche der Passagiere, solange sie nicht in Gewalttätigkeiten ausarteten. Dennoch blieb unsere Anwesenheit nicht unbemerkt, obwohl wir jede unnötige Präsenz oder gar Konfrontation vermieden. Vermutlich besitzen selbst primitiv erscheinende Wesen ein ausgesprochen sensibles Gespür für die Anwesenheit von Fremden. Anfangs hielten wir es für unmöglich, dass sie unsere Tarnung durchschauten, aber schon bald ließ sich die Distanz, mit der uns die Einheimischen begegneten, nicht mehr mit natürlicher Zurückhaltung begründen. Dennoch stießen wir nirgendwo auf offenen Widerstand, was wir natürlich als Bestätigung unserer Vorgehensweise ansahen – bis wir eines Besseren belehrt wurden.«
    »Aber Ihre Dominanz vor Ort geriet doch nie in Gefahr?«, erkundigte sich Leon vorsichtig und mit leisem Groll auf den Archivar, dem offenbar wicht ige Informationen entgangen waren.
    »Natürlich nicht, schließlich waren wir ja die Älteren «, erwiderte der Besucher mit einer Spur Bitterkeit. »Unsere Schwierigkeiten waren ideeller Natur. Wir hatten keine Dankbarkeit seitens der Passagiere erwartet, wohl aber ein Mindestmaß an Rationalität oder wenigstens Pragmatismus. Deshalb hielten wir die ersten Anschläge ja auch für Unfälle.«
    »Anschläge?« Pater Marquardt hatte Leon gege nüber nichts dergleichen erwähnt.
    »Ja, banal erscheinende Ereignisse, deren Ursache uns erst später klar wurde. Gasflaschen explodierten, Rohrleitungen platzten, Metallteile standen plötzlich unter Strom und Gerüste brachen zusammen – i mmer genau dann, wenn unsere Einsatztrupps in der Nähe waren. Nur auf Grund gewisser Eigenheiten unserer Konstitution kam dabei niemand zu Schaden. Irgendwann ertappten wir den ersten Passagier auf frischer Tat, die er auch gar nicht zu leugnen versuchte, sondern uns im Gegenteil zu verstehen gab, dass er bereit sei, als Märtyrer zu sterben. Als wir ihn nach einigen unergiebigen psychologischen Tests laufen ließen, schien er sogar etwas enttäuscht zu sein.«
    »Und hörten die Anschläge danach auf?«
    »Zunächst ja, was aber auch damit zu tun haben konnte, dass wir vorsichtiger wurden, genau genommen sogar ›misstrauisch‹ – ein Begriff übrigens, für den es in unserer Sprache keine Entsprechung gibt. Dennoch machten wir bei der Sanierung der Passagierdecks Fortschritte, anders als die Techniker, die sich mit Antrieb und Steuerung des Kreuzers zu beschäftigen hatten.«
    »Ich nehme an, weil sie nichts dergleichen fa nden?« Leons Frage klang beiläufig, aber seine Haltung verriet höchste Anspannung.
    »Der Kreuzer besaß tatsächlich keinerlei Trie bwerke, was umso seltsamer erschien, da seine Relativgeschwindigkeit nicht unbeträchtlich war. Der Schub, der dazu notwendig gewesen war, musste von außen gekommen sein. Da aber weder das Alter des Schiffes noch seine Ursprungsgeschwindigkeit seriös zu ermitteln waren, blieben alle diesbezüglichen Vermutungen Spekulation.«
    Leon atmete auf und schalt sich gleichzeitig einen Narren. Hatte er wirklich daran gezweifelt, dass die Wege des Herrn unergründlich waren? Dennoch wollte er sich vergewissern: »Galt das auch für die Steuerung?«
    »Nicht ganz.« Der Sprecher bedachte Leon mit einem prüfenden Blick, bevor er weitersprach: »Hier müssten wir die Ebene des Gleichnisses verlassen, da ein antriebsloses Raumschiff per se

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