Die zweite Kreuzigung
mit ihren Vorräten umgehen. Aehrenthals Koch stellte einen großen Campingherd auf, auf dem er für alle Eier und Schinken briet. Sie aßen eine Weile schweigend, dann schaltete jemand ein Radio ein. Er drehte eine Weile am Knopf, bis er auf das libysche Radio Benghazi stieß, das auf Arabisch sendete. Dort lief eine kurze Diskussion. Mohamed erklärte ihnen, es gehe um den Zweiten Weltkrieg, um den Kampf zwischen Italienern und Deutschen.
»Jetzt bringen sie Musik von damals«, sagte Mohamed. Da plärrte es auch schon aus dem Lautsprecher. Sarah erkannte das Lied sofort. Lale Andersen sang »Lili Marlen«.
»
Vor der Kaserne
Vor dem großen Tor
Stand eine Laterne
Und steht sie noch davor …
Wie einst Lili Marlen.
«
Obwohl von Aehrenthals Männern keiner alt genug war, um die Kriegsjahre erlebt zu haben, kannten alle diesen Schlager der deutschen Truppen und pfiffen mit.
Einer der Männer, in dem Sarah einen ihrer Vergewaltiger vom Schloss erkannte, leckte sich die Lippen und stellte den Teller ab.
»Ich nehme an«, sagte er zu Aehrenthal, »Sie habennichts dagegen, wenn wir der jungen Frau eine Lehre erteilen. Nicht wieder wegzulaufen, wie sie es getan hat. Mich juckt es schon die ganze Zeit, seit wir von zu Hause fort sind, wenn Sie wissen, was ich meine. Erlauben Sie mir bitte, mit ihr hinter eine Düne zu gehen und es ihr zu besorgen. Vielleicht können wir uns ja auch alle etwas erleichtern, bevor wir zu dieser Oase fahren.«
Aehrenthal warf dem Mann, einem Sergeanten seiner persönlichen Schutztruppe, einen scharfen Blick zu. Serghei Comeaga war nicht dumm, und wenn es ihn nach einer Frau gelüstete, dann hatte er es sich bisher nicht anmerken lassen.
»Die Frau ist tabu, Serghei«, sagte Aehrenthal. »Wenn jemand sie anfasst, dann ich. Sie ist mein Eigentum. Das wirst du mir nicht nehmen. Vielleicht überlasse ich sie dir später, aber im Augenblick gehört sie mir. Sie wird mir helfen, die Inschriften zu entziffern und unsere Funde zu prüfen. Eines Tages wird sie mit Museumskuratoren sprechen und sie davon überzeugen, dass echt ist, was wir ihnen vorlegen. Wenn die genug dafür zahlen, werden wir die Mittel haben, um unser Projekt zu starten. Dann wird sie nicht mehr so wichtig sein. Dann könnt ihr sie alle haben, sie ficken bis zum Wahnsinn. Das ist mir dann egal.«
Serghei war unzufrieden. Er erinnerte sich nur zu gut an die Engländerin. Als sie ihren Widerstand aufgegeben hatte und mit geöffneten Beinen dalag, war sie köstlicher gewesen als jede Frau, die er je gehabt hatte. Er war mehrere Male bei ihr gewesen, und sie hatte ihn mit ihrem matten Stöhnen und Schreien erregt. Er wusste, dass sie ihn wollte. Und wenn sie sich krümmte, dann nicht, weil sie ihm zu entgehen versuchte, sondern weil sie kam, obwohl sie genau das Gegenteil vortäuschte.
»Jetzt hören Sie mir mal zu«, sagte er zu Aehrenthal, ohne zu bemerken, dass es unter dessen rechtem Auge leicht zuckte, dass sein Chef sehr still geworden war.
»Sie schleppen uns hierher in diese verdammte Wildnis, wo wir fast verhungern, ersaufen und uns verirren, und jetzt wollen Sie uns erzählen, dass wir nicht mal ein bisschen körperliche Erleichterung verdienen, um uns abzulenken. Vielleicht sind Sie ja erhaben über einen süßen kleinen Fick, oder Sie mögen gar diese kleine Lady. Aber Sie sind nicht Gott, nicht Jesus Christus und erst recht nicht Adolf Hitler. Ich mach das nicht mehr mit, wie Sie uns hier rumkommandieren. Die Frau gehört mir, bis ich mit ihr fertig bin, und dann könnt auch ihr anderen sie haben.«
Aehrenthal hatte seine Pistole in der Hand und entsichert, bevor Serghei es überhaupt bemerkte.
»Diese Expedition führe ich«, sagte Aehrenthal. »Und ich bin der Kommandeur der Longinus-Legion. Du bist ein ungehorsames Stück Scheiße. Auf die Knie!«
Er machte eine Geste mit der Waffe. Serghei rührte sich nicht.
»Ich habe gesagt, auf die Knie!«
Unerwartet bewies Serghei eine Sturheit, die stärker war als der Gehorsam gegenüber diesem Befehl, seiner Einheit und seinem Führer. Sein Mund war trocken und fast ohne Speichel, aber den Rest spie er vor sich in den Sand, der ihn rasch aufsog.
Aehrenthal hob die Waffe und schoss Serghei in den Unterleib. Der Mann stand einen Moment still, als müsse er herausfinden, wo er getroffen war und wie er sich fühlte. Es schmerzte sehr, aber er war nicht tot oder auf dem Wege dorthin. Dann stieg der Schmerz heftig auf, er sackte zusammen und sank in die
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